Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kupferglanz

Titel: Kupferglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
Vom Netzwerk:
bekommen.» Ich schmierte ein Butterbrot und goss mir Joghurt auf einen Teller. Zu meiner Verblüffung aß auch Aniliina eine Apfelsine und ein Schüsselchen Joghurt, dabei war er nicht mal fettfrei.
    «Die Katze ist echt lieb. Sie hat die ganze Nacht auf meinen Füßen geschlafen. Ich wollte auch immer eine Katze, aber Mami ist allergisch.» Aniliina merkte, was sie gerade gesagt hatte. Tränen stiegen ihr in die Augen. «Na, jetzt kann ich mir ja eine Katze zulegen», murmelte sie. «Obwohl, Mami mochte auch Katzen. Sie war traurig, weil wir keine … Vielleicht würde ich doch lieber Mami… » Aniliina wehrte sich nicht, als ich sie an mich zog. Ich spürte ihr Rückgrat und ihr Schlüsselbein durch den Stoff des lila Flanellpyjamas. Die Muskeln rund um das Rückgrat fühlten sich an wie vertrocknete Sehnen, das kurzgeschorene Haar wirkte wie Hanfwerg. Als hielte ich eine verdorrte Pflanze im Arm. Aniliina weinte ein wenig. Nachdem sie sich beruhigt hatte, erklärte sie, sie wolle zurück nach Hause.
    «Tagsüber hab ich keine Angst, und die Polizisten gucken ja auch ab und zu vorbei. Vater kommt sicher heute Abend.»
    Ich brachte sie nach Hause und warf bei der Gelegenheit noch einen Blick auf Merittas Bilder.
    «Kann ich ein paar von denen aufs Revier mitnehmen? Ich hab das Gefühl, dass sie etwas bedeuten könnten.»
    Ich holte die Bergwerksbilder aus dem Stapel und starrte noch einmal Johnnys Porträt an.
    Aniliina bemerkte meinen Gesichtsausdruck und sagte bitter: «Genauso hat Mami den auch immer angeschmachtet. Na, immerhin war er besser als der Pokneifer vom letzten Sommer, dieser Hiltunen.»
    «Hat der dich etwa gekniffen?»
    «Ja. Er hat gesagt, das Mädchen hat fast genauso einen schönen Arsch wie die Mutter. Mami hatʹs gesehen und den Hiltunen ruck, zuck aus dem Haus geworfen.»
    Das konnte ich mir lebhaft vorstellen. Den Zeitungsartikeln nach hatte Meritta zwar sehr viel für Erotik übriggehabt, aber gegen sexuelle Belästigung und Bordelle gewettert. Es war kaum denkbar, dass sie sich weiter mit einem getroffen hätte, der kleine Mädchen in den Po zwickt.
    «Die Typen in der Schule haben mich auch immer gezwickt und mir nachgerufen, ich wäre die Tochter der Königin der erotischen Kunst. Mami hatte keine Ahnung, dass ich den ganzen Scheiß, den sie in den Illustrierten verzapft hat, an den Kopf geworfen kriege.»
    «Vielleicht haben sie dich bloß um deine berühmte Mutter beneidet.»
    «Quatsch! Wenn Mami so jemand gewesen wäre wie Kaisa, dann ja. Aber so …
    Sie fanden sie einfach seltsam, obwohl man auf ihren Bildern sogar erkennen kann, was sie darstellen.»
    Ich überlegte, ob Aniliina davon krank geworden war, von der furchtbaren Angst, anders zu sein, und dem Bedürfnis, akzeptiert zu werden. Wenn sie sonst schon nicht über ihr Leben bestimmen konnte, hatte sie immerhin Macht über ihr Gewicht. Wenn der Konformitätsdruck in Arpikylä immer noch so stark war wie in meiner Jugend, konnte ich Aniliina verstehen. Sie hatte nicht meine Widerborstigkeit, also ließ sie ihren Hass und ihre Beklemmung an ihrem eigenen Körper aus.
    Auf dem Revier war es immer noch ruhig, ich stürzte mich wieder auf den Papierkram. Jussi hatte im letzten Winter ziemlich viele Fälle zu bearbeiten gehabt, überraschend viele Anklageerhebungen steckten noch in den Anfängen, und auch bei den Zwangsvollstreckungen war einiges aufzuarbeiten. Vielleicht hatte er sich eher nach ein paar dienstfreien Monaten gesehnt als danach weiterzustudieren. Und ich hatte gedacht, im Ortspolizeibezirk Arpikylä gäbe es nichts zu tun.
    Gegen Mittag rief Koivu an.
    «Neuigkeiten. Du wirst es nicht gern hören, aber von den Fingerabdrücken auf dem Schmuck stammt ein Satz von Matti Virtanen.»
    « O Scheiße! Hätte ich ihm doch den Spiegel nicht gegeben!»
    «Du glaubst doch selbst nicht, dass du dir das wünschst. Du willst doch die Wahrheit herausfinden. Ich rede mit den Virtanens, sobald ich kann, aber hier ist einiges los. Du hast ja mitgekriegt, dass sich die Skinheads und die Somalis im Krankenhaus geschlagen haben. Die Besucher hatten ihnen Waffen mitgebracht, sie waren nicht richtig durchsucht worden. Beide Seiten stellen den Verlauf natürlich völlig unterschiedlich dar.»
    « Und Anita? »
    «Wir haben uns kaum gesehen, sie hatte Nachtschicht. Morgen ist ihr Geburtstag, da muss ich mir wohl was einfallen lassen.»
    «Viel Glück. Hast du schon gehört, was letzte Nacht bei Höjts passiert ist?» Wir quasselten,

Weitere Kostenlose Bücher