Kunst des Feldspiels
hättest mit mir darüber gesprochen. Ich bin sicher, wir hätten wie
erwachsene Menschen darüber reden können. Und ich bin sicher, dass wir das
immer noch könnten.«
Pella kippte den
restlichen Wein hinunter. Sie glitt in die Gib-David-die-Schuld-Phase des
Abends hinüber. »Sicher«, sagte sie. »Ich kann mir bildhaft vorstellen, wie das
Gespräch gelaufen wäre. ›Äh, David, ich verlasse dich, weil du ein bornierter,
nervtötend eifersüchtiger Kontrollfreak bist. Du lässt mich nicht arbeiten,
nicht zur Uni gehen, noch nicht mal den Führerschein machen. Also, äh, was
meinst du dazu, Schnuckiputz?‹«
David trommelte mit den
Fingern gegen den Fuß seines Weinglases und blickte sie mit ach so vernüftiger
Irritation an. »Bella, verdreh nicht meine Worte. Ich wollte nicht, dass du den
Führerschein machst, während du bestimmte Medikamente nimmst. Das ist alles.«
»Was für Medikamente?
Ambusal? Kelvesin? In welchem Jahr lebst du denn? Jeder auf der Straße hat
irgendwas eingeworfen.«
»Aber diese Leute können
bereits fahren. Du warst damals ziemlich fragil. Und San Francisco ist für
Fahranfänger eine echte Herausforderung. Starker Verkehr, Steigung und Gefälle
in stetigem Wechsel. Ich war der Meinung, es sei zu gefährlich.«
»Wir hätten irgendwo
hingehen können, wo es ruhiger ist. Du hättest dich einfach etwas mehr auf die
Situation einlassen können. Stattdessen war es für dich ein Vorwand mehr, mich
zu isolieren. Denn wer weiß, was ich noch alles angestellt hätte, wenn ich ein Auto gehabt hätte.«
David blühte bei
solchen Diskussionen richtiggehend auf, wurde von Moment zu Moment ruhiger und
vernünftiger, während Pella in Richtung Wahnsinn driftete. Wobei ja eigentlich
er der Wahnsinnige war. »Bella, du überraschst mich. Als wir heirateten, habe
ich dir geraten, direkt mit dem College zu beginnen, erinnerst du dich? Aber du
sagtest, Liebe und Kunst reichten dir vollkommen. Also entschieden wir, dass du
nicht arbeiten würdest.«
Er verhöhnte sie, indem
er mit diesen großen kleinen Worten um sich warf – Liebe, Arbeit, Kunst. »Das
war ganz am Anfang«, sagte sie.
»Und wie schön war der.
Erinnerst du dich, als ich Marietta traf und sie zum Essen zu uns einlud? Und
wir deine beste Arbeit, die große lachsfarbene Collage, gegenüber von ihrem
Platz aufgehängt haben? Ich kam mir wie ein Meisterverbrecher vor, als sie
anbiss. Was für ein Abend.«
Marietta Cheng war
Galeristin; sie hatte Sea-Spray für viertausend
Dollar gekauft. Das war Pellas erster und einziger richtiger Verkauf gewesen.
Fast wäre sie aus Gründen, die sie nicht so recht in Worte fassen konnte, noch
davon zurückgetreten, aber David hatte sie überzeugt, dass es, auch wenn sie
das Geld nicht benötigten, wichtig für Pella war, sich als finanziell
erfolgreiche Künstlerin zu etablieren. Kurz darauf hatte ihre Depression
begonnen. Sie verschleuderte Mariettas Geld für gebrauchte Kleider und anderen
längst verlorenen Krimskrams – es wäre besser gewesen, das eine Bild, das ihr
wirklich gefiel, zu behalten.
»Zu Beginn hast du mich
noch arbeiten lassen«, sagte sie. »Aber später …«
»Später warst du krank,
Bella. Ich wollte, dass du dich wieder erholst. Das ist alles.« Er nahm ihre
Hände. »Hör zu. Wenn du die Scheidung willst, bekommst du sie. Ich werde dich
nicht davon abbringen. Aber das hier« – sein kurzer Seitenblick schloss nicht
nur die Schnecken und die alternden Gäste, sondern ebenso die Universität, die
Stadt und den gesamten Mittleren Westen ein – »passt nicht zu dir, Bella. Du
kannst im Loft wohnen. Ich werde mir eine Wohnung mieten. Du kannst in einem
Restaurant arbeiten und dich an einer Kochschule bewerben, die ganze Sache
vernünftig angehen. Und wer weiß, vielleicht lässt du mich ja eines Tages ein
Restaurant für dich entwerfen.«
Scheiße, dachte Pella.
David wollte sie gar nicht zurückgewinnen – was war sie auch für ein
Hauptgewinn –; was er wollte, war, ihr das bisschen Schwung zu nehmen, das sie
bisher gesammelt hatte. Um sich in Westish einzuschreiben, musste sie glauben,
dass sie sich in Westish einschreiben sollte , dass in
der Nähe ihres Vaters zu leben, für Küchenchef Spirodocus zu arbeiten und bei
Professor Eglantine zu studieren der richtige Weg war, sich ein Leben
aufzubauen. Sollte sie Zweifel daran haben, dass sie wirklich hierhergehörte,
würde sie wieder im Bett landen, gelähmt von diesen Zweifeln. Die Umstände
sprachen für Westish
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