Kunst des Feldspiels

Tribüne saß, dass seine Eltern und Sophie auch da waren und dass
Henry-Skrimshander-Tag war. Er musste einfach nur Baseball spielen, es genießen
wie eh und je, seinen Mitspielern helfen, Coshwale zu schlagen. Alles andere
würde sich finden.
    Reagieren, so wie ein
Spiegel reagiert.
    Er stand auf, klopfte
sich den feuchten Sand vom Hintern. Dann blätterte er zum vorletzten Absatz des
Buches. Wolken bedrängten den tief hängenden Mond, sodass er die Worte kaum
erkennen konnte, doch das spielte keine Rolle.
    212 .   Das Feld zu verlassen
macht mich stets traurig. Selbst das letzte Out zum Gewinn der World Series zu
machen fühlte sich, ganz tief im Innern, wie der Tod an.
    Ach, Aparicio!

45
    —
    Affenlight parkte den Audi ein paar Blocks vom Campus
entfernt in einer Seitenstraße. Owen griff über die Gangschaltung hinweg und
zupfte mit dem Daumen an Affenlights Brusttasche. Küssen konnten sie sich vor
den Bürgern von Westish nicht, die draußen Unkraut jäteten und ihre Rasen
mähten. »Ich muss los«, sagte Owen. »Bin schon spät dran.«
    »Ich werde zum Spiel da sein«, sagte Affenlight, dringend bemüht,
ein Eckchen gemeinsamer Zukunft zu zementieren.
    Owen lächelte. »Ich
auch.« Sanft schloss er die Beifahrertür hinter sich und marschierte in
Richtung der nördlichen Ecke des Campus, zu den Sportplätzen. Als er in die
Groome Street abbog, kurz bevor er außer Sichtweite geriet, vollführte er ein
paar tänzelnde Schritte, wiegte sich dabei in den Hüften – die Karikatur eines
schwulen Gangs. Affenlight sah sich um, beunruhigt, dass jemand anders es
mitbekommen haben könnte, aber selbst wenn es jemand gesehen hatte, dürfte es
ihm egal gewesen sein. Das Wiegen der Hüften war ein Witz allein für ihn,
Affenlight, gewesen – Owen wusste, er würde zuschauen. Es war weder ein Witz zu
seiner Unterhaltung noch auf seine Kosten. Eher einer, dem er nach Owens Wunsch
gerecht werden sollte. Nimm das alles nicht zu ernst, Guert. Sei nicht so
verbissen. Hetero, schwul, schwarz, weiß, jung, alt – von alldem hängt dein
Leben nicht ab. Die Stille im Auto kam Affenlight bodenlos vor. Er fuhr das
Fenster herunter, um das Gedröhne der Rasenmäher hineinzulassen, und tastete
seine Jacke nach Zigaretten ab.
    Sie waren weit aufs
Land hinausgefahren, mit dem einzigen Ziel, einen Ort zu finden, an dem sie
niemand kannte, und waren so schließlich in dem grünlich beleuchteten Keller
einer Fischbräterei mit Nichtraucherbereich gelandet. Sie schenkten dort Helles
in kleinen Gläsern aus, 0,25 oder 0,3 Liter vielleicht, und jedes Mal, wenn Affenlight hinabschaute, war
sein Glas leer, und schaute er wieder auf, hatte die hustende blauhaarige
Bedienung es bereits wieder aufgefüllt. Sie bestellten zwei Mal Bratfisch – Um nicht unhöflich zu erscheinen, sagte Affenlight, und
Owen hob die Augenbrauen und sagte Nicht schwul, meinst du, und Affenlight blitzte ihn tadelnd an, bevor seine Augen zu den Tischen rechts
und links von ihnen hinüberzuckten, und Owen sagte Ruhig,
Brauner . Owen aß ihre beiden Eisbergsalate mit blassrosa Tomatenspalten
und Gurkenscheiben. Affenlight aß seinen Dorsch in Bierteig und den von Owen,
um nicht unhöflich und nicht schwul zu erscheinen, und dann brachte die
Bedienung noch mehr, weil es All-you-can-eat war, und Affenlight aß auch das,
zur Hölle mit dem Cholesterin. Als ihm wieder einfiel, dass er eigentlich mit
Pella und David beim Abendessen sitzen sollte, war er bereits halb betrunken.
Gott im Himmel, was für ein schrecklicher Vater er war. Am Telefon hatte sie
überraschenderweise überhaupt nicht böse geklungen. Affenlight hatte es ihr
abgenommen, aber er hatte auch keine Wahl. Er war vierzig Minuten entfernt,
hatte eine Zigarette im Mund, einige Biere im Blut und seine Schuhspitzen unter
dem Tisch an Owens gedrückt. Eigentlich hätte er zurückhetzen müssen, um
wenigstens rechtzeitig zum Nachtisch da zu sein, egal was sie gesagt hatte. Das
Motel, das er und Owen fanden, gut sechzig Kilometer in westlicher Richtung von
Westish entfernt, hieß Troupe’s Inn.
    Jetzt beschloss er, den
Audi stehen zu lassen und seinen Seespaziergang zu machen, den er am Morgen
ausgelassen hatte. Der Druck hinter seinen Schläfen rührte von einem
ausgewachsenen Kater her. Wie viel Bier hatte er getrunken? Wie nervös war er
gewesen, die Nacht mit Owen zu verbringen, ein Bett zu teilen, miteinander zu
schlafen? Offenbar ziemlich nervös. Zweiundvierzig Jahre waren vergangen, seit
er seine