Kunst des Feldspiels
ist.«
»Es ist kein
›Verhältnis‹. Ich habe Schmerzen. Schmerzen, gegen die ich gern ein Mittel
hätte.«
Dr. Kellner legte
den Kopf noch schiefer. »Ich glaube dir, dass du Schmerzen hast, Mike. Glaub
mir, dass ich dir glaube. Ich habe aufgehört, Marathon zu laufen, weil eines
meiner Knie halb so schlimm aussah wie deine beiden, und du bist nur halb so
alt. Nach der Rechnung müsstest du längst am Ende sein. Wenn ich jetzt einen
Kernspin mit dir machen und mir die Ergebnisse ansehen würde, dürfte ich dich
nie wieder spielen lassen – das weißt du so gut wie ich. Aber ein Mensch kann
durchaus erhebliche Schmerzen haben und trotzdem ein gewisses Verhältnis zu
Schmerzmitteln entwickeln. Wir sprechen hier von suchterzeugenden
Medikamenten.«
»Die Pillen an sich
sind mir egal. Ich will nur nicht, dass die Schmerzen mich beim Spielen
behindern.«
»Dann gebe ich dir noch
eine Spritze. Cortison mit Lidocain.«
»Das reicht nicht.
Letztes Mal hat es einen Dreck gebracht.«
Dr. Kellner lehnte
sich mit verschränkten Armen in seinem Stuhl zurück und sah Schwartz
nachdenklich an. »Wann hast du zuletzt Schmerzmittel genommen?«
Schwartz zählte die
Tage zurück. Heute war Mittwoch, die letzte verbleibende Pille hatte er am
Samstag genommen, dem Tag, als Henry vom Platz gegangen war. Diese Saison war,
was die Schmerzen betraf, hart an der Grenze gewesen, viel schlimmer als die
Jahre zuvor, sogar schlimmer als die Football-Saison. Bis vor kurzem hatte er
seine Schmerzmittel sowohl von Dr. Kellner als auch von Michelle bekommen,
einer Schwester am St.-Anne’s-Krankenhaus, mit der er seit dem zweiten Jahr
immer mal wieder ausgegangen war. Aber Schwartz hatte aufgehört, Michelles SMS zu
beantworten, als er Pella kennengelernt hatte, und jetzt antwortete Michelle –
natürlich – nicht mehr auf seine. Dumm, dumm, dumm.
»Hast du Schlafschwierigkeiten?«
»Nur ein bisschen«, log
Schwartz. »Wegen dem Rücken.«
»Schüttelfrost oder
starkes Schwitzen?«
»Ich schwitze immer
stark.« Gut, dass er die Windjacke angelassen hatte. Kellner konnte nicht
sehen, dass sein T-Shirt schweißgetränkt war.
»Angstzustände oder
Reizbarkeit?«
»Reizbar? Ich?«,
witzelte Schwartz.
Dr. Kellner lachte
nicht. »Trinkst du Alkohol, wenn du die Tabletten nimmst? Ein paar Bierchen
hier und da?«
Schwartz überging die
Frage. »Es geht nicht um Abhängigkeit«, sagte er. »Es geht um eine klar
definierte kurzzeitige Situation. Ich muss nur irgendwie bis Sonntag
durchstehen. Damit meine Mannschaft eine Chance hat zu gewinnen.«
Julie steckte ihren
blonden Kopf durch die Tür. »Doktor K., Ihr Zwei-Uhr-Termin ist da.«
Eines ihrer Augen hatte
einen schläfrigen Tic, aber ansonsten war sie ganz süß. Dadurch, dass sie hier
arbeitete, konnte sie ohne Zweifel über einen nicht versiegenden Strom von
Medikamenten verfügen. Schwartz hätte schon vor langer Zeit das Fundament legen
sollen, jetzt war es zu spät. Auch am College hatte er sich umgehört, wobei er
die Mannschaftskameraden ausgelassen hatte, damit sie keine falschen Schlüsse
zogen. Aber alles, was es gab, war Ritalin und Koks, Koks und Ritalin.
Dr. Kellner
schickte Julie mit einer Handbewegung weg. Schwartz fuhr fort: »Bei gemäßigtem
Gebrauch sind das doch keine gefährlichen Medikamente, oder? Viele Menschen
werden regulär damit behandelt. Menschen, die viel weniger Schmerzen haben als
ich. Ich meine, man kann doch in jede Zahnarztpraxis in der Stadt reinspazieren
und sich die Backe halten und bekommt sofo-«
Dr. Kellner
schüttelte den Kopf. »Kein Wort mehr, Mike, sonst werde ich jeden Arzt,
Zahnarzt und Apotheker im Umkreis von hundert Kilometern anrufen und ihnen
sagen, dass sie sich vor dir in Acht nehmen sollen. Gemäßigt bedeutet kleine, nicht suchterzeugende Mengen. Das ist nicht dein Stil. Du hast
ein Problem mit diesen Narkotika. Punkt. Du machst gerade einen Entzug durch,
und je eher du es hinter dich bringst, desto besser. Ich sollte dich nach
St. Anne schicken, um mit einem Suchtberater zu reden, aber ich weiß, dass
du sowieso nicht gehen würdest, und ich habe keine Zeit, Babysitter zu spielen.
Wenn du Cortison willst, kann ich dir welches geben. Wenn du mir sagen willst,
was in deinem Leben los ist, das ein bisschen Vergessen so attraktiv macht –
ich bin ganz Ohr. Anderenfalls sehen wir uns nächsten Monat.«
Ärzte waren die
selbstgerechtesten Menschen der Welt, dachte Schwartz. Selbst gesund und
wohlhabend, waren sie von
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