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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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hatte sie zuerst Aufregung verspürt und dann Angst –
was, wenn er ihr im Hals stecken blieb? Aber er war klein und rutschte
problemlos hinunter.
    David sah entsetzt aus.
Er zog sein Telefon aus der Tasche.
    »Was machst du?«
    »Ich rufe einen
Krankenwagen. Das Ding wird dir die Eingeweide aufschlitzen.«
    »Ach, bleib locker.«
Pella schob, leicht schwankend, ihren Stuhl zurück und verließ den Tisch. Auf
sich selbst gestellt zu sein, war nicht so einfach. Mitunter erforderte es
außergewöhnliche Maßnahmen. Auf der Damentoilette gab es zwei Kabinen, die
beide leer waren. Mit Bulimie hatte sie nie etwas zu tun gehabt, aber das
gehörte zu den Dingen, die ein Mädchen einfach draufhatte. Der Ohrring kam in
einem Schwall aus rosa Wein und Schneckensoße heraus. Mit der linken Hand hielt
sie sich die Haare aus dem Gesicht und fischte mit der rechten die schöne blaue
Träne aus der Toilettenschüssel. Dann ging sie zum Waschbecken, um sich den
Mund auszuspülen und den Ohrring zu säubern. Neben dem Waschbecken stand ein
Weidenkörbchen mit einer Duftmischung. Im Spiegel sah sie bleich und verhärmt
aus, mindestens wie dreißig, aber der Wein war aus ihrem Magen heraus, und sie
begann sich schon besser zu fühlen. Sie würde am nächsten Tag nicht einmal
einen Kater haben.

43
    —
    Schwartz stand, noch nass vom Duschen nach dem Training,
in seiner merkwürdig sauberen Küche und spülte ein paar Hydrocodon mit ein
wenig abgestandenem Ginger Ale hinunter, als er das Gebimmel des Tors hörte,
dann Schritte auf der Veranda. Es klingelte. Pella , dachte er
sehnsüchtig, aber sie war ja irgendwo mit dem Architekten unterwegs.
Schwartz hatte sich ausgemalt, wie er ihnen auflauerte, um den Architekten ordentlich
zu erschrecken, wenn nicht sogar gleich mit einer Tracht Prügel zur Aufgabe zu
zwingen, aber Pella hatte kein Handy, und er wusste nicht, wo sie war, außerdem
brauchte er vor dem Spiel am kommenden Tag dringend etwas Schlaf.
    »Meine Herren.« Er nickte, schüttelte Starblind und dann Rick die
Hände. »Darf ich Ihnen etwas zu trinken bringen?«
    »Nein, danke«, sagte
Starblind. Rick schüttelte feierlich den Kopf, sein rosiges ambossförmiges Kinn
beschrieb einen langgezogenen, bedächtigen Bogen.
    »Stimmt etwas nicht?«,
fragte Schwartz. »O’Shea sieht aus, als wolltet ihr auf eine Beerdigung.«
    Rick starrte auf seine
Birkenstocks. Starblind stupste ein paar Mal nervös gegen die Klappe des
Briefkastens, ohne Schwartz in die Augen zu sehen. »Es gibt da etwas, worüber
wir mit dir reden wollten.«
    »Nun, hier bin ich.«
    »Okay.« Starblind holte
Luft, wappnete sich. »Wir haben heute beim Training darüber gesprochen und sind
der Meinung, dass Henry morgen auf der Bank sitzen sollte.«
    Schwartz’ wuchtiger
Körper spannte sich auf voller Länge. »Wer ist wir ?«
    »Rick und ich.
Boddington und Phlox. Jensen. Ajay. Speck.« Starblind schaute zu Rick. »Wer
noch?«
    Rick sah Starblind an,
als hätte der ihn gerade aufgefordert, einen Juden zu verraten. »Sooty Kim«,
murmelte er.
    »Richtig, Sooty war
dabei.«
    »Ihr habt euch
getroffen«, sagte Schwartz.
    Starblind zuckte mit
den Schultern. »Nicht offiziell. Nur die aus dem dritten und dem vierten. Gibt
keinen Grund, die Jüngeren da mit reinzuziehen.«
    »War der Buddha auch
da?«
    »Buddha hat sich in
letzter Zeit ein bisschen rar gemacht.«
    »Was ist mit mir? War
ich da?«
    »Nein«, räumte
Starblind ein. »Warst du nicht.«
    »Na, das war ja ein
schönes Treffen.« Schwartz’ Stimme war von einer gefährlichen Gelassenheit
durchsetzt. »Und was habt ihr Genies sonst noch so beschlossen? Habt ihr euch
selbst zu Kapitänen gewählt?«
    »Schwartzy, komm schon.
Hör doch erst mal zu.« Aus Ricks für gewöhnlich ockerrotem Gesicht war alle
Farbe gewichen. Sein linker Daumen betätigte ein imaginäres Feuerzeug, klopfte
gegen die Filterseite einer imaginären Zigarette. »Es war kein richtiges
Treffen. Wie könnten wir dazu ein Teamtreffen machen? Wie soll das gehen, alle
zusammentrommeln und dann darüber reden, was mit dem Skrimmer los ist? Während
er danebensitzt?«
    »Also habt ihr es
heimlich gemacht«, sagte Schwartz. »Hinter meinem Rücken.«
    »So war es nicht. Es
war eine spontane Diskussion, bei der ein Konsens entstand. Und direkt im
Anschluss sind wir jetzt zu dir gekommen, um dir davon zu berichten. Dir als
unserem Kapitän.«
    »Ganz groß von euch.«
    »Willst du wissen, was
ganz groß ist?«, sagte Starblind. »Das Wochenende.

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