Kupfervenus
diesmal als Kredithai.«
In Rom leben die meisten Menschen auf Pump. Vom Tempelreiniger bis hinaus zum Konsul schleppt fast jeder die meiste Zeit seines Lebens Schulden mit sich rum. Die Angehörigen der gehobenen Gesellschaftsschicht können mit ihren Hypotheken jonglieren; die weniger Begünstigten klappen irgendwann unter der Last ihrer fünf Prozent Zinsen zusammen und verschachern ihre Söhne als Gladiatoren und ihre Töchter als billiges Bordellfutter.
»Und was ist mit dem Hortensius-Triumvirat, Petro? Arbeiten die mit ähnlichen Methoden?«
»Allerdings, auch wenn sie sich die Finger nicht ganz so dreckig machen. Außerdem sind ihre Interessen scheint’s breiter gefächert.«
Ich erzählte ihm, was ich von dem Konditor über Pollias Anteile an Getreidefrachtern wußte. »Sieht so aus, als hätte Novus auf ein ausgewogenes Portefeuille gesetzt: hier ein lukrativer Betrug mit Handelswaren, dort ein einträglicher Immobilienschwindel!«
»Ihr Geschäftsgebaren ist freilich nicht so brutal wie das von Priscillus. Als Hauswirte sind sie offenbar bloß schlechte Manager. Oder sollten sie sich etwa gleich graue Haare wachsen lassen, bloß weil ihre Mieter das Tageslicht durch die Mauern sehen können?«
»Klingt ja fast so gutmütig wie Smaractus!« scherzte ich.
»Ist aber leider gar nicht komisch. Im dritten Bezirk sind neulich drei Kinder ums Leben gekommen, als eine Decke einstürzte. Allein von Passanten, die sich gerade noch vor fallenden Dachziegeln und Balkongeländern retten konnten, werden die Hortensii im Schnitt einmal pro Monat verklagt! Es ist noch gar nicht lange her, daß irgendwo auf dem Esquilin eine ganze Mauer einstürzte und einen Mann unter sich begrub, der nur noch tot geborgen werden konnte. Aber die Hausbesitzer haben sich halt angewöhnt, selbst für noch so gefährliche Bauruinen keinen Finger zu rühren; ihre Effekten sind ja gesichert, auch wenn der Gegenwert nur aus abbruchreifen Trümmerhaufen besteht …«
»Die man noch dazu mit Gewinn wieder aufbauen kann?«
»Du sagst es!« Petro ballte die Fäuste. »Aber in erster Linie machen die Gauner ihren Profit durch diesen Schwindel mit den Seriendarlehen.«
»Was ist denn das?«
»Ja lebst du denn auf dem Mond, Falco?« Petronius schien fassungslos über so viel Naivität. Er war argwöhnischer gegen Betrug und Bauernfängerei als ich; kein Wunder – als festbestallter Offizier verfügte er bisweilen über genug Bargeld, um etwas investieren zu können. Manchmal verlor er dabei – aber nicht so oft wie die meisten anderen; er hatte einen unheimlichen Riecher fürs Geschäft. »Die Advokaten mit ihrem Juristenlatein nennen sowas ›Hypotheken‹. Kannst du mir folgen?«
»Ich bin ja nicht blöd … Und was steckt nun dahinter?«
»Eine Scheintransaktion, Falco!«
»Von Hypotheken hab ich schon irgendwo gehört oder gelesen. Ist das nicht der Begriff, den Anwälte benutzen für eine Bürgschaft, die durch Grundeigentum gedeckt ist? Aber keine Ahnung, wie eine Scheintransaktion funktioniert.«
»Also, mal angenommen, die Hortensii besitzen ein Haus und nehmen ein Darlehen auf, für das sie mit besagter Immobilie bürgen. Dann wiederholen sie das ganze – dasselbe Haus, aber ein neuer Geldgeber; und dann noch ein drittes Mal und immer weiter, so oft es geht. Sie suchen sich dazu einfältige Investoren raus, die nicht wissen – oder sich nicht danach erkundigen –, daß bereits frühere Schuldverschreibungen bestehen.«
»Das heißt, sie belasten das Haus zum vollen Wert mit Hypotheken, und das so oft, wie sie einen Dummen finden?«
»Na, jetzt dämmert’s doch endlich in diesem betrunkenen kleinen Hirn! Nächster Schritt: Die Hortensii kommen, wie du dir denken kannst, ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nach. Natürlich geht dabei das ursprüngliche Grundeigentum hops, was sie aber nicht juckt, denn sie haben schließlich ein Vielfaches des Gegenwerts in Form von Darlehen kassiert.«
»Aber was ist mit ihren Gläubigern, Petro? Können die sie nicht verklagen?«
»Die werden streng nach Reihenfolge abgefunden, angefangen mit dem ersten Vertragsdatum. Natürlich halten ein oder zwei sich schadlos, wenn das Haus unter den Hammer kommt; doch sobald der Verkaufspreis ausbezahlt ist, haben die übrigen Gläubiger ihren Anspruch verwirkt.«
»Was? Die sind überhaupt nicht abgesichert?«
»Sie sollten eben vor Vertragsabschluß Erkundigungen einziehen! Ihr Pech, wenn sie das nicht tun! Diese Art Betrug steht und fällt
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