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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Schultern und am Rücken vibrierten im Takt des Hämmerns. Der Schweiß, der ihm den Rücken hinunterlief, formte einen schmalen Streifen, der in der abgeschnittenen Jeans verschwand. Als er uns bemerkte, stand Johnny auf, der goldene Flaum auf Oberschenkeln und Waden schimmerte in der Sonne und umrahmte perfekte Beinmuskeln.
    Im ersten Augenblick konnte ich ihn nur anstaunen, ich bin sicher, dass mir der Mund offen stand. Ich schien zu schweben, vielleicht würde ich geradewegs aufs Dach und in Johnnys Arme fliegen, die warme, schweißbedeckte Haut schmecken, jeden Muskel einzeln erforschen, dem Mann Shorts und Turnschuhe ausziehen, mir seine furchtbare Kappe aufsetzen …
    «Jarmo Miettinen, Ihre Aussage über Ihr Verhalten in der Nacht zum Samstag weist einige Lücken auf.»
    Koivus kühle Stimme hatte die gleiche Wirkung, als hätte er mir eine Kanne Brunnenwasser über den Nacken gegossen. Und sie wirkte nicht nur auf mich, sondern auch auf Johnny. Der Hammer glitt ihm aus der Hand, rutschte vom Dach und landete fast auf Koivus Zehen. Johnny schien das gar nicht zu merken.
    Er starrte eine Weile auf seine Hände, bevor er sich setzte. Dann hielt er sich am Dachrand fest und schwang sich herunter, um schließlich mit einem Sprung auf der Erde zu landen. Die Überheblichkeit seiner Bewegungen brachte mich endgültig zur Besinnung. Ich starrte wütend in seine gelbgefleckten blauen Augen, die fünfundzwanzig Zentimeter über den meinen den Blick erwiderten.
    «Worum gehtʹs?» Johnnys Stimme war rau, er hob die Hand, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen, und verschmierte dabei den Teerfleck auf seiner Wange.
    « Sie haben gestern bei der Vernehmung behauptet, gegen halb zwei hierher nach Sysmäjärvi gekommen zu sein. Inzwischen haben vier Zeugen ausgesagt, Sie noch nach halb, drei im Zentrum von Arpikylä gesehen zu haben.»
    Johnnys Blick löste sich von meinen Augen, senkte sich auf die Schuhspitzen.
    «Kann jemand bestätigen, wann Sie in der Nacht zum Samstag nach Hause gekommen sind? » Koivus Stimme war ruhig und bestimmt.
    «Es ist bei uns nicht üblich, erwachsenen Menschen nachzuspionieren», brüllte Johnnys Vater vom Dach. «Meine Frau und ich haben geschlafen.»
    «Ist Ihre Frau zu Hause?», fragte Koivu. Johnnys Vater zeigte mit dem Finger zur Küche hin, Koivu ging hinein.
    Johnny stand so nah vor mir, dass ich die Spannung fühlte, die von seinem Körper ausging. Seine schweißbedeckte Haut roch nach aggressiver Männlichkeit und nach Sonne. Links hatte er blaue Flecken am Oberkörper, das linke Knie war verschrammt. Die Männer auf dem Dach hatten ihre Arbeit unterbrochen und sahen mich anklagend, zugleich aber auch furchtsam an.
    Koivu erschien an der Tür, blieb dort stehen und rief: «Miettinen, ziehen Sie sich was über. Wir fahren aufs Revier.»
    Johnny sah erst mich an, dann Koivu, dann wieder mich. Ich versuchte, so dreinzuschauen, als ginge mich die ganze Sache überhaupt nichts an.
    «Verhaftest du mich, Maria?»
    «Es handelt sich nicht um eine Verhaftung, Sie kommen nur mit, um Ihre Aussage zu präzisieren.» Koivus Stimme blieb kühl und bestimmt, ich hatte den leisen Verdacht, dass er die Situation genoss. Johnny ging folgsam ins Haus, er bat Koivu, duschen zu dürfen. Ich wartete auf dem Hof.
    «Ehm … ist der Junge irgendwie in den Tod dieser Künstlerin verwickelt?», fragte Johnnys Vater verwirrt. Ich wusste nicht, ob er sich erinnerte, dass Johnny und ich früher einmal Kumpel gewesen waren. Noch am Freitagabend, um genau zu sein.
    «Wir wollen nur einige Punkte überprüfen.» Ich wunderte mich, dass meine Stimme ganz normal klang. Komisch, damals vor fünfzehn Jahren hatte ich Johnnys Vater geradezu gehasst, weil er meinte, der Junge solle sich lieber auf die Schule konzentrieren, statt seine Zeit mit Musik zu vergeuden. Das Fußballspielen hatte er immerhin akzeptiert. Sie hatten sich immer wieder heftig gestritten, jedenfalls hatte mir Johnny das damals erzählt. Er hatte mir seinen Vater als wahren Haustyrannen geschildert. Ich überlegte, wie sie heute zueinander stehen mochten; jedenfalls wollte der Vater Johnny ganz offensichtlich keinerlei Alibi geben.
    Johnny kam aus dem Haus und strich sich das nasse Haar aus dem Gesicht. Sein blaues Hemd stand offen, aber den Gürtel an den verblichenen Jeans hatte er immerhin festgezurrt. Ich schob mich hinter das Lenkrad. Wenn ich fuhr, hatte ich einen guten Vorwand, nicht zu sprechen. Koivu setzte sich aus lauter Bosheit

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