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Kunstgriff

Kunstgriff

Titel: Kunstgriff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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entging.
    »Rückenschmerzen?«, fragte er besorgt.
    »Nichts von Bedeutung. Ich habe es gestern Abend beim Yoga übertrieben.«
    »Bisweilen ist es bekömmlicher, den Ehrgeiz zu zügeln.«
    Sie erwiderte sein Lächeln. »Du sprichst so vernünftig wie meine Yogalehrerin.«
    Die Bedienung räumte die Teller ab und nahm die Bestellung für den Espresso auf.
    Norma hielt das Gesicht in die Abendsonne. »Was für ein herrlicher Platz! In Florenz könnte es nicht schöner sein.«
    Er lächelte nicht. »Warum diese Ironie? Du machst dich über mich lustig.«
    »Das war ehrlich gemeint, Lutz. So gut wie, jedenfalls. Kommst du öfter hierher?«
    Hin und wieder mit Undine, meinte er und schwieg sogleich wieder. Schon während des Essens war er einsilbig geblieben, wie es sonst nicht seine Art war.
    Sie machte ein zuversichtliches Gesicht. »Sie wird sich beruhigen, Lutz. Wie nach jedem Streit.«
    »Dieses Mal ist es anders. Weißt du, dass sie sich in jeder freien Minute mit diesem Dr. Regert trifft?«
    Dem konnte sie nicht widersprechen. Regert mauserte sich zum Dauergast in der Galerie. Seit zwei Tagen wich er Undine kaum von der Seite und hielt sich häufig sogar in der Wohnung auf, wie sie Lutz nicht auf die Nase binden wollte.
    »In aller Öffentlichkeit turtelt sie mit ihm«, erklärte er bitter. »Albert herum wie ein Teenager!«
    Gute Bekannte hätten das junge Glück gestern Abend bei einer Vernissage angetroffen und ihm diese Beobachtung sofort gemeldet. Andere waren Undine in neuer Begleitung beim Nordic Walking im Rabengrund begegnet; eine Art der Freizeitbeschäftigung, mit der Regert – nach Normas Überzeugung – die Ernsthaftigkeit seiner Bemühungen beweisen wollte. Er schien nicht der Typ Mann, der sich gern Stöcke schwingend im Wald sehen ließ.
    Lutz suchte ihren Blick. »Die Lage ist ernst, Norma. Womöglich hat sie den Streit vom Zaun gebrochen, damit ihr der Schlussstrich leichter fällt.«
    Die Bedienung brachte den Espresso und wandte sich neuen Gästen zu.
    Lutz zog sich eine Tasse heran. »Was macht dein Fall? Hältst du Nina und Rico weiterhin für verdächtig?«
    »Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Ich komme einfach nicht an sie ran.« Sie nippte am Kaffee. »Ich frage mich allerdings, warum Regert in der Galerie auftaucht und sich als Interessent für Jawlensky ausgibt? Er hat sich ausdrücklich nach dem ›Schweigenden Rot‹ erkundigt und wollte das Gemälde unbedingt sehen.«
    »Ich sage es ungern: Der Wunsch sollte ihn eigentlich entlasten. Wenn er in den Diebstahl verwickelt wäre, würde er wohl kaum nach dem Bild fragen.«
    »Vermutlich hast du recht. Die Leidenschaft für den Expressionismus und speziell für Jawlensky teilt er schließlich mit vielen Menschen, und Undine als Expertin ist dafür die erste Adresse. Eigentlich wollte er selbst einen Jawlensky kaufen, eine Meditation, hat aber inzwischen das Interesse daran verloren. Undine kümmert das nicht weiter.«
    »Bestimmt wartet sie verzweifelt auf eine Reaktion der Diebe«, sagte er mitfühlend. »Hoffentlich wurde das Bild nicht beschädigt.«
    »Ich denke, Mettens Tod ist der Schlüssel zu allem. Womöglich wissen die Komplizen nicht, wo er das Bild versteckt hat, und wir müssen abwarten, bis es von der Polizei oder sonst wem gefunden wird.«
    Mit verständnisloser Miene beobachtete er, wie sie einen halben Teelöffel Zucker in den Espresso schüttete. Für ihn gab es nur eine Möglichkeit, einen Kaffee, welcher Art auch immer, zu genießen, und die hieß schwarz und ungesüßt. Wie lange Norma die Rolle als Mieke Lienhop noch aufrecht erhalten wolle?
    Sie nahm den winzigen Löffel auf und rührte vorsichtig um. »Undine meint, ich sei ein passabler Ersatz für Marco. So mache ich mich auf diese Weise nützlich, wenn ich den Fall schon nicht aufkläre. Am liebsten möchte ich so bald wie möglich zurück in meine Wohnung. Mein angeblicher Urlaub ist vorüber.«
    »Was machen deine Pläne für Florenz?«
    »Das Reisebüro hat mir mehrere Termine vorgeschlagen. Soll ich dir die Liste schicken?« Sie wollte mit der Zusage abwarten, bis Bewegung in die Bilderentführung kam.
    Lutz wich der Antwort aus und fragte nach der Taunusstraße. »Wie ich hörte, hast du einen Mieter gefunden?«
    »Du kennst ihn. Eiko Ehlers.«
    Lutz hatte ebenfalls als Zeuge aussagen müssen und war Ehlers vor Gericht begegnet. »Wann wird er einziehen?«
    »Wir … sind uns nicht einig geworden. Der Makler kümmert sich um neue Interessenten.«

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