Kunst des Feldspiels
Tee und Kräcker teilten, sie das
aber eigentlich nicht nötig hatte.
»Henry hat schon genug
Darlehen.«
»Ich könnte ihm das
Geld auch einfach so geben. Oder ich gebe es dir, und du arrangierst das mit
dem Therapeuten. Henry müsste gar nicht wissen, wie viel es kostet.«
»Es würde wohl einiges
kosten.«
»Na ja«, sagte Pella.
»Es ist ein ziemlich teurer Ring.«
In Schwartz’ Brust
loderte etwas auf. Er hatte Pellas Ehemann gegooglet und das Foto auf der
Website seiner Firma gesehen: Der Architekt lehnte sich an seinem Zeichentisch
zurück, Druckbleistift in der Hand, und fixierte die Kamera mit einem forciert
toleranten Lächeln. In dem Kaschmirpullover und mit seinem penibel gepflegten
Bart sah er aus wie ein Vollidiot, aber er hatte Geld, konnte Griechisch lesen
und war zum Henker noch mal mit Pella verheiratet .
Sosehr sie ihn auch heruntermachte, er war doch Teil einer Welt legerer
Privilegiertheit, in die sie jederzeit zurückkehren konnte. »Ganz bestimmt«,
sagte er. »Bestimmt hat er ein Vermögen gekostet.«
»Willst du wissen, was
er gekostet hat?« Pella glich sich der Schärfe seines Tonfalls an, setzte sogar
noch eins drauf. »Er hat vierzehntausend Dollar gekostet. Geht’s dir jetzt
besser?«
»Mir geht’s
fantastisch«, sagte Schwartz. »Mir geht’s Brillantring.«
»Haha.«
Am Ende der Straße
dribbelte jemand mit einem Basketball. Jeder Aufprall hallte in den geriffelten
Abflussrohren wider, die die Enden der Hauseinfahrten mit der Kanalisation
verbanden. »Vergiss es«, sagte Schwartz. »Wir brauchen dein Geld nicht.«
»Ich habe es nicht dir angeboten«, sagte Pella. »Außerdem verstehe ich nicht,
warum du so dagegen bist. Wenn Henry sich am Ellbogen verletzt hätte, würde er
zum Arzt gehen, richtig? Und du würdest dich darum kümmern, dass er den besten
Arzt hat, der für Geld zu kriegen ist.«
»Wir reden hier aber
nicht über Henrys Ellbogen. Wir reden über seinen Kopf.«
»Das sollte eine Analogie sein«, sagte Pella so, als hätte er das Wort
vielleicht noch nie zuvor gehört. »Und zwar eine ziemlich vernünftige. Aber dir
geht’s nicht um Vernunft, oder?«
Verdammter Mist, dachte
Schwartz. Hätten sie bloß miteinander geschlafen, dann wäre alles gut gewesen.
Das Viagra lag gleich da im Schrank unter den Jeans, so nah und doch so fern.
»Wäre es ein Problem
für dich«, sagte Pella, »wenn Henry zum Seelenklempner gehen und ihm das helfen
würde?«
»Was soll die Frage?«
»Angst haben, dass es nicht hilft, kannst du ja wohl nicht – das wäre absurd,
weil auch nichts anderes geholfen hat. Du hast Angst, dass es hilft . Du hast Angst davor, dass er in die Auswahl kommt,
Profi wird und aus dem Schneider ist. Mehr als aus dem Schneider. Dass er der
King sein wird und dich nicht mehr braucht. Aber solange er in Westish ist,
solange er ein Wrack ist, schmeißt du den Laden.«
Schwartz starrte hinauf
zu dem schmutzig grauen Laken, das ein Luftzug knapp über seiner Nase wölbte
und tanzen ließ. »Das ist Schwachsinn.« Es war Schwachsinn,
er wusste, dass es Schwachsinn war, aber plausibler Schwachsinn, und ihn laut
ausgesprochen zu hören, nahm ihm die Luft zum Atmen.
Aber Pella war noch
nicht fertig. »Was ihr braucht, ist eine Paartherapie. Klassische
Ko-Abhängigkeit. Die Neurosen und verborgenen Sehnsüchte des einen Partners
manifestieren sich in den Symptomen des and-«
»Ach, halt die Klappe.«
»Mach ich gleich, keine
Sorge. Aber vorher muss ich dir noch was sagen.« Ihr Blick bekam etwas Weiches,
das ihn überraschte. »David kommt.«
» David David?«
»Genau der.«
Das warf ein völlig
anderes Licht auf den ganzen Abend – ihren gescheiterten Versuch, Sex zu haben,
die anschließende Diskussion. Schwartz war bereit gewesen, die Schuld auf sich
zu nehmen und Henry, die eigene Erschöpfung und das Hydrocodon als Begründungen
anzuführen. Aber Pella hatte ihr ganz eigenes Ding am Laufen. Wie sie hier
hereingetanzt war, ihn geküsst, sich auf ihn gehockt und dann gesagt hatte Ist schon gut, Baby, ist schon gut, mach dir keine Gedanken, wo es doch in Wahrheit ihr eigenes Zögern gewesen war, das er gespürt hatte,
die Warnsignale, die ihr Körper aussandte. In Wahrheit steckte ihre Angst vor
Davids Besuch dahinter. Oder, noch schlimmer, ihre Vorfreude.
»Wann?«
»Bald.«
»Wie bald?«
»Keine Ahnung … morgen
vielleicht?«
»Vielleicht«,
wiederholte Schwartz. Es war sarkastisch gemeint, doch es klang bloß ungläubig
und lächerlich. Er
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