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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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Geist wirken, dort einen spartanischen Außenposten
zu haben, einen Ort, an dem man nur sitzen und schreiben konnte, ohne Komfort,
ohne Ablenkung. Vielleicht – er konnte kaum glauben, dass er das laut sagte –
würde es ihn sogar dazu animieren, den Roman wiederzubeleben, den er vor so
langer Zeit begonnen hatte – Nacht der großen wenigen Sterne – und dessen 153 Seiten noch immer in irgendeiner
Schublade lagen. Oder, besser noch, etwas Neues zu beginnen; es hatte keinen
Sinn, den Träumen einer so weit entfernten Vergangenheit hinterherzujagen. Aber
die Hütte zu haben, sich warm anzuziehen, ein kleines Öfchen anzufachen und auf
den See zu blicken und zu schreiben, das wäre gut. Und wenn Gäste, die
Schreibprojekte verfolgten – an dieser Stelle sah er zu Owen hinüber –, sie
auch nutzen würden, nun, umso besser.
    »Klingt, als wolltest
du es kaufen.«
    Affenlight zögerte.
»Stimmt.« Sein Blick zuckte ängstlich zu Owen hinüber. Ihm war, als schlüge er
vor, dass sie sich trennten, doch Owen wirkte völlig unbekümmert, und in Wahrheit
wusste Affenlight, dass er ebenso sehr in der Lage war, mit Owen Schluss zu
machen, wie sich mit seinem Brieföffner ein Bein abzusägen: Um Pellas Leben zu
retten, hätte er es getan, um sein eigenes zu retten, vermutlich nicht.
    »Ich finde, das ist eine
großartige Idee.«
    »Wirklich?«
    »Sicher. Diese Wohnung
ist, wie meine Mutter so treffend bemerkt hat, etwas trostlos. Ich glaube, es
würde dir gut tun, etwas mehr Bewegunsfreiheit zu haben. Räume, die heller sind
und wirklich dir gehören. Und Pella würde es auch gefallen. Besonders, wenn du
ihr das Einrichten überließest.«
    »Was ist mit uns?«,
fragte Affenlight mit Betonung auf uns .
    »Was ist mit uns?«,
fragte Owen mit Betonung auf ist .
    »Ich meine … Du wirst
weggehen.«
    »Das heißt nicht, dass
du kein Haus kaufen solltest. Es sei denn, du möchtest, dass ich es dir
ausrede. Ist es das, was du von mir willst?«
    »Ja, bitte.« Affenlight
lag auf der Seite, mit der Hüfte auf Owens Schenkel, eine Wange an seiner
Schulter. Es war eine durch und durch feminine Pose, zumindest war es das in
den vierzig Jahren, in denen er sich mit anderen das Bett geteilt hatte, immer
gewesen – der Mann auf dem Rücken, die Hände hinter dem Kopf, die Frau an ihn
geschmiegt –, und dennoch nahm er sie wie selbstverständlich ein. Mit seiner freien
Hand streichelte er Owens Bauch, der sich ebenfalls nahezu feminin anfühlte,
nicht muskulös war, sondern von der starken, unverwundbaren Weichheit der
Jugend. Seine Sinne blieben im Alarmzustand, aber für den Moment war der Hof in
Stille getaucht. Um in Bars zu gehen, war es für die Studenten jetzt zu spät
und gleichzeitig zu früh, um schon nach Hause zu kommen.
    Owen schlug seinen
dozierenden Ton an. »Das ist einfach, Guert. Was du so ungeniert als Haus
bezeichnest, sollte man besser eine ökologische Katastrophe nennen. Wie viele
Fässer Öl braucht es, um ein großes altes Gebäude wie dieses einen kalten
Winter über zu heizen, gesetzt den Fall, es gäbe überhaupt noch kalte Winter?
Nur um zwei menschliche Körper warmzuhalten?«
    Affenlight konnte nicht
umhin, sich zu fragen, welche zwei Körper er wohl meinte. Zwei Affenlights?
Einen Affenlight und einen Dunne? »›Man sagte mir, dass steife Menschen unter
hohen Decken und in geräumigen Sälen etwas von ihrem Unbehagen verlieren‹«,
zitierte er Emersons Lebensführung, Lebensgestaltung .
    »Ich würde dich
eigentlich nicht als steif bezeichnen.« Owen ließ eine Hand zwischen
Affenlights Beine gleiten und spielte sanft mit ihm. »Jedenfalls nicht im
Moment.«
    »Wir haben doch gerade
erst«, protestierte Affenlight, der nicht einmal scherzhaft mit dieser
speziellen Alterserscheinung in einem Atemzug genannt werden wollte, aber
tatsächlich schwoll er unter Owens Berührungen bereits wieder an.
    »Thoreaus Tagebücher«,
sagte Owen. »›Wenn es einen Philosophen nach hohen Decken verlangt, geht er
nach draußen.‹ Er kauft kein überdimensioniertes Haus, das ungeheure Mengen
abnehmender Ressourcen verschlingt, um im Winter warm zu bleiben. Und im Sommer
kühl – lass uns gar nicht erst von Klimaanlagen anfangen. Warum kaufst du nicht
gleich eine dieser Fertigvillen am Freeway und lässt dahinter einen
Helikopterlandeplatz einrichten? Meinst du, du bekommst einen Freifahrtschein,
nur weil das Haus alt und hübsch ist? So funktioniert das nicht, Guert.
Verschwendung ist Verschwendung, Zersiedlung

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