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Kunstgriff

Kunstgriff

Titel: Kunstgriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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erneut ansah. »Ich weiß nicht, wie lange ich diese Ungewissheit ertragen kann.«
    »Wenn Sie deswegen gekommen sind: Ich kann Ihnen nichts Neues sagen.«
    »Auch nicht zum Einbruch?«
    »Leider nein. Wir haben keinen Zeugen gefunden, der den Mann gesehen hätte, und die DNA-Spuren bringen uns nicht weiter. Er trug Handschuhe, also gibt es keine Fingerabdrücke, nach denen wir in unserer Datei suchen könnten.«
    Er spürte, wie sie sich zusammennahm, und fühlte eine unverhoffte Achtung vor dieser Frau, die damit haderte, dass ihre Lebenspläne aus den Fugen geraten waren.
    Gefasst erklärte sie: »Eigentlich bin ich aus zwei Gründen gekommen. Beginnen wir hiermit. Wie kann die Polizei eine solche Hetzkampagne zulassen?«
    Sie klappte die Tasche auf, die ihn an den Koffer erinnerte, mit dem früher der Arzt ins Haus kam, um die Masern und andere Kinderkrankheiten des kleinen Dirk zu behandeln. Mareike Reisinger nahm eine Illustrierte heraus, ein Klatschblatt. Sie suchte nach der richtigen Seite und schob ihm das aufgeschlagene Heft entgegen. Er warf einen kurzen Blick darauf. Er kannte den Artikel, der in der Sonderkommission auf wenig Freude gestoßen war. Die Redaktion hatte Mettens bizarren Tod begierig aufgenommen und die vermutete Bestechlichkeit als willkommene Zugabe ausgeschlachtet. Juristisch abgesichert, ohne eindeutige Anschuldigungen und gesättigt von unvorteilhaften Anspielungen, ließ sich der Text gnadenlos über das Opfer aus.
    »Diese Informationen hat der Reporter nicht von der Polizei«, erklärte er förmlich. »Die Leute aus der Gastronomie haben geredet.«
    »Trotzdem, wie können Sie zulassen, dass Pitts Andenken dermaßen besudelt wird?«
    »Uns sind leider die Hände gebunden.«
    Die Antwort breitete sich wie schlechte Luft im Raum aus.
    Mareike Reisinger zog die Zeitung mit den Fingerspitzen zurück, als könnte sie sich daran beschmutzen, und schob sie zurück in die Tasche. Die Hand tauchte mit einer Zigarettenschachtel wieder auf. »Darf ich?«
    »Bedaure«, antwortete er, auf Widerspruch gefasst.
    Gehorsam packte sie die Zigaretten wieder ein.
    »Was wollten Sie mir außerdem erzählen?«
    Sie schien zu überlegen, ob er die Information wert war. »Ich wurde angerufen.«
    »Von wem?«
    »Von einem Mann.«
    »Kannten Sie ihn? Hat er seinen Namen genannt?«
    »Weder noch.«
    »Wann war das?«
    »Gestern Abend. Während das heute-journal im Zweiten lief. Gegen 22 Uhr etwa.«
    »Was wollte er?«
    »Er fragte, ob Pitt mir etwas überlassen hätte. Einen kleinen Koffer oder ein eckiges Paket.«
    »Wie hat er seine Frage formuliert? Fragte er nach Peter, nach Metten oder nach Pitt?«
    Sie überlegte. »Nach Pitt, glaube ich. Ja, er fragte gezielt nach Pitt. Und nach diesem Koffer oder Paket.«
    »Und ihm war bekannt, dass Pitt tot ist?«
    Sie nickte. »Ja, sicher, das wusste er. Glauben Sie, es war der Einbrecher? Was für ein Koffer soll das sein? Ich habe nichts gefunden.«
    Wolfert notierte sich die Einzelheiten. Der Anruf erfolgte auf Mettens Festnetzanschluss. Er verabschiedete sich von Mareike Reisinger mit dem Versprechen, sie auf dem Laufenden zu halten, und schaute auf dem Weg ins Büro bei Irene Maibaum vorbei. Sie verschwand beinahe hinter den Aktenbergen. Nur der rote Schopf lugte über die Stapel hinweg.
    Er reichte ihr die Notizen zum Anruf. »Könntest du bitte nachprüfen lassen, wann genau und von welchem Telefon angerufen wurde?«
    »Mache ich. Gehst du in die Mittagspause?«
    »Später vielleicht.«
    Die schleppenden Ermittlungen verdarben ihm den Appetit. Milano war zurück und hatte sich unterwegs mit einer Pizza versorgt. Die offene Pappschachtel vor sich auf dem Schreibtisch, hielt er ein Stück Teig in den fettigen Fingern. Tomatensoße tropfte auf die Tischplatte. Wolfert wandte den Blick ab.
    »Was gibt’s bei dir Neues?«, fragte Milano mit glücklichem Schmatzen.
    Die Aufmerksamkeit auf die Wand hinter dem Kollegen gerichtet, erzählte Wolfert von dem geheimnisvollen Anrufer. Solange Milano zuhören musste, konnte er nicht reden. Er kannte keine Hemmungen, Gespräche mit vollem Mund zu bestreiten. Das letzte Stück Pizza verschwand in den Hamsterbacken, als Wolfert mit seinem Bericht fertig war.
    Mit einem Papiertaschentuch wischte Milano sich Mund und Hände ab. »Auch ich hatte eine aufschlussreiche Unterhaltung. Du erinnerst dich an unseren Freund Petrus?«
    »Der Meister des Gyros?«
    »Petrus ist ein hervorragender Koch und ein schlechter Mensch. Das

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