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Kupfervenus

Kupfervenus

Titel: Kupfervenus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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ein Riesenstück des verkohlten Viertels enteignet und darauf seine Domus Aurea errichten lassen, das »Goldene Haus«, samt einer großen Parklandschaft mit Hainen, Grotten und Seen. Später ließ er Rom nach dem klassischen Schachbrettsystem und mit wirklich strengen Brandschutzverordnungen wieder aufbauen. (Sogar Nero hatte eingesehen, daß die Domus Aurea groß genug für einen Duodezfürsten und also kein weiterer kaiserlicher Kahlschlag nötig war.) In vielen Straßen hatte man allerdings unter Mißachtung seiner Vorschriften die Häuser einfach kunterbunt auf die alten Grundmauern gesetzt. Mir war das verschachtelte Durcheinander sympathisch. Das Reich hat sowieso viel zu viele brav nach Planquadraten angeordnete Städte, die einander gleichen wie ein Ei dem anderen.
    Dieses Viertel war einmal das schmutzigste der Stadt gewesen; inzwischen balgten sich etliche Rivalen um diesen Ehrentitel. Die Subura wirkte wie eine in die Jahre gekommene Hure; sie galt zwar noch als schrill und aufgedonnert, wurde aber ihrem Ruf nicht mehr gerecht. Ausgeplündert werden konnte man hier allerdings auch heute noch. Wie überall waren die Straßenräuber in diesen engen, einspurigen Gassen alles andere als schlafmützig. Nein, bei denen saß jeder Griff: ein Arm um den Hals, ein Dolch in die Rippen, Geldbörse und Ringe kassiert, und zum Schluß stießen sie ihr Opfer mit einem kräftigen Tritt in den Schlamm – Gesicht nach unten – während sie das Weite suchten.
     
    Ich war auf der Hut. Schließlich kannte ich die Subura nicht so gut, als daß ihre Schurken einen Bogen um mich gemacht hätten.
    Natürlich hatte ich mich nicht ohne Grund hierher verirrt: Ich wollte tiefer in Severinas Vergangenheit graben. Lusius, der Sekretär des Prätors, hatte erwähnt, daß ihr erster Mann, der Perlenhändler Moscus, zu Lebzeiten hier einen Laden besessen hatte, der immer noch existierte. Ich hielt also nach Juwelieren Ausschau. Die wissen in der Regel am ehesten, wo ihre Konkurrenten zu finden sind. Und tatsächlich wies man mir beim dritten Versuch den Weg, so daß ich gerade rechtzeitig kam, als das Geschäft aufmachte.
    Der neue Inhaber war vermutlich selber ein ehemaliger Sklave aus dem Hause Severus Moscus, der sich jetzt, als Freigelassener, selbständig gemacht hatte. Er verkaufte allen möglichen Edelsteinschmuck, angefangen von Gemmen mit vertieftem Bild bis hin zu Kameen mit erhabenem Porträt. Er verarbeitete sämtliche Halbedelsteine, vor allem aber Achate – zart blaue, milchweiß gebändert; kieselweiße, wie von Flechten mit grünen, roten und ockergelben Fäden überzogen; kohlschwarze, durchscheinend geädert; hübsch abgestufte Brauntöne, von mattiert bis bronzeglänzend. Der Juwelier saß schon auf seiner Bank und sortierte winzige goldene Zwischenperlen. Offenbar machte er alle Arbeiten selbst.
    »Hallo!« rief ich. »Bin ich hier richtig bei Severus Moscus? Ich soll ihn unbedingt besuchen; meine Mutter hat seine Mutter gekannt …«
    Er musterte mich aufmerksam. »War das etwa in Tusculum?« Für einen, der so selbstbewußt auftrat, hatte er eine merkwürdig schrille Stimme.
    Da ich hinter der Frage eine Falle witterte, zuckte ich nur lässig die Achseln. »Schon möglich. Meine Mama ist weit herumgekommen. Sie hat’s mir wohl gesagt, aber ich muß gestehen, daß ich nicht genau zugehört habe …«
    »Moscus ist tot.«
    »Nein! Na sowas, dann hab ich ja den weiten Weg umsonst gemacht. Aber hören Sie – meine Alte wird mich bestimmt ausquetschen; können Sie mir sagen, woran er gestorben ist?« Er lehnte sich an die Ladentheke und erzählte mir die Geschichte von dem Herzanfall im heißen Amphitheater. »So ein Pech. War der Meister schon sehr alt?«
    »In den Sechzigern.«
    »Aber das ist ja noch jung!« Keine Antwort. »Hatte er Familie? Meine Mama würde wollen, daß ich in ihrem Namen kondoliere …«
    Mir war, als ginge bei ihm der Laden runter. »Nein«, sagte er knapp. Das war seltsam – und außerdem eine falsche Auskunft.
    »Wie steht’s mit Ihnen?« bohrte ich unbekümmert weiter, ganz wie ein ungehobelter Fremdling. »Sie haben sein Geschäft übernommen – hatten Sie schon zu Lebzeiten mit ihm zu tun?«
    »Ich habe bei ihm gearbeitet. Er war mir ein guter Lehrmeister. Als er nicht mehr konnte, habe ich das Geschäft geführt. Und nach seinem Tode hab ich’s dann übernommen.«
    Ich bewunderte seine Waren. Er hatte alles, angefangen von billigen Korallenschnüren bis hin zu märchenhaften

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