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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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Selbstvorwürfe konnten Jaska zwar nicht mehr zum Leben erwecken, aber ich machte sie mir trotzdem. Vielleicht würde ich diesen Fehler kein zweites Mal begehen.
    Jaana öffnete mir. Sie sprach unnatürlich ruhig und etwas verschwommen, was sicher von dem Beruhigungsmittel kam.
    «Mutter schläft, wolltest du mit ihr sprechen?»
    «Nein, ich würde nur gern Jaskas Zimmer durchsuchen. Ich habe keine Genehmigung dafür, erlaubt ihr es ? »
    «Ich erlaube alles, was dieser Sterberei ein Ende macht. Da drüben links.»
    Jaska und seine Mutter lebten in einer kleinen Dreizimmerwohnung, das größere Schlafzimmer neben dem Bad war Jaskas Zimmer gewesen. Die Tür zu dem Zimmer hinter der Küche war geschlossen, das Wohnzimmer stand voller Blumen.
    An Jaskas Zimmertür hing ein Tourneeplakat von seiner früheren Band, in der er vor ein paar Jahren gespielt hatte. Auf dem Plakat schaute Jaska grimmig unter seiner langen Mähne hervor. Ich öffnete die Tür und betrat das Zimmer, in dem sich Zigarettengestank festgesetzt hatte. Es war schwer zu glauben, dass hier ein dreißigjähriger Mann gewohnt hatte. Wenn ich es nicht gewusst hätte, hätte ich auf einen Fünfzehnjährigen getippt.
    Die Wände waren mit Postern bedeckt ‐ Rockbands, Motorräder und vor allem nackte Frauen. Lüstern dreinschauende Blondinen mit hochgerecktem Hintern am Strand, Madonna, die sich zwischen den Beinen kraulte. Ganz offensichtlich war das Zimmer erst kürzlich sauber gemacht worden, aber der Gestank aus dem alten Aschenbecher war nicht wegzukriegen.
    Jaskas schlechtere elektrische Gitarre lag auf dem Bett, die bessere lehnte im Kasten an der Wand. Im Bücherregal lagen Pornomagazine, Jerry-Cotton‐Hefte und Bücher von Stephen King bunt durcheinander. Die Noten dagegen standen in bester Ordnung in Heftern, auf deren Rücken Jaska in krakeliger Blockschrift geschrieben hatte, was sie enthielten. Rainbow, Ramones, Rolling Stones. Auf dem schönsten Hefter stand EIGENES.
    Ich schlug ihn auf. Haufenweise handgeschriebene Stücke, zum Teil mit selbst gezogenen Notenlinien auf Karopapier, zum Teil nur der Text und die Akkordbezeichnungen. Songs mit drei Akkorden und zwanzig Worten Englisch.
    Rock, baby, fuck. Meine Tränen tropften auf Jaskas Papiere und verwischten die zweite Strophe eines Songs namens «Avenger». In der ersten und zweiten Klasse der Oberstufe hatte Jaska hinter mir gesessen und meistens gedöst, zwischendurch aber auch seine Stücke komponiert. Wenn er eins fertig hatte, klopfte er mir auf den Rücken und bat um meinen Kommentar. War es schlecht, lobte ich es und korrigierte die Schreibfehler. Wenn es auch nur halbwegs brauchbar war, machte ich Verbesserungsvorschläge. Allerdings glaube ich nicht, dass seine Werke dadurch sehr viel besser wurden ‐ ich verstand vom Songschreiben noch weniger als er.
    Im Regal stand auch eine alte Schachtel mit der Aufschrift BAND-FOTOS. Ich nahm blindlings ein paar Bilder heraus. Natürlich war eins von Rattengift dabei, fünfzehn Jahre alt. Wir trugen allesamt schwarze Lederjacken und weiße TShirts, die Haare standen uns vom Kopf ab. Auf dem Foto versuchte Jaska dreinzuschauen, als könnte er gleichzeitig spielen und Pogo tanzen, während ich tat, als würde ich mich übergeben. Wie ich gehört hatte, war der Schlagzeuger unserer Band, der auch in meine Klasse gegangen war, inzwischen Rektor einer Gesamtschule in Kuopio, der zweite Gitarrist lebte als arbeitsloser Elektromonteur in Tampere.
    Auf dem Schreibtisch stand Jaskas Stereoanlage. Ich musste mit mir kämpfen, um nicht in seiner Plattensammlung zu stöbern. Stattdessen durchsuchte ich die Schubladen der Kommode und den Kleiderschrank. In den Schubladen lagen noch härtere Pornos und diverse Kleidungsstücke. Ich fuhr mit den Händen dazwischen, fand aber keine Kiste oder Schachtel, auf die der Schlüssel hätte passen können.
    Im Schrank hingen zwei Jeans, zwei Oberhemden und der dunkelblaue Anzug, den Jaska bei der Abiturfeier getragen und danach ganz offensichtlich nicht mehr angehabt hatte. Auf dem Einlegeboden lagen Fußballschuhe. Ich spähte dahinter.
    Nichts als Staub.
    Auch unter dem Bett war nichts.
    Ich setzte mich auf Jaskas Bett und überlegte. Warum hatte er mir den Schlüssel hinterlassen, aber keinerlei Hinweis gegeben, was ich damit anfangen sollte?
    Noch einmal las ich seinen Brief. Er enthielt keine Geheimbotschaft, weder aus den Anfangsbuchstaben noch aus den zweiten oder dritten Buchstaben der Wörter ließ sich

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