Kunstblut (German Edition)
einen Stapel Fünfhunderter, von denen sie mir zehn auf den Tisch zählte. »Reicht das?«
Ich nickte. »Trauen Sie der Polizei nicht zu, den Mörder zu finden?«
»Ich traue der Polizei überhaupt nicht«, antwortete sie. Ihr Blick machte deutlich, dass sie dafür sehr persönliche Gründe hatte, die sie mir nicht mitzuteilen gedachte.
»Nun gut«, sagte ich. »Und warum ausgerechnet ich? Weil ich Ihrem Bruder schon mal geholfen habe?«
»Nein.« Sie drückte die Zigarette aus. »Weil man mir gesagt hat, Sie seien der Beste in der Stadt.«
»Da hat man Ihnen durchaus die Wahrheit gesagt. Haben Sie einen bestimmten Verdacht?«
»Nein. Keinen.«
»Dann brauche ich zunächst mal Informationen.«
»Welcher Art?«
»Alles, was ich kriegen kann.«
»Gut.« Sie zündete sich eine neue Zigarette an, lehnte sich zurück und begann zu erzählen. Dabei sah sie aus wie eine einer gotischen Glasmalerei entstiegene Heilige – was ihre Glaubwürdigkeit in meinen Augen nicht stärkte.
Nach der Schilderung seiner Witwe musste Yves Schwarzenberger eine Art Robin Hood auf Düsseldorfer Niveau gewesen sein. Er verdiente an den Stinkreichen und gab es den einfachen Millionären in Form von Kultursponsoring aller Art.
»Kunst war sein Lebensinhalt. Er liebte es, Ausstellungen zu besuchen, die er ermöglicht hatte. Dabei blieb er immer im Hintergrund. Manchmal hatten die Ausstellungsmacher keine Ahnung, von wem das Geld stammte, das sie bekamen. Er war so bescheiden.«
Bescheidenheit schien mir für einen Düsseldorfer Broker und Kultursponsor keine wirklich positiv zu bewertende Eigenschaft, aber er schien erfolgreich gewesen zu sein.
»Und seine Geschäfte waren ausschließlich legal?«, fragte ich, als sie mit der Schilderung von Schwarzenbergers Heiligenleben fertig war.
Sie sah mich an, als hätte ich sie geschlagen. »Das müssen Sie wohl fragen, Herr Detektiv«, sagte sie.
»Ja, wenn meine Arbeit irgendeinen Sinn haben soll.«
»Sie sollen Yves’ Mörder finden, nicht seinen Ruf ruinieren.«
»Was immer Sie mir erzählen, bleibt absolut vertraulich, Frau Schwarzenberger. Wenn Sie mir Informationen vorenthalten, behindert das meine Arbeit. Das macht die Sache nur teurer.«
»Geld spielt keine Rolle.«
»Das freut mich für Sie.«
»Ich weiß nichts über Yves’ Geschäfte«, sagte sie mit gesenktem Blick. »Er handelte mit Aktien und mit Kunst. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«
»War er denn Galerist?«
»Nein. Eher eine Art Makler. Er erledigte alle seine Geschäfte vom Büro aus.«
»Und er hatte nur eine Angestellte?«
»Ja. Madame Toussaint.«
»Führt sie jetzt die Geschäfte?«
»Sie kümmert sich um alles. Das Büro ist natürlich noch versiegelt. Ich habe keine Ahnung, wie es weitergehen soll.«
Immer noch suchten ihre Augen den Boden ab, doch auf mich machte sie den Eindruck einer Frau, die sich durchaus zu helfen weiß.
»Wenn ich den Mörder gefunden habe, was haben Sie dann mit ihm vor?«, fragte ich.
Ihr Blick hob sich wieder, darin die Kälte von vorhin. »Das hängt davon ab, wer es ist«, sagte sie. »Unter anderem.«
»Soll ich Ihnen nur sagen, wer es war, oder soll ich ihn bei Ihnen abliefern?«
»Macht das einen Unterschied?«
»Das hängt davon ab, wer es ist«, antwortete ich. »Unter anderem.«
»Dann warten wir das also ab.« Sie ließ ein geschmackvoll parfümiertes Kärtchen auf meinen Schreibtisch fallen und stand in der flüssigen Bewegung einer Tänzerin aus ihrem Sessel auf.
»Melden Sie sich, wenn Sie mehr Geld brauchen.« Ihr Besuch war beendet.
Ich geleitete sie zur Tür, sie verabschiedete sich mit einem huldvollen Nicken. Nachdenklich schenkte ich mir an der Bar noch einen Scotch ein. An dem Auftrag gefielen mir bisher nur die Bezahlung und die Auftraggeberin. Ich hatte Zweifel an ihrem Motiv, mich zu engagieren, aber ein vernünftigeres, als das, was sie mir genannt hatte, fiel mir nicht ein.
Außerdem hatte Arnie mir auf seine charmante Art deutlich gemacht, wie tief ich in der Sache schon drinsteckte. Ich konnte es mir nicht leisten, die Suche nach Schwarzenbergers und Wolters Mörder allein dem kriminalistischen Geschick des Hauptkommissars Fahrenbach zu überlassen.
Wenn es also schon sein musste, konnte ich mich auch dafür bezahlen lassen.
* * *
Als ich Punkt sechzehn Uhr über die Mauer zum Nachbarhaus sprang, sah ich das Taxi bereits vor die Gittertür rollen. Herr Kim schätzte Pünktlichkeit genauso wie ich.
Ich nannte ihm Madame Toussaints
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