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Kunstblut (German Edition)

Kunstblut (German Edition)

Titel: Kunstblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schüller
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in Höhe der Börse war ein Pulk zuckender Blaulichter unter der Hochstraße auszumachen. Herr Kim brachte uns so nahe wie möglich heran, bis ein Bulle mit wütendem Gesicht den Weg versperrte.
    »Bleiben Sie in der Nähe«, sagte ich noch zu Herrn Kim, und wir sprangen aus dem Wagen.
    Herr Kim lenkte den Bullen mit einer heftigen Diskussion aus dem Seitenfenster heraus ab, während Friedel und ich auf die Absperrung zuliefen. Friedel hielt einer jungen Beamtin seinen Presseausweis unter die Nase, aber die Dame blieb hart: Am Flatterband war Schluss.
    Was immer man gefunden hatte, es lag auf dem kleinen Parkplatz unter dem hintersten Ende der Brücke. Die Bullen hatten einen Scheinwerfer aufgestellt, aber von unserem Standort aus war wenig zu erkennen außer einem Uniformierten, der sich an einem Brückenpfeiler abstützte und sich übergab. Ein übler Geruch wehte zu uns herüber.
    Friedel öffnete seinen Koffer und schraubte ein mächtiges Teleobjektiv auf das Kameragehäuse. Er sah kurz hindurch, dann setzte er die Kamera mit einer resignierenden Kopfbewegung wieder ab.
    »So wird das nichts«, sagte er.
    Er spurtete bei Rot über die Straße in Richtung Busbahnhof, ich folgte ihm durch die hupenden Autos hindurch. Aus dieser Richtung kamen wir etwas näher heran. Der Scheinwerfer beleuchtete einen großen, dunklen – wie ich vermutete: roten – Fleck. Darauf lagen etliche undefinierbare Haufen und Häufchen, alle umrahmt von einem zehn Meter langen, weißlichen, wurstähnlichen Etwas, das in Herzform um die ganze Chose herumdrapiert war. Die Enden dieses Dings trafen sich in einem großen, wiederum dunklen Haufen. Die Leute dort – ein halbes Dutzend Uniformierte und Zivile und drei hilflos gestikulierende Menschen in weißen Kitteln – hielten sich auffällig fern davon. Eine Leiche oder etwas, das man als solche bezeichnen konnte, fand sich nicht in unserem Sichtfeld.
    »Schlachtfest«, sagte Friedel und hob seine Kamera.
    »Kein Blitz!«, befahl ich.
    »Für wie blöd hältst du mich? Restlichtverstärker«, war seine Antwort.
    »Siehst du irgendwo ein Autogramm?«, fragte ich.
    »Nein. Aber die Bullen sammeln sich da an diesem Brückenpfeiler.« Er schoss ein halbes Dutzend Fotos. »Da kommt Fahrenbach.«
    Ich folgte der Richtung des Objektivs. Ein dicker rollender Schatten, gefolgt von einem wuselnden dünnen, kam von der Absperrung her zu der kleinen Ansammlung, die sich um den dunklen Fleck gebildet hatte. Mit ein paar präzisen Gesten sorgte der Schatten für Übersicht.
    » Den Job möchte ich jetzt nicht haben«, murmelte Friedel.
    Ich wollte den Job noch nie, und bevor es so weit käme, hoffte ich es geschafft zu haben, mir die Kugel zu geben.
    »Aber immerhin hat er Pensionsberechtigung«, sagte Friedel.
    Fahrenbach wandte sich dem Pfeiler zu, um den die meisten der Uniformierten standen. Etwas darauf schien von Bedeutung, leider war es von unserer Warte aus nicht zu erkennen.
    Friedel drückte auf den Auslöser »Da steht garantiert das Autogramm«, sagte er, »aber von hier krieg ich’s nicht drauf.«
    Plötzlich drehte sich der dicke Schatten um, und die weiße Fläche seines Gesichts wandte sich direkt unserem Standort zu. Sein kurzer Arm hob sich. Der Verkehr hinter uns machte es unmöglich zu hören, ob er brüllte, aber ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er genau das tat. Die meisten der Uniformierten und auch ein oder zwei Zivile rannten los, auf uns zu.
    »Scheiße«, stöhnte Friedel. Er griff nach seinem Kamerakoffer. Wir liefen in Richtung Schadow-Platz. Hinter einem wartenden Linienbus kam ein Taxi hervorgeschossen und hielt direkt neben uns. Ich sprang auf die Rückbank und rutschte durch. Friedel kam hinterher, und Herr Kim gab Gas.
    »Kann ich Sie vielleicht irgendwie vertraglich binden?«, fragte ich.
    Er antwortete nicht, aber ich sah ihn zum zweiten Mal lächeln.
    * * *
    Der Passat parkte noch vor dem Haus, aber seine Insassen standen vor meiner Haustür, als wir vorbeirollten.
    Ich bat Herrn Kim, weiterzufahren und am Kiosk auf der Luegallee zu halten. Dort kaufte ich zwei Flaschen irgendwelchen Weins, bevor ich mich zu meinem Hintereingang bringen ließ.
    Friedel warf einen Blick auf die Flaschen. »Ich dachte, so was trinke nur ich«, sagte er.
    »Ich hoffe im Interesse der Menschheit, dass du Recht hast – aber ich fürchte, du liegst falsch«, entgegnete ich.
    Der BMW war verschwunden, wie ich erwartet hatte. Wahrscheinlich war der Fahrer irgendwann doch

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