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Kunstblut (German Edition)

Kunstblut (German Edition)

Titel: Kunstblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schüller
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dahintergekommen, dass er verarscht wurde. Ich verabschiedete mich von Friedel und reichte Herrn Kim drei Fünfziger, die er mit höflichem Nicken quittierte. Dann stieg ich aus, beeilte mich über die Mauer und betrat das Haus durch die Hintertür. Dort legte ich meine Jacke vor die Kellertür, schaltete das Licht an und schlenderte, die Weinflaschen schwenkend, ins Treppenhaus. Durch die schmalen Fenster der Eingangstür sah ich meine beiden Leibwächter aus dem Passat im Licht der Außenbeleuchtung stehen. Der Kleinere der beiden drückte wütend auf einen Klingelknopf – meinen, wie man vermuten durfte.
    Ich öffnete. »Möchten die Herren zu mir?«, fragte ich.
    »Allerdings«, antwortete der Mann an der Klingel. Es war der junge, der keine Pizza wollte. »Wo kommen Sie jetzt her, Herr Kant? Wir klingeln seit einer halben Stunde.« Sein Ton war unausgeglichen, und die Zeitangabe entschieden übertrieben. Zehn Minuten waren das Äußerste.
    »Der Name ist Kant von Eschenbach, wenn es beliebt, junger Mann.« Ich sah ihn irritiert an und hob die beiden Weinflaschen. »Und ich komme aus meinem Keller – falls Sie das etwas angehen sollte, was ich hiermit allerdings ausdrücklich bezweifelt haben möchte.«
    Sein Kinn schob sich nach vorn, er gab noch nicht auf. »Man hat mehrfach versucht, Sie anzurufen. Warum gehen Sie nicht ans Telefon?«
    Es schien mir angebracht, jetzt selbst ein wenig scharf zu werden.
    »Weil es mir so gefällt«, sagte ich. »Man mag ja verstehen, dass Sie jedes Gespräch entgegennehmen. Ich dagegen nutze die Möglichkeit – oder, wenn Sie den Scherz gestatten – das Bürgerrecht, das einfach nicht zu tun. Und jetzt verbitte ich mir Ihre Unverschämtheiten. Sagen Sie mir, was Sie wollen. Und dann verschwinden Sie – bitte.«
    Er versuchte es damit, mir in die Augen zu starren. Sein Senior-Kollege unternahm einen Vorstoß, ihn aus der Bredouille zu holen.
    »Tut uns Leid, Herr Kant. Wir haben unsere Anweisungen.«
    »Das dachte ich mir«, antwortete ich, ohne die Augen von dem Jungbullen zu wenden, auf dessen Stirn sich langsam die Schweißperlen mehrten.
    »Grrglmmpf«, sagte er endlich und zog ab, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    Als er weg war, sah mich der ältere Bulle zweifelnd an. »Haben Sie das wirklich nötig, Herr Kant? Kleine Jungs erschrecken? Entspricht nicht Ihrem Ruf.«
    Ich zuckte die Schultern. »Irgendwie muss er’s ja lernen.«
    Er nickte. »Fahrenbach will Sie sprechen«, sagte er dann. »Und zwar pronto.«
    »Heute noch?«
    »Sie sollen Ihn auf dem Handy anrufen, falls Sie hier sind. Er schien nicht daran zu glauben.«
    »Jeder kann sich mal irren.« Ich hielt ihm eine der Flaschen hin. »Mögen Sie?«
    Er hob seine Brille und warf einen Blick auf das Etikett. Seine Mundwinkel verzogen sich angewidert. »Dieses Angebot entspricht auch nicht Ihrem Ruf, Herr Kant. Da nach haben Sie so lange in Ihrem Keller suchen müssen?«
    »Wir unterhalten uns ein anderes Mal über Wein, hoffe ich, Herr …?«
    »Bulle«, antwortete er nur und ging weg. Ich war beeindruckt.
    Als das Licht ausging, tastete ich mich zurück zur Kellertür, um meine Jacke aufzusammeln, und fuhr dann mit dem Aufzug nach oben. Befriedigt stellte ich fest, dass diesmal keine Spuren unsachgemäßer Handhabung am Schloss zu finden waren.
    Dass ich trotzdem mit einigem Unbehagen meine Wohnung betrat, hing mit dem über etliche Stunden allein gelassenen Anrufbeantworter zusammen. Natürlich waren nicht weniger als drei Anrufe der Freifrau darauf – der letzte drohte mir mit Entzug des Auftrags, leider ohne konkret zu werden –, dann folgte eine neue Nachricht der elektronischen Stimme, kaum zwei Stunden alt:
    »Du willst nicht hören, Schnüffler. Das ist schlecht. Ganz schlecht. In Zukunft solltest du nicht einfach fortgehen. Der Zerhacker mag das nicht. Vergiss, was du weißt, und versuche nicht, mehr herauszufinden. Es wäre nicht gut für dich. Er kann, was er will. Niemand ist sicher. Das nächste Mal bist du es.«
    Mit gespitzten Lippen sah ich auf den AB und drückte die Wiederholungstaste. Die Stimme sprach gefühllos ihren seltsamen Text. Der Zerhacker . Noch ein Name.
    Dann die nächste Nachricht: ein bekannter, säuselnder französischer Akzent.
    »Herr Kant, isch muss misch entschuldigen für mein Auftritt ‘eut Nachmittag. Aber isch bin noch ganz dursch-ein-ander wegen die Tod von meine Chef. Vielleicht kann isch Sie ja irgendwie ‘elfen. Das Büro ist leider noch versiegält von die

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