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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Meritta nicht ermordet hast, dann hast du mit der falschen Person gesprochen. Die Ermittlungen liegen nicht bei mir, sondern beim Kriminaldezernat.»
    «Darum gehtʹs mir nicht. Was ich sagen will, ist: Nimm dir Johnny, wenn du ihn willst. Und du willst ihn doch seit fünfzehn Jahren ? »
    Tuija drehte sich wieder zu mir um, ein boshaftes Lächeln im Gesicht.
    «Man siehtʹs dir immer noch an, geradezu rührend! »
    Ich wollte kein Wort mehr hören und rannte raus. Sobald ich die Tür hinter mir zugemacht hatte, kamen die Tränen. Ich fühlte mich genauso idiotisch wie in der Schulzeit.
    «Hat es so wehgetan?», fragte Lasarov, der in der Wachstube saß, als ich zum Revier zurückkam, um meine Sachen zu holen.
    «Sie hat genau auf den Nerv getroffen.» Lasarov nickte mitfühlend. Nach einem Zahnarztbesuch war es selbst Polizisten erlaubt, über Schmerzen zu klagen. Ich wusste, dass sich Schmerz am besten durch einen anderen Schmerz vertreiben lässt, also verzog ich mich in den Fitnessraum unter dem Schwimmbad.
    Der sogenannte Fitnessraum war ein kleiner, nach Schweiß riechender Kellerraum, dessen Geräteauswahl hauptsächlich aus verschiedenen Scheibenstangen und Hantelbänken bestand. Erst in den letzten Jahren waren ‐ auf Kaisas Wunsch, wie es hieß ‐ ein paar andere Geräte angeschafft worden. Es schien mir unglaublich, dass eine der besten Speerwerferinnen der Welt unter so primitiven Bedingungen trainierte.
    Hatte Kaisa der Stadt Arpikylä etwa nicht genug Prestige eingebracht? Oder hatte der Sportstar das falsche Geschlecht?
    An den Geräten zum Beinaußen-und ‐innendrücken war nichts auszusetzen. Ich trainierte gut eine Stunde lang und beobachtete gleichzeitig amüsiert die unter den Gewichten ächzenden Männer, die sich ganz offensichtlich besonders anstrengten, weil sie eine neue, wenn auch bekannte Frau im Kraftsportkeller entdeckt hatten. Auf die Stangen wurden zehn Kilo mehr aufgelegt als normal, und wer sein Gewicht hochgekriegt hatte, posierte ausgiebig.
    Nachdem ich zum Schluss zehn Minuten unter der Dusche gestanden hatte, war ich bereit für einen Besuch bei Jaska.
    Ich hatte das Gefühl, dass Jaska etwas über Merittas Tod wusste. Es hätte mich nicht gewundert, wenn er der Einbrecher von gestern Nacht gewesen wäre.
    Dagegen sprach nur, dass er wohl jederzeit in Merittas Haus suchen konnte, worauf er aus war. Jaska und seine Mutter wohnten in einem der sogenannten Wohntürme in der Nähe meines alten Gymnasiums. Die Häuser waren dreistöckig, aber als sie gebaut wurden, waren sie die ersten Etagenhäuser in Arpikylä, daher der Name. Jaskas jüngere Schwester öffnete und sagte, ihr Bruder wäre mit seiner Band bei der Probe.
    «Die proben noch im selben Keller wie ihr damals. Ich weiß nicht, wer da jetzt alles mitspielt, aber geh doch einfach mal hin.» Jaana erzählte mir auch, dass Aniliinas Vater vor ein paar Stunden angekommen war.
    Ich überlegte, ob ich wirklich zum Proberaum gehen sollte. Womöglich war Johnny auch da. Dann gab ich mir einen Ruck und überwand meine Memmenhaftigkeit, aber aufgeregt war ich doch. Ich war seit zehn Jahren nicht mehr im Probekeller gewesen, es kam mir seltsam vor, die Höhle wieder zu sehen, in der ich die schönsten Momente meiner Schuljahre verbracht hatte. Der Proberaum war eigentlich der Luftschutzkeller des Gymnasiums. Noch an der Kellertür war nichts zu hören, aber als ich sie aufdrückte und die Treppe hinunterstieg, hörte ich, dass mindestens ein Teil der Band die Verstärker voll aufgedreht hatte. Im Gang hing der vertraute Geruch nach Zigaretten, Bier und Pommes, der hellgelbe Wandanstrich war fast völlig abgeblättert. Es kam mir vor, als stiege ich die Steintreppe hinab in meine Pubertät.
    Es waren fünf: Jaska, der Gitarrist, Johnny, der zweite Gitarrist und Vokalist, Pasi, der alte Schlagzeuger der Synthetischen Tiger, ein etwa fünfzehnjähriger Bassgitarrist und ein Keyboarder, der mir vage bekannt vorkam, alles Männer.
    Sie starrten mich verwundert an ‐ bis auf Johnny, der an die Decke schaute.
    «Ciao. Ich hätte was mit Jaska zu besprechen.»
    «Hast duʹs eilig? Stummel muss in einer Stunde gehen.» Jaska zeigte auf den Bassisten. «Wenn du Zeit hast, setz dich und hör zu.»
    Ich wusste nicht recht, was ich tun sollte. Pasi zündete sich eine Zigarette an, deren Rauch die kleine Höhle im Nu anfüllte. Leere Bierflaschen dienten als Aschenbecher, genau wie vor fünfzehn Jahren. Johnny saß am Tisch und stimmte die

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