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Kupfervenus

Kupfervenus

Titel: Kupfervenus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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den meisten sicher wert, mir ein Bett abzutreten. Meine Schwestern würden obendrein darüber lamentieren wollen, daß unsere alte Mutter mich aus dem Gefängnis hatte auslösen müssen, also ging ich lieber gleich zu Mama. Mir war klar, daß ich dafür ihrem derzeitigen Gönner schöntun mußte, aber für dies eine Mal traute ich mir so ein höfliches Theater zu. Und wirklich gelang es mir, so lange den Dankbaren zu markieren, wie ich brauchte, um eine Schüssel von Mutters Garnelenklößchen zu leeren. Aber als mir die Anstrengung, bescheiden und unterwürfig dreinzuschauen, zuviel wurde, ging ich schließlich doch nach Hause.
    Der Aufpasser im Hinterhof war anscheinend der hellere von beiden, denn er hatte für eine Ablösung gesorgt. Nun thronte sein Ersatzmann auf dem Faß und bemühte sich, unverdächtig zu wirken – erfolglos, da er ein kahlköpfiger, hakennasiger Zwerg war, dem obendrein noch das linke Augenlid schlaff herunterhing.
    Vorne auf der Gasse lungerten die ungeschlachten Füße immer noch vor dem Korbgeschäft – wo sie jetzt noch verdächtiger wirkten, da der Korbflechter seine Waren hereingeholt, das Schutzgitter heruntergelassen und zugesperrt hatte. Ich schlüpfte in den Barbierladen und gab einem seiner Sprößlinge ein paar Münzen dafür, daß er den Füßen bestellte, ein Zwerg wolle sie im Hinterhof sprechen. Während Quadratlatsche losschlappte, um einen Schwatz mit dem Knirps zu halten, faßte ich den Plan, mir sechs Stockwerke höher auf meinem Balkon einen Schlaftrunk zu genehmigen.
    Und das tat ich denn auch. Es gibt Tage, an denen tatsächlich nicht alles schiefgeht.
XI
    Am nächsten Morgen war ich schon früh auf den Beinen. Lange bevor Anacrites’ miese Wachhunde wieder vor meiner Mietskaserne Posten bezogen, war ich aus meinem Bau geschlüpft und hatte mich, zwei Bezirke entfernt, vor einem Speisehaus an einem Tisch im Freien niedergelassen. Dort genoß ich in aller Ruhe mein Frühstück (Brot und Datteln, dazu Honig und angewärmten Wein – keine schwere Kost für einen Mann auf Patrouille), während ich meinerseits das Haus der berufsmäßigen Braut überwachte.
    Severina Zotica wohnte im Zweiten Bezirk, dem Caelimontium. Ihre Straße lag etwas abseits vom Porticus Claudium (der damals in Trümmern lag, aber in Vespasians öffentlichem Bauprogramm zur Instandsetzung vorgesehen war); die Sirene, die ich auskundschaften sollte, residierte in dem beschaulichen Dreieck zwischen den Aquädukten und den beiden Hauptstraßen, die an der Porta Asinaria zusammentreffen. Cossus hatte mir hier nichts angeboten; wohl weil er gleich erkannte, daß der Caelius zu exklusiv für mich gewesen wäre. Das fing schon damit an, daß die Straßen hier Namen hatten.
    Cossus dachte bestimmt, das würde mich inkommodieren; der Schuft traute mir am Ende nicht zu, daß ich lesen kann.
    Severina hatte sich in der Abakusstraße niedergelassen, einem gepflegten Durchgangssträßchen mit nur einer Wagenspur. An einem Ende plätscherte ein gut gewarteter öffentlicher Brunnen, am anderen war ein kleiner Markt aufgeschlagen, der in der Hauptsache Küchengeschirr und Gemüse feilbot. Dazwischen putzten und fegten die Ladeninhaber die Straßenfront ihrer Geschäfte höchstselbst; als ich ankam, waren sie gerade dabei, und ich fand, sie machten das sehr gewissenhaft und adrett.
    Das Handwerk war gut vertreten: Messerschmiede, Schlosser, Tuchmacher; aber auch Käsehändler und Gurkenverkäufer fehlten nicht. Zwischen zwei Geschäften führte jeweils ein Treppenaufgang zu den Wohnungen im Obergeschoß sowie eine Passage zu den Räumen hinter dem Ladenlokal. Die Häuser waren im Schnitt dreistöckig, mit Ziegelfassaden, ohne Balkon. Dafür aber sah ich viele hübsche Blumenkästen zwischen Stützpfeilern eingehängt, indes anderswo schon das Bettzeug zum Lüften über den Fenstersimsen hing.
    Anwohner kamen und gingen. Eine alte Dame, die sich noch kerzengerade hielt, unauffällige Geschäftsleute, ein Sklave, der ein Schoßhündchen ausführte, Kinder mit Schreibtafeln. Die Leute sprachen kaum miteinander, nickten sich aber freundlich zu. Die meisten schienen schon sehr lange dort zu leben. Man kannte seine Nachbarn, blieb aber für sich.
    Vier Türen weiter, von meiner Terrasse aus gerechnet, befand sich ein Bordell. Es war zwar nicht als solches gekennzeichnet, aber wenn man, wie ich, längere Zeit hier saß, erkannte man es doch. Die Kunden huschten hinein (grau und abgespannt) und spazierten eine halbe

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