Kupferglanz
untere Etage. Die Tür zu den Saunaräumen war abgeschlossen.
«Aniliina! Ich binʹs, Maria. Bist du okay?»
Sie zitterte, als sie die Tür öffnete.
«Hab keine Angst, der Typ ist weg. Ich bleibe über Nacht hier. Was ist passiert?»
Aniliina erzählte, sie hätte nicht einschlafen können und ein Bad nehmen wollen.
Sie hätte gerade das Wasser eingelassen gehabt, als sie aus dem Obergeschoss Geräusche hörte. Auf dem Weg in die untere Etage hatte sie alle Lichter gelöscht, und das Badezimmer hatte kein Fenster. Offenbar hatte der Einbrecher geglaubt, sie schliefe oder wäre nicht zu Hause.
Obwohl ich ihr versicherte, dass ich die ganze Nacht bei ihr sein würde und der Streifenwagen regelmäßig vorbeikäme, mochte Aniliina nicht mehr im Haus bleiben. Zu ihrer Großmutter wollte sie auf keinen Fall.
«Bei mir in Kuusikangas ist ein Sofa frei, du kannst mit zu mir kommen, wenn du keine Allergie gegen Katzen hast», sagte ich schließlich.
Aniliina ging, um ein paar Sachen einzupacken. Während ich auf sie wartete, kam Järvi mit einer Handtasche aus orangefarbenem Wildleder aus dem Atelier.
«Die hat er zurückgebracht», sagte er aufgeregt. «Es war der Mörder, oder?»
«Bestimmt. Verflixt nochmal, hättet ihr doch bloß euer Martinshorn abgestellt!»
Ich bemühte mich, mir die hockende, dunkle Gestalt ins Gedächtnis zu rufen, sah aber nur eine verschwommene Figur, die alles getan hatte, um sich unkenntlich zu machen. Gesicht und Haare waren unter einer Skimütze verborgen gewesen.
Der Kerl war etwas größer als ich, da war ich mir sicher, nach der Höhe, aus der ich seinen schnaufenden Atem gehört hatte, als er an mir vorbeilief. Und wie er gerochen hatte … War mir sein Geruch nicht irgendwie bekannt vorgekommen?
«Holt bitte Handschuhe aus dem Wagen, wir wollen uns den Inhalt der Tasche mal ansehen. Ihr könnt sie dann den Männern von der Spurensicherung geben, wenn die morgen aus Joensuu anrücken, um im Haus nach Fingerabdrücken zu suchen.» Ich fasste die Tasche vorsichtig am Riemen an. Das Wildleder strömte einen schwachen Parfümduft aus, vermischt mit einer Spur von muffigem Zigarettenqualm. Seltsam. Meritta hatte nicht geraucht. An einer Seite war ein dunkler Fleck zu sehen, ich erinnerte mich an die Bowle, die Aniliina bei der Party verschüttet hatte.
Aniliina wandte keinen Blick von der Handtasche, als wäre der Verschluss mit dem orangefarbenen Stein das hypnotisierende Auge einer Kobra. Dachte sie an ihre letzte Begegnung mit ihrer Mutter, an den Streit? Als Järvi zurückkam, trug ich die Tasche aus Aniliinas Blickfeld zum Rauchtisch, zog Wegwerfhandschuhe aus Gummi an und öffnete Merittas Tasche.
Nichts Besonderes, nur Antibabypillen, Geldbörse und Make-up. Puder, Wimperntusche, eine Lidschattenpalette in Orange-und Goldtönen, Konturstift und Lippenstift im gleichen leuchtenden Orange wie Merittas Kleid. In der Geldbörse eine Kreditkarte, ein Leserausweis für die Bücherei, einige Mitgliedskarten, ein Foto von Aniliina, auf dem sie etwa sechs Jahre alt war und runde Bäckchen hatte, und etwas Kleingeld.
«Fehlt noch etwas außer den Schlüsseln?»
Aniliina starrte nur. «Der Skizzenblock», sagte sie endlich. «Den hatte Mami immer bei sich, obwohl sie ihn nicht so oft zum Skizzieren benutzt hat. Sie hat Einkaufslisten draufgeschrieben, und Telefonnummern. Aber sonst ist wohl alles da … »
«Was für Schlüssel hatte sie am Schlüsselbund?»
«Außer dem Hausschlüssel noch den zum Bergwerksgelände. Und dann hingen da noch irgendwelche kleinere Schlüssel dran, vom Koffer und vom Vorhängeschloss am Schuppen und so.» Aniliina sah so erschöpft aus, dass ich beschloss, sie erst am nächsten Morgen weiter zu befragen. Vor der Abfahrt nach Kuusikangas zwang ich sie, ein Dormicum zu schlucken. Bei ihren knapp vierzig Kilo war das eine ziemliche Dosis, und sie lag kaum auf meinem Sofa, als sie auch schon schlief. Ich versuchte meinen Ärger mit einem großen Schluck Whisky herunterzuspülen, aber es gelang mir nicht.
Was hatte der Kerl in Merittas Haus gesucht? Warum hatte er die Handtasche mitgebracht? Und sein Geruch … warum kam mir der so bekannt vor?
Acht
Als ich am nächsten Morgen erwachte, duftete es herrlich nach Kaffee. Jemand polterte in der Wohnstube. Es dauerte eine Weile, ehe ich mich erinnerte, was letzte Nacht passiert war.
Aniliina lächelte verlegen, als ich in die Stube kam.
«Das ist ja richtiger Luxus, den Kaffee fertig serviert zu
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