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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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neben Johnny auf den Rücksitz.
    Ich überlegte, ob es möglich war, dass Johnny mir gestern seinen Schmerz über Merittas Tod nur vorgespielt hatte. Ich hatte geglaubt, ihn gut zu kennen, er war immer so offen und durchschaubar gewesen. Aber ein Vierunddreißigjähriger ist natürlich anders als ein Neunzehnjähriger. Uns allen waren Jahresringe um die Seele gewachsen, die von Jahr zu Jahr undurchdringlicher wurden.
    Die ganze Fahrt über hockten wir schweigend im Auto. Im Polizeigebäude brachten wir Johnny in mein Zimmer. Ich verschanzte mich hinter meinem Schreibtisch, Koivu drehte den Sessel um und schob ihn neben den Schreibtisch.
    Johnny ließ sich erst dann uns gegenüber auf dem Sofa nieder, als Koivu ihn dazu aufforderte.
    Ich holte den Notizblock hervor, während Koivu Johnnys erste Aussage und die ihr widersprechenden Zeugenaussagen zusammenfasste. Als er aus den Akten vorlas, Tuija habe Johnny auf ihrem Hof gesehen, fuhr Johnny auf: «Tuija ist wahrhaftig keine unvoreingenommene Zeugin! Wir hatten am Freitag beim Alten Bergwerk einen irrsinnigen Streit.»
    « Sie bestreiten also, dass Sie in der Mordnacht bei Ihrem Haus in Kyykeri waren
    ? »
    «Nein … Das stimmt schon. Ich war ein bisschen aufgewühlt nach der Party.»
    Johnny warf mir einen Blick zu, aber als ich ihn ausdruckslos anstarrte, biss er sich auf die Lippen und fuhr fort: «Und dann bin ich auf der Alankostraße hingefallen, kurz nachdem ich mich von Maria verabschiedet hatte. Danach war der Vorderreifen vom Klapprad verbogen, und es war fürchterlich mühsam, darauf zu fahren. Ich dachte mir, es wäre leichter, mir in Kyykeri ein ordentliches Rad zu holen.»
    «Warum denn das? Bis da ist es doch von der Alankostraße fast genauso weit wie nach Sysmäjärvi? Wr können übrigens nachprüfen, ob das Klapprad wirklich kaputt ist. Jedenfalls haben die Typen, die dich gesehen haben, nichts dergleichen gesagt. Denk dir eine bessere Story aus, Johnny!»
    Ich brachte es nicht mehr fertig, den Mund zu halten, es war zu offensichtlich, dass Johnny log.
    «Sie hatten ein Verhältnis mit Meritta Flöjt?» Koivu schleuderte die nächste Frage ab.
    «Ja.»
    «War das der Grund für das Scheitern Ihrer Ehe ? » Genau diese Fragen hätte ich Johnny auch stellen wollen, aber ich wäre nie im Leben dazu fähig gewesen.
    «Nein.»
    «Wollten Sie Meritta Flöjt heiraten, wenn Ihre Scheidung ausgesprochen war?»
    Koivu sprang zur nächsten Frage über, bevor Johnny seine einsilbige Antwort ganz herausgebracht hatte.
    «Darüber haben wir nicht gesprochen. Macht dir das hier Spaß?» Wieder wandte sich Johnny an mich. Als ich ihm keine Antwort gab, sprang er vom Sofa auf und stellte sich direkt vor den Schreibtisch.
    «Ich habe Meritta nicht umgebracht. Ich habe sie nicht mehr gesehen, nachdem ich das Bergwerk verlassen hatte. Worauf willst du eigentlich hinaus?»
    «Warum lügst du die ganze Zeit?», gab ich zurück und starrte auf die aufgerissenen Knöchel an Johnnys rechter Hand, die die Schreibtischkante umklammerte. Die blauen Hecken am Kinn und am Körper waren auf der linken Seite ‐ wieso waren dann die Knöchel an der rechten Hand verletzt? Er hätte sich doch die linke Handfläche aufreißen müssen, wenn er mit dem Fahrrad nach links gestürzt war.
    «Was ich eben gesagt habe, ist die Wahrheit.» Johnny zog sich wieder auf das Sofa zurück. «Sicher, man konnte auf dem Klapprad noch fahren, aber nicht sehr gut. Vielleicht haben die Männer es nicht gemerkt, ich bin den Hügel hin-aufgefahren, als sie mir entgegenkamen, da fährt es sich so wieso schlecht. Aber das Rad ist kaputt, guckt es euch doch an! Es steht bestimmt noch bei Tuija in Kyykeri.»
    Johnnys Blick wanderte nervös von mir zu Koivu. Ich erinnerte mich, wie Johnny sich gedreht und gewunden hatte, als er meinen Einsatz in der Fußballmannschaft lobte und zu verbergen versuchte, wie erleichtert er war, dass er mich nicht bitten musste zu gehen. Mit jedem Satz hatte er sich nur noch tiefer hineingeritten. Genauso schien es jetzt zu gehen.
    Wir hatten keinen Grund, Johnny zu verhaften. Dass er gelogen hatte, machte ihn noch nicht zum Mörder. Aber log er, um sich selbst zu schützen, oder deckte er jemand anderen?
    Vor fünfzehn Jahren hatte ich oft davon geträumt, Johnny aus irgendeiner Klemme zu helfen. Meine Träume verliefen immer in dieser Richtung: Johnny wartete passiv auf Rettung, ich war die aktive Retterin. Ich trotzte allen Gefahren, ob Gewitter oder Mördern, und zur

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