Kunstraub im Städel
schon wieder. Jupp, eine Cola bitte.“
Herr Schweitzer tat, als langweile er sich. Das konnte er ausgezeichnet. Hin und wieder nippte er an seinem Getränk, ansonsten schaute er mal auf seine Füße, mal zum Main oder einfach nur völlig abwesend in die Luft. Tobi war innig mit seiner Bierdose beschäftigt und die Punks unterhielten sich über einen bevorstehenden Auftritt, wobei unklar blieb, ob als Zuschauer oder Akteure. Einer der Punks, das Mädchen mit dem lila-metallic gefärbten Kurzhaarschnitt, stand in verdreckten löchrigen Strümpfen herum und Herr Schweitzer dachte, dass Strümpfe in die Wäsche gehören, bevor sie beim Fallen zerbrechen. Er bildete sich ein, einen leichten Käsegeruch wahrzunehmen. Obwohl er gelegentlich gerne Punkmusik hörte und selbst auch nicht zu der Gattung Mensch gehörte, der man einen übertriebenen Ordnungssinn nachsagen konnte, so fand er doch das gemeine Punkdasein als wenig erstrebenswert. Zwar wusste Herr Schweitzer nicht viel über deren Lebensweise, aber das, was er wusste, reichte ihm. Er liebte sein Bett, das Dach über dem Kopf und das Geld, das er stets einstecken hatte und ihm erlaubte, wann immer ihm danach war, eine köstliche Mahlzeit zu vertilgen. Apropos Mahlzeit: Herr Schweitzer hatte Hunger. Und das trotz des Qualitätsdefizits der angebotenen Lebensmittel. „Jupp, wann schmeißt du denn den Grill an?“
„Haste Hunger?“
„Ja.“
„Normalerweise erst am Abend, so wie gestern. Aber, Kinners“, rief Jupp den Punks zu, „will einer von euch auch eine Wurst? Jetzt?“
Herr Schweitzer kannte die Klischees. Da aber Klischees nicht immer Klischees, sondern manchmal auch begründete Realitäten waren, überraschte es ihn nicht, als das Mädchen rotzfrech reagierte: „Klar, wenn der spießbürgerliche Fascho da einen ausgibt.“
Das war ein vernichtender Schlag, doch auch Herr Schweitzer war nicht aufs Maul gefallen: „Faschos nein danke! Aber wenn du mit spießbürgerlich meinst, dass ich jede Woche meine Socken wechsle, dann liegst du richtig.“
Für Herrn Schweitzer völlig überraschend errötete die Punkerin und blickte auf ihre löchrigen Strümpfe. Bis dato hatte er gedacht, Punks seien immun gegen sämtliche Äußerungen von Spießbürgern. Und da ihr Erröten kein Ende nehmen wollte, überkam ihn das Mitleid. „Schon gut. Der Spießbürger Simon gibt eine Runde Wurst aus. Tobi, du auch?“
„Lieber noch ein Bier, Fascho.“ Tobi grinste.
–
Eine Stunde später und nach einer weiteren Runde Bratwurst hatten sich die Punks verzogen. Herr Schweitzer schätzte mal so grob, dass dies die erste warme Mahlzeit seit Langem für die schrillen Vögel gewesen war. Nun hatte er freie Bahn, zumal auch Tobi nach drei zusätzlichen, vom Fascho Schweitzer geschnorrten Hansa-Bieren im Liegestuhl vor der Rezeption weggedämmert war. Der obligatorische Speichelfaden säumte sein Kinn.
Ohne groß auf subtil einleitende Worte zurückzugreifen, fragte Herr Schweitzer Jupp rundheraus nach diesem Konsti. Viele Informationen bekam er nicht, denn Konsti sei laut Jupps Bericht nur sehr, sehr selten hier gewesen und das letzte Mal sei auch schon ein paar Wochen her. Aber sein Kumpel Benny habe dort hinten einen blauen Holzschuppen gemietet, die Nummer 9, wenn er, Simon, es genau wissen wolle. Aber auch der Kumpel sei hier schon ewig nicht mehr aufgekreuzt, was aber nix mache, schließlich habe er den Schuppen auf drei Monate im Voraus gemietet und auch gleich bar bezahlt. Für ihn, Jupp, werde die ganze Sache erst wieder aktuell, wenn der Mietvertrag auslaufe, bis dahin mische er sich nicht in fremde Angelegenheiten. Das habe er schon immer so gehalten und sei damit auch bestens gefahren. „Wieso interessierst du dich eigentlich für Konsti? Hat der deiner Nichte was getan?“
„Nö“, wandte sich Herr Schweitzer, „das nicht. Nö. Oder, na ja, du weißt ja, wie solche Beziehungsgeschichten von jungen Leuten so manchmal laufen … Bin halt doch ein bisschen neugierig von wegen dem Zufall, dass Konsti nach so vielen Jahren ausgerechnet hier …“
„Ja, ja, Zufälle gibt’s, die gibt’s gar nicht“, entgegnete Jupp und legte sich ein extrem lecker aussehendes Steak auf den Grill.
„Du hast auch Steaks?“, fragte Herr Schweitzer neugierig, denn die Bratwürste hier gehörten doch eher in die Kategorie Tiernahrung. Aber dieses Steak dort …
„Nur auf Bestellung, ist doch logo. Ist auch viel zu teuer für die Leute hier. Ganz andere Preisklasse, wenn
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