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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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gescheitert, und er würde es weiterhin versuchen
und dabei scheitern, oder er würde das Versuchen gleich lassen und nur noch
scheitern. Er besaß keinerlei Kunstfertigkeit. Er wusste, wie man Menschen
motivierte, Menschen manipulierte, sie für seine Zwecke einsetzte – das war
seine einzige Fähigkeit. Er war wie ein nahezu unbekannter, niederer
griechischer Gott, der seinen Soldaten durch die glänzenden Rüstungen hindurch
in die belanglose Komplexität ihrer Seelen schaut. Und am Ende nicht die Macht
besitzt, seine Vision auch nur annähernd zu verwirklichen. Die erhabeneren Götter
schreiten ein und lassen Willkür walten.
    Bei der Arbeit mit
Henry war er seinem Ideal am nächsten gekommen, denn Henry wusste nur eins,
wollte nur eins, und seine Unbeirrbarkeit machte ihn – machte sie beide – rein.
Doch Henry hatte versucht, sich selbst zu besiegen, hatte sich selbst in die
Gleichung eingebracht, hatte angefangen, sich über Perfektion Gedanken zu
machen, statt einfach nur der beste Shortstop aller Zeiten zu werden, und jetzt
war er keinen Deut besser als Schwartz. Er war genau wie Schwartz, ein
kaputterTyp mit einem kaputten Leben.
    »Schwartzy«, rief Rick.
»Komm zum Piep da raus, ver piep te Piep noch mal!«
    Henry, dachte Schwartz und richtete sich vom
Waschbecken auf, über das er sich gebeugt hatte, um durch eine Patina aus
getrockneter Zahncreme und Speichelflecken in sein eingefallenes, aber
glattrasiertes Gesicht zu starren. Henry ist da. Er
kehrte zurück in den Umkleideraum, den Hals der leeren Champagnerflasche immer
noch im festen Würgegriff. Die Harpooners hatten sich in der Mitte des Raumes
zusammengedrängt, halbnackt und champagnertriefend, und einander die Arme um
die Schultern gelegt. Rick und Owen traten zur Seite, um eine Öffnung für
Schwartz zu bilden, und der Kreis vergrößerte sich, um Platz für seinen
Körperumfang zu machen. Henry war nicht da. Alle Übrigen drückten die Schläfen
aneinander, schwankten vor und zurück wie Schüler bei der Abschiedsfeier von
der Junior High und sangen aus voller Kehle die Westish-Hymne.

67
    —
    Spätnachts, nachdem die Mannschaft aus Chute zurückgekehrt
war, kam Owen vorbei. Während sie miteinander schliefen und auch danach noch,
als sie zusammen im Dunkel lagen, horchte Affenlight mit einem Ohr nach Pella.
Es war unwahrscheinlich, dass sie unangekündigt vorbeikam, nachdem sie so
nachdrücklich erklärt hatte, ein paar Wochen für sich zu brauchen, und jetzt,
nach Mitternacht, wurde es mit jeder Minute unwahrscheinlicher. Selbst wenn sie
käme, würde sie nicht einfach in sein abgedunkeltes Schlafzimmer platzen. Und
dennoch. Jede Stimme, die vom Kleinen Hof heraufwehte, bemächtigte sich seiner
Sinne. Jedes gewöhnliche nächtliche Geräusch der Wohnung – das frostige Knacken
hinten im Kühlschrank, das chiropraktische Knarren von Wänden und Böden, das
Kratzen der Maus, die Affenlight nie zu Gesicht bekommen hatte, von der er aber
wusste, dass sie existierte – ließ seinen Atem eine Sekunde lang stocken. Sein
Atem stockte oft; es waren viele Geräusche.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte Owen. »Du wirkst angespannt.«
    »Es geht mir gut.« Mehr
als alles andere fühlte er sich schuldig. Er fühlte sich Pella gegenüber
schuldig, weil Owen hier war, und schuldig Owen gegenüber, weil er selbst so
abwesend, seine Aufmerksamkeit wie Pollen über den Hof verstreut war.
    »Erzähl mir von dem
Haus.«
    Jetzt, wo er nicht mehr in dem Haus war, knietief in den Besitztümern der
Bremens versunken, abgelenkt durch Sandys überragende Verkaufskünste, gefangen
in den verwirrenden, überbordenden Details ihres Lebens, hatte der Ort in
Affenlights Kopf nach und nach Formen angenommen. Er begann Owen davon zu
erzählen, zuerst zögerlich, doch als er einmal in Schwung gekommen war, fiel
ihm immer mehr ein, und er beschrieb ihm, wie die Räume geschnitten waren, die
Größe der Fenster und den Duft von Sägespänen, den der alte, gewölbte
Zedernholzboden der Küche verströmte. Bald riss er mit Worten Teppiche heraus,
strich Räume neu, verwandelte das Arbeitszimmer der Bremens in eine richtige
Bibliothek mit maßgefertigten Bücherregalen. Der Garten auf der Rückseite war
sogar groß genug, um am hinteren Grundstücksrand eine kleine Schreibhütte mit
Blick auf den See zu errichten. In Anbetracht der ohnehin schon nicht geringen
Größe des Hauses war das vielleicht verschwenderisch, aber es könnte auch Spaß
machen und reinigend auf den

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