Kunterbunte Tiergeschichten
Garten wieder einmal furchtbar. Mein Schimpfen und meine Drohungen nutzen nichts,
also muss ich wohl oder übel zu wirksamen Gegenmitteln greifen.
Warum betrachten die Schnecken auch ausgerechnet meinen Garten
als Schlaraffenland? Warum gehen sie nicht alle in den Garten unserer Nachbarin, in dem sowieso nur Kraut und Rüben wachsen?
Als Kind mochte ich Schnecken. Ich ließ sie ihr Häuschen über meine Hand schleppen, ich sah ihnen beim mühsamen Überqueren des
Gartenweges zu und störte mich auch nicht am Schleim auf meinem
im Gras liegenden Buch.
Aber heute hasse ich sie, diese schleimigen Gesellen. Ich überlege mir ununterbrochen, wie ich sie aus unserem Garten bekomme.
Abends kommen sie aus ihren Schlupflöchern und nagen alles an,
was ihnen vor die Schnäuzchen kommt. Sie sind unersättlich. Dann
legen sie ihre Eier ab, und im nächsten Jahr haben sie sich verdoppelt
und verdreifacht. Widerlich!
Noch hatte ich aber keine Lust, wie unsere Nachbarin jeden Abend mit
Eimer, Schäufelchen und Taschenlampe bewaffnet, durch den Garten
zu tigern, um diese ungeliebten Vielfraße aufzusammeln. Hatte die
Sammelei überhaupt etwas gebracht. Wurde die Schneckeninvasion
dadurch weniger? Nein! Denn Abend für Abend sah ich weiter den
Schein ihrer Taschenlampe durch den Garten huschen. Ich hatte mal
gehört, dass Schnecken zu einem Tröpfchen Bier nicht „Nein“ sagen.
Also versuchten wir es auch damit und vergruben Halblitergläser,
gefüllt mit duftendem Dunkelbier, vor meinen heiß geliebten Kornblumen, die von den Schnecken am liebsten verspeist wurden.
Das Wunder geschah, sie plumpsten der Reihe nach hinein und soffen
sich wortwörtlich zu Tode. Die meisten jedenfalls! Die Überlebenden
wollte mein Mann mit der Gartenschere zerschneiden, doch so einer
barbarischen Tötung konnte ich nicht zustimmen. Vereint wurden die
Bierschnecken von mir auf einer weit entfernten Wiese ausgesetzt.
Ich hoffte nur, dass sie zu benebelt waren, um wieder zurückzufinden. Dort im hohen Gras sollten sie zusehen, wie sie zurecht kamen.
Am nächsten Abend die gleiche Prozedur, Schnecken alkoholisieren
und aussetzen. Wann hörte das wohl auf? Es war, als hätte es sich herumgesprochen, dass es bei uns Freibier gebe und danach auch noch
eine Urlaubsreise mit Tanten und Verwandten. Beim dritten Transport Richtung Wiese kamen mir die ersten dieser schleimigen Gesellen doch tatsächlich zielstrebig in Richtung Heimatgarten entgegen.
Es konnte doch nicht möglich sein, dass sich die Schnecken trotz
ihres Alkoholrausches an die Reiseroute erinnerten?
Jetzt griffen wir zu stärkeren Mitteln, wir streuten Schneckenkorn.
Aber es war wie verhext, denn dieses Korn lockte nur noch mehr
Kollegen ihrer Art an.
Schließlich blieb mir nur noch mein allerletzter Trumpf übrig. Ich
wanderte nun auch Abend für Abend, bewaffnet mit Eimer und
Schäufelchen, durch den Garten und suchte missmutig Rasen und
Blumenbeete ab.
Meine Nachbarin hat sich inzwischen einige Laufenten angeschafft,
die ihr diese mühselige Arbeit abnehmen. Sie fressen nicht nur
Schnecken, sondern auch deren Eier. Sehr praktisch, aber leider kommen sie für uns nicht in Frage, da mein Mann eine Vogelallergie hat.
Schade!
Der erste Tag mit diesen Enten verlief ganz ruhig. Sie fraßen Schnecken, quakten und kackten auf den Rasen. Aber am Abend, als sie
in den kleinen Stall sollten, damit der Fuchs sie nicht holen konnte,
weigerten sie sich. Sie wollten einfach nicht hinein. Als ich der Nachbarin meine Hilfe anbot, saßen sie bockig unter den Johannisbeeren
und machten sich ganz klein. Wir riefen und lockten, doch sie kamen
nicht hervor. Schließlich versuchten wir, sie mit dem Gartenschlauch
aus ihrem Versteck zu spritzen. Ohne Erfolg, denn die Enten quakten
nur und ließen sich nicht aus der Ruhe bringen. Doch wir sahen jetzt
genauso aus wie die Enten, nass und schmutzig. Etwas später gelang
es uns endlich, sie mit primitiven Tönen und Bewegungen in den
Stall zu locken.
An diese spezielle Art der Einladung haben sie sich, wie mir die
Nachbarin Tage später erzählte, inzwischen gewöhnt. Bei einbrechender Dunkelheit laufen sie immer zuerst unter die Johannisbeeren
und danach in den Stall.
Ach, hätte ich doch auch einige dieser kleinen Helfer!
Aber vielleicht kann man ja Hunde auf Schnecken abrichten? Nun,
das wird wohl ein Wunschtraum von mir bleiben. Denn vor einigen Tagen sah ich, wie sie vor einem schleimigen Gesellen stehen
blieben, ihn
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