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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Flamme?» Als ich, jetzt noch röter im Gesicht, nickte, fuhr Koivu fort: «Ich hab gestern mit ihm gesprochen, und er hat mir erzählt, er wäre mit dir zusammen weggegangen und hätte bei seinen Eltern übernachtet. Er sagte noch, er hätte wenigstens eine zuverlässige Zeugin. Gerade eben habe ich mit einem Mann gesprochen, der gegen halb drei als einer der Letzten gegangen ist, und er behauptet, Miettinen wäre gegen halb drei zum Alten Bergwerk zurückgekommen. Der Mann ist mit zwei anderen gleichzeitig aufgebrochen, und alle drei sagen, sie hätten Miettinen gesehen.»
    «Scheiße!»
    «Das ist noch nicht alles. Ich hab dann ein bisschen in euren Papieren geblättert und gesehen, dass Järvi mit Miettinens Frau gesprochen hat. Die leben getrennt, nicht? Jedenfalls hat sie Miettinen um Viertel nach drei bei ihrem Haus gesehen, wo er offenbar sein Mountain-Bike geholt hat. Frau Miettinen hatte draußen ein Poltern gehört, dachte, es wären Einbrecher, dann hat sie ihren Mann erkannt und sich wieder schlafen gelegt.»
    Ich setzte mich auf das grünliche Sofa unter dem Konterfei des Präsidenten. Mein Kopf rauschte. Ich kam mir total blöd vor. Ich war nicht mal ein Meritta-Ersatz gewesen, sondern offenbar bloß ein Alibi.
    «Johnny… ich meine Miettinen war gestern hier. Er hatte überall blaue Flecken, behauptete, er wäre auf dem Heimweg mit seinem Klappfahrrad gestürzt.
    Komm, holen wir ihn her. Wir nehmen ihn fest. Handschellen. Und dann ab in die Zelle mit ihm.»
    «Maria… »
    «Ich kann es nicht ausstehen, wenn mich einer so ausnutzt ! Im Ernst, lass uns mit ihm reden. Ich will wissen, warum er gelogen hat. Kannst du fahren?»
    Erst als meine Hände aufgehört hatten zu zittern und wir im Dienstwagen saßen, fiel mir auf, wie verhärmt Koivu aussah.
    «Ist es bei den Vernehmungen gestern spät geworden?»
    «Ich war schon um acht zu Hause, aber dann hatte ich einen Riesenstreit mit Anita.» Koivu seufzte und gab sich alle Mühe, kein jämmerliches Gesicht zu zeigen. «Über was ziemlich Wichtiges. Erst war sie nur wütend, weil ich wieder mal am Wochenende arbeiten muss, aber dann fing sie von diesen Skinheads an, die Freitagnacht verhaftet wurden. Der am schwersten Verletzte, dieser Obernazi, ist Anitas Patient. Ich kannʹs immer noch nicht glauben», Koivu sah mir einen Moment in die Augen, bevor er den Blick wieder auf die kurvige Straße nach Sysmäjärvi richtete, «aber Anita fing an, den Typ zu verteidigen. Ein feiner Kerl, findet sie, genau so ein Gesundheitsfreak wie sie, raucht nicht, trinkt nicht und isst nur finnische Produkte. Will seinen Körper nicht mit ausländischem Essen verunreinigen. Anita meint, die Skinheads haben recht, wir brauchen hier keine Flüchtlinge. Anita meint, ein finnischer Polizist muss auf der Seite der Finnen stehen.» Koivus Stimme bebte.
    «Anita hat es doch immer ganz toll gefunden, dass du Polizist bist?»
    «Ja, sie hat uns immer bewundert. Die Polizei schützt die Menschen vor Verbrechern. Jetzt bin ich auf einmal ein falscher Polizist. Kannst du dir vorstellen, wie ich mich fühle ? »
    Ich nickte.
    «Mein erster richtiger Freund hat mit mir Schluss gemacht, weil ich Polizistin war und die etablierte Gesellschaft repräsentierte, gegen die er protestieren wollte. Bisschen andere Begründung, aber im Grunde dasselbe: »
    «Ein toller Tag, nicht?», fragte Koivu, als wir vor dem Haus der Miettinens parkten. «Für uns beide», fügte er hinzu und lächelte kläglich. Ich lächelte zurück und war froh, gerade jetzt Koivu neben mir zu haben und keinen anderen.
    «Du übernimmst das Verhör, ich bin nur Zeugin», erinnerte ich ihn, als wir ausstiegen.
    Auf dem Hof war es heiß. Zuerst spürte ich die Sonne durch die Jeans hindurch auf meinen Oberschenkeln, dann schien sie mir direkt in die Augen. Ich konnte zuerst nicht genau erkennen, was da oben auf dem Dach polterte.
    Auf dem Dach waren drei Männer. Johnnys Vater riss die Dachziegel neben dem Schornstein ab, ein zweiter, unbekannter Mann ließ sie in eine Art Rinne fallen, durch die sie nach unten auf den Hof rutschten. Johnny nagelte auf der westlichen Seite neue Dachlatten an: Vor dem wolkenlosen blauen Himmel zeichnete sich sein Körper deutlich ab. Eine hässlich gelbe Schirmmütze mit der Aufschrift des Sportvereins Arpikylän Veto saß ihm verkehrt herum auf dem Kopf, unter dem Rand ringelten sich hellbraune, feuchte Locken hervor. Die leicht gebräunte Haut glänzte in der Sonne, die Muskeln an den

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