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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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zusammengewohnt,
bevor du überhaupt ein Bild von mir gesehen hast. Wir haben längst
zusammengewohnt, bevor ich herausfand, dass du verheiratet warst. Ich weiß bis
heute nicht, wie du das hingekriegt hast.«
    »Ich habe meine Ehe vor
dir nicht mehr verheimlicht als du deine Malerei vor mir. Wir waren dabei,
einander zu entdecken. Wir waren jung und verliebt.«
    » Ich war jung«, sagte Pella.
    »Und ich war verliebt.
Wie auch immer, Bella, meine Meinung ist die: Wenn du Köchin werden möchtest,
hast du meine volle Unterstützung. Aber ich denke, du solltest die Sache
richtig angehen. Und ich bin mir nicht sicher, ob bei deinem Vater zu leben und
für zehn Dollar die Stunde Töpfe auszukratzen –«
    »Sieben fünfzig.«
    »Mein Gott. Wirklich?
Also sieben fünfzig. Ob das jedenfalls auch nur ansatzweise der richtige Weg
ist, um als Köchin auf einen grünen Zweig zu kommen. In der Kunst, in der
akademischen Welt, in der Küche – worum es es auch geht, der einzige Weg, zu
den Besten zu gehören, ist, sich mit den Besten zu umgeben.« David spießte,
während er das sagte, ein graues, schlappes Stück Schnecke mit seiner Gabel auf
und wedelte damit wie zum Beweis. »Ich muss dir wohl kaum sagen, dass einige
der besten und innovativsten Köche der Welt in der Bay Area ansässig sind. Die
Küchen Asiens und Europas. Meeresfrüchte, die du meines Wissens ja besonders
liebst. Ganz zu schweigen von dem besonderen Bewusstsein in Sachen
Nachhaltigkeit und ökologi-«
    »Ich soll also nach
Hause kommen. Warum sagst du es nicht einfach?«
    »Ich bin nicht der
Meinung, mich besonders vorsichtig ausgedrückt zu haben. Du lebst in einem
Kindergarten, Bella. Was willst du tun, Geschirr spülen, bis du dreißig bist?
Während dieses Land vor Problemen steht, bei deren Lösung du helfen könntest?«
    Pella hatte sich in
Davids Rechtschaffenheit verliebt, und noch immer fiel es ihr schwer, sie
vollständig zu ignorieren. Sie wollte ein guter Mensch sein, und das hieß,
etwas Gutes mit dem eigenen Leben anzufangen. Ja, in gewisser Weise war der
Speisesaal von Westish tatsächlich ethisches Brachland, beutete Einwanderer in
Billiglohnjobs aus und subventionierte Schlachthäuser, eine Knochenmühle, die
aus nichts als Routinen, mechanischen Arbeitsgängen und
Industrienahrungsmitteln bestand, die von weither angeliefert und mit hohem
Abfallaufkommen hastig zubereitet und konsumiert wurden. Aber sie fühlte sich
wohl dort. War nicht die Grundvoraussetzung, einen Ausgangspunkt zu haben? Wie
konnte man überhaupt etwas lernen, es zu etwas bringen, auf dem Weg, ein guter
Mensch zu werden, überhaupt etwas Dynamik entwickeln, wenn man sich am Anfang
des Weges nicht wenigstens ein bisschen wohlfühlte?
    Professor Eglantine
unterschrieb ihren Scheck und wand sich die lindgrüne Boa um den Kragen ihres
schwarzen Jacketts wie einen Schal. Sie griff nach ihrem großen gebundenen Buch
und ging auf ihren gut und gern zwölf Zentimeter hohen Absätzen wie auf
Zehenspitzen in Richtung Tür, was unerschütterlich anmutig wirkte, gleichzeitig
aber so aussah, als könnte das brutale Gewicht des Buches sie jeden Moment zu
Boden reißen und unter sich begraben. Pella schickte einen sehnsüchtigen Blick
in ihre Richtung, hielt sich an der unrealistischen Hoffnung fest, sie möge zu
ihnen herübergestöckelt kommen und sie in ein charmantes und warmherziges
Gespräch verwickeln, das ein für alle Mal belegen würde, dass Westish ein Ort
war, an dem man ein stil- und sinnvolles Leben führen konnte, doch die Hoffnung
war vergebens, und Professor Eglantine verschwand. So viel zum Thema Kuppelei,
dachte Pella, so viel zum Thema neue Schwiegermutter. Wo zum Henker blieb ihr
Vater?
    »Keine Ahnung, was ich
sagen soll«, sagte sie. »Ich spüle gern.«
    David strich sich mit
den Fingerspitzen über den kurzgetrimmten Bart und seufzte einen
ennuidurchwirkten Seufzer, der andeuten sollte, dass es ihm einigermaßen egal
war, was sie tat, er es aber sehr begrüßen würde, wenn sie ihn nicht zur
Verzweiflung triebe. »Weißt du, Bella, wenn du schon gehen musstest, hättest du
es auf eine etwas zivilere Weise tun können.«
    »Ich fand sie
eigentlich ziemlich zivil«, sagte Pella. »Kein Messerwetzen. Kein
Blutvergießen.«
    »Dann ist erwachsen vielleicht das Wort, nach dem ich suche. Du bist
kein Teenager mehr, Bella. Du kannst nicht jedes Mal von zu Hause weglaufen,
wenn du Angst vor der Zukunft bekommst. Was auch immer das Problem war, ich
wünschte, du

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