Kunstraub im Städel
hinten auf die Schulter. Er drehte sich um und blickte in das Gesicht des Mädels mit dem metallic-blauen Irokesenschnitt, in der Punk-Branche auch kurz als Iro bezeichnet.
„Das duftet ja toll bei dir.“
Herr Schweitzer wortkarg: „Gelle.“
„Magst du nicht zu uns kommen. Wir haben auch Bier“, lockte sie. „Richtiges Bier.“
Nun war er doch erstaunt: „Richtiges?“
„Wenn ich’s dir doch sage.“
Und in der Tat, ein Kasten Bitburger Premium Pils stand wie eine Trophäe auf einem Schemel zwischen ihnen. Nach der desaströsen Hansa-Bier-Erfahrung klang das wie eine Offenbarung. Sofort bekam er eins in die Hand gedrückt. Herr Schweitzer zog noch mal ganz kurz an seinem Joint, bevor er ihn auf die Reise schickte.
Das Iro-Mädel: „Wenn ich kurz vorstellen darf“, sie zeigte reihum, „Blümchen, Bär und Ratte. Und ich bin die Ina.“ Dann deutete sie auf seine Strümpfe: „Warst du auch mal Punk?“
„Der ist doch viel zu alt“, spottete Blümchen. Dann zog er am Joint.
Ina: „Im Rechnen warst du noch nie gut.“
„Wieso?“
„Weil es Punks schon seit Jahrzehnten gibt, du Trottel“, dozierte Ina. „1975 wurden die Sex Pistols gegründet. Da guckst du, was?“
Blümchen zog seine Stirn kraus. Es war nicht zu übersehen, dass er sich beim Nachrechnen mächtig anstrengte.
„Na ja, nicht direkt. Aber ich hab ein paar CDs von den Ramones, Clash und den Straßenjungs. Letztere kommen ja aus Frankfurt“, machte Herr Schweitzer weiterhin einen auf dicker Kumpel. Das Zauber-Zigarettchen hatte inzwischen die Runde gemacht und war wieder bei ihm gelandet.
„Echt gut, das Zeug“, meldete sich der, der sich Bär nannte, obwohl er eher einer Bohnenstange glich, das erste Mal zu Wort.
Wart’s nur ab, dachte der Neu-Alt-Punker Schweitzer, bis sich die volle Dröhnung entfaltet hat. Er selbst hatte wohlweislich nur schwach inhaliert, Erfahrungswerte hatten ihn vorsichtig werden lassen. „Na, dann dreh ich besser noch einen.“
Alles lief nach Plan. Bald würden sie in den Seilen hängen wie weiland die Gegner Muhammad Alis. Herr Schweitzer bröselte gar arg viel von dem Zeug hinein. Nett war das nicht, aber er hatte ja eine Mission.
Allesamt hatten weniger drauf, als er vermutet hatte. Bereits zehn Minuten, nachdem der letzte Zug genommen war, lagen die Punks ineinander verkeilt auf dem Rasen. Ina in den Armen von Ratte und Bär schnarchte mit dem Kopf im Schoß von Blümchen. Herr Schweitzer nahm sich noch ein richtiges Bier aus dem Kasten und wartete, ob nicht doch noch einer von ihnen plötzlich erwachte.
Nichts Dergleichen geschah. Als er sich sicher sein konnte, dass ihn keiner der anderen Campingplatzbewohner beobachtete, schlich sich Herr Schweitzer hinter den Bauwagen der Punks, wo sich Schuppen Nummer 9 befand.
Natürlich war er mit einem Vorhängeschloss gesichert. Alles andere wäre auch zu schön gewesen. Doch Herr Schweitzer war gerüstet. Mit seiner kleinen Digitalkamera schoss er ein Foto vom goldfarbenen Schloss der Marke ABUS.
Viertel vor zwölf, also kurz bevor Herr Schweitzer sich zum Pennen in den Bauwagen verzog, kam noch Tobi, voll wie ein Eimer, des Weges. An der Mülltonne fiel er um, rappelte sich mühsam wieder auf und torkelte endgültig zu seiner kleinen Hütte. Gerne hätte Herr Schweitzer noch zugesehen, wie Tobi das Schlüsselloch suchte. Aber, was soll’s, dachte er, und ging hinein. Bei diesem Wetter konnte Tobi ja schlecht erfrieren.
–
Das erste Mal erwachte er am nächsten Morgen um halb neun und wollte eigentlich aufstehen. Doch ehe sich Herr Schweitzer versah, war er wieder eingeschlafen. Dasselbe passierte eine Stunde später noch einmal.
So kam es, dass er nicht von der Sonne aus seinen Träumen gerissen wurde, sondern von Maria. Sie klopfte an der Tür.
Schlaftrunken öffnete er. „Du?“
„Ja, ich. Hab ich dich geweckt?“
„Ach, geht schon.“
„So wie du ausschaust, frage ich mich, was schon geht?“
Herr Schweitzer zog eine Schnute und richtete sich die Haare, als wäre das ein Zeichen, dass nun alles geht.
Maria trat ein und blickte sich neugierig um. „Hier wohnst du also? Na ja, solange das Bett in Ordnung ist, wird sich mein Schatz wohl kaum beschweren.“ Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange.
Man sieht, Maria kannte ihren Schnucki.
„Oh, das Bett ist schon in Ordnung.“
„Und was ist nicht in Ordnung?“
Herr Schweitzer wusste, was sich gehört: „Du fehlst mir.“
„Das will ich meinen. Du mir auch.“
Sein
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