Kunst des Feldspiels
die Taschen seiner
glänzenden Trainingsjacke. »Am Arsch sind beide.«
»Und ich soll jetzt
also entscheiden, dass Henry morgen nicht spielt.«
»Du bist der Kapitän«,
sagte Starblind mit einer Spur Abfälligkeit in der Stimme. Schwartz ballte die
rechte Hand zur Faust, öffnete die Finger dann langsam wieder, wie jemand, der
einen Herzinfarkt abwehren will. Stellte sich dabei vor, Starblind ein paar
seiner blendend arktisch-weißen Zähne auszuschlagen.
»Schon ein Tag Pause
könnte dem Skrimmer helfen«, sagte Rick. »Er könnte sich mal entspannen, es
ruhig angehen lassen und dann am Sonntag gestärkt zurückkommen. Vielleicht wäre
es sogar eine Erleichterung für ihn.«
Starblind sah Schwartz
geradewegs in die Augen. »Vergiss nicht, was für dich hier an erster Stelle
stehen sollte, Schwartzy. Es geht nicht um Henry, und es geht nicht um seine
Profikarriere.«
Es
geht um die Mannschaft.
Es war nicht gesagt,
dass es das Beste für die Mannschaft wäre, wenn er Henry auf die Bank setzte –
wie weit würden sie ohne ihren besten Spieler überhaupt kommen? –, aber
Starblinds Worte gaben Schwartz zu denken. Es stimmte, dass er sehr auf Henry
fixiert gewesen war, auf Henrys Gefühle, Henrys Rehabilitation bei den Scouts.
Bislang hatte das der Mannschaft nicht unbedingt geschadet – Henrys Erfolg und
der des Teams waren immer Hand in Hand gegangen –, aber die Gefahr bestand, es
konnte passieren. Der jüngere Schwartz, der harte Knochen aus dem zweiten
Studienjahr, der Lev Tennant dazu gebracht hatte, ihm eine zu verpassen, nur
damit Henry in die Mannschaft kam, hätte möglicherweise entschieden, alles
daranzusetzen, ihn wieder aus der Mannschaft zu entfernen. Manchmal bedurfte es
einen Bruchs; manchmal war Hausputz angesagt. Der jüngere Schwartz hatte das
gewusst. Aber es war einfach, das zu wissen, wenn man nicht verantwortlich war.
»Ihr Jungs habt ja
einen ganzen Arsch voll Theorien.« Eigentlich wollte Schwartz das laut und
bitter sagen, aber er merkte, dass seiner Stimme das Gefühl entwich wie Luft
aus einem alten Ballon. Er seufzte, strich sich mit einer Hand über den Bart –
aber da war kein Bart mehr. Seine Hand traf auf frischrasierte Haut, die
höllisch zu brennen begann. »Ich kann’s nicht machen«, sagte er. »Wir steigen
mit dem Skrimmer auf oder gehen mit ihm unter.«
44
—
Er hätte gern mit Owen gesprochen, aber Owen war nicht da.
Manchmal hatte er den Eindruck, nur in zwei bestimmten Lebenssituationen offen
reden zu können: draußen auf dem Spielfeld und hier, im Dunkeln, mit Owen auf
der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Wenn man hier lag, ein Ohr auf dem
Kissen, war es leicht zu ergründen, wie es einem ging, und es auch laut
auszusprechen. Die Worte kamen nicht zurück, um einen zu verfolgen, sondern
landeten sanft in Owens Ohren und blieben dort. Das war das Gute daran, einen
Mitbewohner zu haben, einen wie Owen, aber Owen war nicht da.
Er griff zum Telefon und wählte Sophies Handynummer.
»Henry«, flüsterte
seine Schwester. »Warte mal eben.« Zwanzig Sekunden lang raschelte und knackte
es. »Sorry«, sagte sie. »Ich bin raus auf den Flur.«
»Wo seid ihr?«
»Dad hat
Rückenschmerzen, also ist Mom gefahren, und die wurde müde. Wir haben nach
vielleicht achtzig Kilometern schon bei einem Motel gehalten. Es ist ein
bisschen eklig, aber ich habe ein eigenes Bett. Wieso bist du noch auf?«
»Konnte nicht
schlafen.«
»Henry, großer Bruder,
mach dir keine Sorgen. Du wirst super spielen.«
»Ich weiß.« Es tat ihm
gut, mit Sophie zu sprechen – sie war an seinem Wohlergehen interessiert und
überhaupt nicht an Baseball –, aber er befürchtete stets, dass sie seinen
Eltern zu viel weitertratschte, denen er kaum etwas von seinen Schwierigkeiten
erzählt hatte. Glücklicherweise hatte er ihnen auch kaum etwas von den Scouts
und den Agenten und den riesigen Geldsummen erzählt, die sich abzeichneten,
sich im Juni abgezeichnet hatten. Für sie war er einfach Henry, ihr
College-Boy, der Aparicios Rekord eingestellt hatte und eine ziemlich gute
Saison spielte.
»Aparicio
Rodriguez«, sagte
Sophie. Es war der einzige Baseballspieler, dessen Namen sie kannte. »Freust du
dich?«
»Na klar.«
»Mach dir keine
Sorgen«, ermahnte sie ihn. »Entspann dich einfach und genieß es. Saug es auf.
Du wirst super spielen.«
»Ich weiß«, sagte
Henry. »Werde ich.«
»Und morgen Abend gehen
wir dann aus, stimmt’s? Hast du versprochen, dass wir das machen, wenn ich
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