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Kupferglanz

Titel: Kupferglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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gedacht?
    «Erbst du übrigens Merittas Sitz in der Stadtverordnetenversammlung?»
    Matti starrte mich verblüfft an und schüttelte den Kopf.
    «Das werde ich wohl übernehmen müssen, denn der Dritte auf der Liste wohnt nicht mehr hier. Aber du kannst doch nicht annehmen, dass ich deshalb einen Mord begehen würde. Ich will ja gar nicht in die verdammte Stadtverordnetenversammlung!»
    «So war das auch nicht gemeint.»
    Als hätte er mir gar nicht zugehört, sagte Matti: «Ein völlig absurdes Unterfangen, die Kommunalpolitik in Arpikylä.
    Über die Hundesteuer streiten sie sich stundenlang, aber die großen Grundstücksgeschäfte gehen kommentarlos durch. Oder sie wären durchgegangen, ohne Meritta. Allein kannst du da gar nichts ausrichten, alles wird schon vorher in den Fraktionssitzungen ausgeklüngelt. Und ich hab nicht die Kraft, mit dem Kopf gegen die Wand zu rennen wie Meritta.» Mattis Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass er die Arbeit in der Stadtverordnetenversammlung für reine Zeitverschwendung hielt.
    Ich überlegte, ob ich Matti nach Merittas Bildern von den Bergwerkshöhlen fragen sollte, ließ es dann aber bleiben. Lieber erst mit Ella reden. Matti fragte nicht weiter, sondern verzog sich folgsam. Durch das Fenster sah ich ihn ohne Regenschirm Richtung Hauptstraße gehen. Erst da wurde mir klar, dass er nicht nach Jaska gefragt hatte. Bekam er die Gerüchte nicht mit, die in Arpikylä umliefen?
    Ich kämmte die Küche durch, bevor ich mir die anderen Räume vornahm. Die Kunstschule war den Sommer über geschlossen, daher standen und hingen überall fertige Arbeiten vom Frühjahr: Aquarelle von Frühlingslandschaften, Gipsfiguren, Fotografien … Die kühnsten Arbeiten stammten meist von Kindern.
    Die Kunstschule bot auch Kurse für Erwachsene an, aber ihren Werken war nur allzu oft anzusehen, dass der Kunsterzieher in der Volksschule ihnen gesagt hatte, ein Hund hätte keinen grünen Schwanz, dafür gäbe es eine Fünf. Ich vergaß die Zeit, sah mir Zeichnungen an, freute mich an den Steinen aus dem Plörregebiet, die in einem der Zimmer auf dem Fußboden aufgehäuft waren, bestaunte eine hervorragende Bilderserie von einem Weidenröschenbeet in verschiedenen Stadien der Blüte. So etwas hatte es zu meiner Zeit in Arpikylä nicht gegeben, damals hatte sich das Freizeitangebot für Jugendliche auf den Sportverein und das Blasorchester beschränkt.
    Himmel nochmal! Ich wollte doch das Schloss zu Merittas Schlüssel suchen.
    Ich ging alle Schränke und Schubladen durch, die ich in dem gut zweihundert Quadratmeter großen Haus fand. Ich spähte hinter Papierrollen und in Farbdosen, öffnete sogar ein Arzneischränkchen, das sich als leer erwies. Nichts.
    In einem ehemaligen Schlafzimmer, das offenbar den Lehrern als Aufenthaltsraum diente, fand ich schließlich einen Schrank mit der Aufschrift M.
    Flöjt. Darin hingen nur ein Handtuch und ein paar Kittel, aber auf dem Schrankboden stand ein Kästchen von der Größe eines Schuhkartons. Es hatte ein Schloss. Mit einem kleinen Juchzer hob ich es hoch.
    Das Kästchen war nicht verschlossen, und es war leer. War mir der Einbrecher doch zuvorgekommen ? Sicherheitshalber steckte ich den Schlüssel ins Schloss.
    Er passte nicht.
    Ich durchsuchte auch die Kitteltaschen, fand aber nur gebrauchte Taschentücher.
    Warum zum Teufel schrieben die Leute kein Tagebuch! Wenn Meritta eins geführt hätte, könnte ich alle ihre Geheimnisse darin aufspüren.
    Ich fühlte mich miserabel. Schon wieder Fehlanzeige, und das Gespräch mit Ella stand mir auch noch bevor. Ich ging zurück aufs Revier und telefonierte die Banken durch. Meritta hatte bei keiner ein Schließfach gehabt. Der Bankdirektor, über dessen großzügige Kreditgewährung ich in der Konkurssache Saastamoinen gestolpert war, fing an, mich lang und breit über Merittas Finanzangelegenheiten zu unterrichten, und war beleidigt, als ich ihm sagte, darüber brauchte ich jetzt keine Informationen.
    «Ich bin es eben gewöhnt, dem Jussi zu helfen, und wir nehmen es mit dem Bankgeheimnis nicht so genau, wo er doch zur Verwandtschaft gehört… »
    «Ach, sind Sie miteinander verwandt?»
    «Unsere Frauen sind Schwestern.»
    Ich legte auf und vergaß Meritta vorübergehend. Kein Wunder, dass Jussi, der reguläre Ortspolizeidirektor, es vorgezogen hatte, nicht im Amt zu sein, wenn in der Konkurssache der Baufirma Saastamoinen Anklage erhoben wurde. Jussis Frau war die Schwester der Frau des Bankdirektors.

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