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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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sehr überzeugend, er wusste ja, wie Koivu und ich zueinander standen.
    «Kanntest du die Tote übrigens?»
    «Nur flüchtig. Mach dir deswegen keine Sorgen. Hast du Warshawski schon gesehen?»
    Die Suche nach V. I. Warshawski und ihrer Stammkneipe war unser Lieblingsvergnügen gewesen, als ich Antti in Chicago besucht hatte.
    «Keine Zeit. Außerdem würde ich viel lieber dich sehen.»
    Ich beeilte mich, das Gespräch zu beenden, bevor die Sehnsucht mich endgültig überwältigte.
    Nach zwei Whiskys entschloss sich Koivu, noch einmal bei Anita anzurufen.
    Diesmal legte sie erst auf, als Koivu ihr sagte, wo er war.
    «Was ist denn eigentlich mit ihr los ? », fragte ich. Ich hatte zwar selbst eine eindeutige Antwort parat, aber ich wagte nicht, sie auszusprechen. Für mich hatte Anita nur einen Fehler: chronische Beklopptheit.
    «Bei uns stimmt es schon seit einer ganzen Weile nicht mehr.» Koivu stopfte sich Penas selbst eingelegtes Sauerkraut in den Mund, das mit dem Whisky und den Bratwürsten, die wir im Gefrierschrank gefunden hatten, unser Abendessen darstellte. «Wir hatten den Hochzeitstag ja schon praktisch festgelegt, Ende August, aber dann meinte Anita, es wäre doch schöner, im Winter zu heiraten, kurz vor Weihnachten, wenn Schnee liegt … jetzt redet sie davon auch nicht mehr.»
    «Willst du sie denn noch heiraten?»
    «Ja, ich glaube schon. Oder … ach, ich weiß nicht. Sie ist manchmal so fanatisch.
    Ich mag zwar auch keine zimperlichen Frauen, aber Anita ist so unnachgiebig.
    Und bisher war mir noch nicht aufgefallen, dass sie diese verrückten Nazisympathien hat.»
    «Kann man vernünftig mit ihr reden?»
    « Sie kann nicht so gut zuhören. Sie predigt, und ich sage ja.» Koivu sah unglücklich aus. Ich hatte wieder einmal Lust, ihm zu sagen, er solle Anita vergessen, war aber klug genug, den Mund zu halten. Koivu brauchte keine Ratschläge, sondern jemanden, der ihm zuhörte.
    Wir redeten fast bis zwei Uhr, bevor wir uns schlafen legten, ich in meiner Kammer, Koivu auf dem Sofa in der Wohnstube. Seine Sorgen hielten ihn nicht wach, im Gegenteil: Schon nach ein paar Minuten hörte ich sein fröhliches Whiskyschnarchen. Ich betrachtete die blassen Sterne, die durch die Vorhänge blitzten, und überlegte, ob irgendwer Merittas Handtasche gefunden hatte.

Sieben
    «Nach dem bisherigen gerichtsmedizinischen Befund handelt es sich mit größter Wahrscheinlichkeit um Tod durch Fremdverschulden.»
    Kriminalhauptkommissar Järvisalo blickte sich um, offensichtlich zufrieden mit der Wirkung, die sein Spruch hatte. Antikainen war rot vor Eifer, Järvi starrte den Kommissar verblüfft an. Ich war sicher, dass ich auch kein klügeres Gesicht machte. Nur Koivu saß unbewegt da.
    «Wir wissen nämlich noch nicht, ob es Mord, Totschlag oder fahrlässige Tötung war», setzte Järvisalo hinzu. Mir schien, dass er schon für das Interview im Regionalfunk übte. «Ein gewaltsamer Tod auf jeden Fall, und definitiv nicht von eigener Hand.»
    Gegen die Kälte, die in mir hochkroch, kamen selbst Järvisalos Phrasen nicht an.
    «Da wären wir also mal wieder», seufzte ich Koivu zu, der neben mir saß. Er drückte mir unter dem Tisch die Hand, und meine seelische Temperatur stieg um ein paar Grad.
    «Ich habe hier einen Durchsuchungsbefehl, wir können im Haus der Verstorbenen Nachforschungen anstellen. Sag mal, könntest du, Maria … würde die Ortspolizeidirektorin uns begleiten, die Tochter der Verstorbenen hält sich wohl in der Wohnung auf… »
    Das war zwar nicht meine Aufgabe, aber ich stimmte zu. Ich war neugierig, Merittas Haus zu sehen, vor allem ihr Atelier. Und Aniliina.
    Die Flöjts wohnten nicht weit von der Plörre. Vom Hof aus sah man den gelblichen Hügel des Alten Bergwerks, der Schatten des Turms schien genau vor dem Haus zu enden.
    Als Aniliina die Tür öffnete, brachte Järvisalo kein Wort heraus. Er starrte Aniliina an, die mehr tot als lebendig aussah. Sie trug einen engen schwarzen Pulli und dicke schwarze Leggings, ihre Kleidung ließ die herausstehenden Rippen und Hüftknochen deutlich erkennen. Ihr Gesicht war schneeweiß, die Hände so durchsichtig und mager, dass ich durch die linke Hand hindurch fast den Türknauf sehen konnte. Nur die Augen lebten, sie waren dunkel und zornig.
    «Tag, Aniliina. Ich bin Maria Kallio, und diese beiden sind Pertti Järvisalo und Pekka Koivu von der Polizei», sagte ich. «Wir müssen eine Hausdurchsuchung machen. Ist Kaisa hier?»
    «Die ist zum Training.

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