Kupfervenus
daheim sei. Und das war er, sobald ich oben angekommen war.
Jeder, der ein Gebäude überwacht, sollte sich merken, wer reingeht, und dann darauf achten, daß derjenige auch wieder herauskommt. Ich bastelte ein Stolperseil und verband es mit einer eisernen Bratpfanne, die mit ihrem Scheppern das ganze Viertel aufwecken würde, wenn jemand sie im Dunkeln die Treppe hinunterstieß, aber niemand machte sich die Mühe, mir nach oben zu folgen. Der Palatin leistet sich eben bloß das billigste Personal. Ich wußte das, ich hatte selbst mal da gearbeitet.
XII
Am zweiten Tag meiner Observation blieb Severina Zotica offenbar zu Hause, um ihre neuen Schriftrollen aus der Bücherei zu lesen. Lieferanten brachten einiges für den Haushalt – Amphoren mit Olivenöl und Pökelfisch –, später kam eine Frau mit einem Handkarren voller Wollstränge angepoltert. Die Wagenräder waren schlecht justiert, und so schlenderte ich hinüber und lupfte hilfreich die Bodenplatte, als die Frau sich vergeblich mühte, ihre Last über einen Bordstein zu stemmen.
»Da will aber jemand arg fleißig sein!« kommentierte ich vorwitzig.
»Sie kauft immer auf Vorrat.« Die Wollhändlerin bewegte ihren üppigen Hintern rückwärts auf den Eingang von Severinas Haus zu und zerrte keuchend ihre Last hinter sich her. »Sie verwebt die Wolle selbst«, rühmte sie ihre Kundin. Das glaube, wer mag!
Gesetzt den Fall, ich hätte gehofft, mit meinem Tagebuch die Literaturkritik zu beeindrucken, dann wäre dies ein schlechter Auftakt gewesen: Frühstück, zum Mittagessen Lucaniaer Wurst (und anschließend Blähungen); nachmittags ein Hundekampf (ohne einen interessanten Biß) …
Am frühen Abend endlich schwenkte die Sänfte aus der Passage, gefolgt von einer mageren Zofe mit Kosmetikköfferchen in der einen Hand und Ölflasche nebst Frottierbürste am anderen Handgelenk baumelnd. Severina verschwand im selben Badehaus wie am Vortag, diesmal mit Zofe im Schlepptau. Eine Stunde später stolzierte sie wieder heraus und die Treppe hinunter. Ihre Sandalen waren vergoldet, eine goldgeflochtene Borte zierte den Saum ihres Gewandes, und was unter der unvermeidlichen Stola hervorlugte, sah mir ganz nach einem Diadem aus. Die Zofe, die Severina so herausgeputzt hatte, machte sich mit den abgelegten Kleidern ihrer Herrin und dem Schminkköfferchen zu Fuß auf den Heimweg, während die Träger Severina nordwärts zum Pincio beförderten: Eine Anstandsvisite bei den Hortensii war angesagt.
Sie hielt an Minnius’ Konditorstand und kaufte eines seiner weinlaubgefütterten Körbchen. Ich folgte ihr bis zum Torhaus der Hortensii und ließ mir vom Pförtner bestätigen, daß Madame heute mit ihrem Liebhaber speise. Da es fruchtlos schien, den ganzen Abend draußen rumzulungern, während die da drinnen schlemmten, ging ich zurück zu Minnius.
»Kauft Severina oft bei Ihnen?«
»Jedesmal, wenn sie Novus besucht. Er ist ein unersättliches Leckermaul. Die Familie kriegt regelmäßig was ins Haus geliefert, aber Severina bringt Novus immer noch was Extrafeines zum Schnabulieren mit.«
Ich kaufte noch mal einen Mostkuchen für meine Schwester, aß ihn aber auf dem Weg zu Helena selbst.
»Marcus! Kommst du mit deinen Ermittlungen voran?«
»Alle Fakten weisen den Vamp als braves Hausmütterchen aus, ein harmloses Mädchen, das sich emsig fortbildet und eines fernen Tages einen klassischen Grabstein ersehnt. Abgesehen von Sie blieb ihrem Gatten auch über den Tod hinaus treu, einem Spruch, den sie sich wohl abgeschminkt hat, bleibt da noch Keusch, tugendhaft und achtbar … Sie spann und webte Wolle … «
»Vielleicht ist sie wirklich eine achtbare Person!«
»Und vielleicht wird’s in Tripolitania einen Schneesturm geben! Nein, es ist Zeit, daß ich sie mir mal aus der Nähe ansehe …«
»In ihrem Damenbad, wo Männer keinen Zutritt haben?« Helena tat schockiert.
»Mein Schatz, ich würde mich ja für viele Maskeraden hergeben, aber in den Thermen könnte ich, wenn erst mal die Hüllen fallen, wohl kaum als Frau durchgehen …« Ob es mir vielleicht gelingen würde, mich als Sklave der Putzkolonne einzuschleichen?
»Hör auf, so lüstern zu grinsen, Didius Falco! Und vergiß nicht, daß du nur auf Kaution aus den Lautumiae raus bist …« Nach kurzer Pause setzte sie beiläufig hinzu: »Ich hab dich gestern vermißt.« Sie sagte es mit leiser Stimme, in der für einen, der sowas heraushören wollte, unverkennbar ein Hauch von Sehnsucht mitschwang.
»Nicht
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