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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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reserviert hatte. Pella hoffte,
ihr Vater werde nach seinem Eintreffen Professor Eglantine dazubitten. Nicht
allein deshalb, weil ihre Anwesenheit dafür sorgen würde, dass die Konversation
auf neutralem Terrain blieb, sondern weil Pella sie außerordentlich bewunderte und
seit ihrer ersten Oral-History-Vorlesung eine Hoffnung nährte, dass Frau
Professor und ihr Vater vielleicht zusammenkamen. In den vergangenen acht
Jahren war daraus nichts geworden – oder vielleicht doch, und es war zu Ende
gegangen –, also würde es wahrscheinlich auch nichts mehr werden, aber sie
konnte die Hoffnung nicht aufgeben. Professor E. war einfach zu beeindruckend
und zu sexy mit ihren Augen einer seltenen Vogelart und der blassgrauen
Susan-Sontag-Strähne im modisch geschnittenen Haar. Nicht im konventionellen
Sinn sexy vielleicht – sie war schlank genug, um zusammengeklappt und
weggetragen zu werden wie ein Regenschirm –, aber ihr Vater fand mitunter
durchaus Gefallen am Außergewöhnlichen. Gab es im Umkreis von achtzig
Kilometern überhaupt eine Frau, die zu ihm passte, dann war sie es.
    »Du hast also wirklich
vor hierzubleiben«, sagte David, »und den Verbindungsjungs ihren Fraß aufs
Tablett zu klatschen.«
    »So kann man es auch
sagen.«
    »Ich wüsste nicht, wie
man es sonst sagen könnte.«
    »Küchenchef Spirodocus
ist nicht irgendein Panscher«, sagte sie. »Er kann wirklich was.«
    David lächelte sein
straffes, tolerantes Lächeln. »Er ist ein Meister seiner Zunft, da bin ich
sicher. Falls er irgendwo anders eine erstklassige Küche führen wollte, könnte
er das sicher tun. Zufällig rotzt er aber einfach viel lieber irgendwelchen
Rotznasen ihre Eier hin.«
    Pella glättete und
zupfte am Saum ihres Kleides. Wo blieb ihr Vater bloß? Und wieso schmiss Mike
nicht einfach einen Ziegelstein durch das getönte Panoramafenster und warf sie
sich über die Schulter, um sie von hier fortzubringen? Wofür hatte er denn
diese ganzen Muskeln? Nur weil sie sich mal ein bisschen gestritten hatten,
schmollte er zu Hause und ließ zu, dass David versuchte, sie zurückzugewinnen?
Wie erbärmlich war das denn? Sie nahm einen großen Schluck Wein. Von Männern
gerettet werden, eine neue Mutter finden – ihre Fantasien wurden im Minutentakt
rückschrittlicher, eine bekannte Gefahr, wenn David in der Nähe war, der sie
seltsam machtlos werden ließ.
    »Aber dass du kochen
lernen willst«, sagte er gerade, »finde ich wunderbar.«
    »Wirklich?«
    »Absolut. Ich glaube,
die Ängste, unter denen du in den letzten Monaten gelitten hast, hingen mit dem
Fehlen kreativer Ausdrucksmöglichkeiten zusammen. Nein, nicht Ausdrucksmöglichkeiten
– einem fehlenden Bewusstsein für ein konkretes kreatives Ziel. Solltest du
tatsächlich mit dem Malen abgeschlossen haben, könnte das Kochen vielleicht die
Lücke in deinem Leben schließen. Und es würde gleichzeitig ein nützliches soziales
Korrektiv bedeuten. Die Spitzenköche unseres Landes sind ausnahmslos Männer. So
viele Frauen verschleißen sich in den Küchen, während es so wenigen vergönnt
ist, als Künstler wahrgenommen zu werden. Es ist beschämend.«
    So war es immer gewesen
– alles, was David sagte, war derart vielschichtig, im Urteil erschöpfend und
wich gleichzeitig auf solch subtile Weise von der Wahrheit ab, dass es
kleinkariert und sinnlos erschien, an einem bestimmten Punkt anzusetzen und
Korrekturen vorzubringen. Natürlich glaubte er, dass ihre »Ängste« vom
Nichtmalen herrührten statt davon, mit ihm verheiratet zu sein. Natürlich
glaubte er, dass ihre »Ängste« nur ein paar Monate angehalten hatten und nicht
den Großteil ihrer erstarrten Ehe. Es machte sie rasend, dass er noch immer
versuchte, sie als Künstlerin darzustellen, auch wenn sie seit Jahren keinen
Pinsel mehr angefasst hatte. Die ganze Kunstchose war nichts als ein Relikt aus
Teenagertagen. Da konnte er sie genauso gut als Schwimmerin bezeichnen, nur
weil sie an der Tellman Rose als Neuling einmal hundert Meter Schmetterling in
Rekordzeit geschwommen war. Der Wein war gut. Er ließ sich wirklich sehr gut
trinken.
    »Obwohl ich es
natürlich schade fände, wenn du das Malen wirklich aufgeben würdest«, fuhr
David fort. »Du bist erstaunlich talentiert.«
    »Niemand ist
›erstaunlich‹ irgendwas«, sagte Pella. »Wann hat dich schon mal was erstaunt?«
    »Du hast mich erstaunt,
Bella. Deine Brillanz. Das war einer der Hauptgründe, warum ich mich in dich
verliebt habe.«
    »Wir haben längst

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