Kupfervenus
Sardonyx-Anhängern, halb so groß wie meine Faust. »Wunderschön! Ich weiß eine Dame, die jedes Stück aus Ihrem Bestand hier überglücklich machen würde …« Nicht, daß ich vorhatte, ihm was abzukaufen – schließlich mußte ich eine ganze Wohnungseinrichtung finanzieren. Außerdem besaß Helena schon genug Schmuck. Und das meiste davon war kostbarer als alles, was ich mir hätte leisten können. Am besten versuchte ich also gar nicht, mit ihren Familienpretiosen zu konkurrieren. »Jetzt verstehen Sie das bitte nicht falsch, aber mir war so, als hätte Mama auch von Moscus’ Frau gesprochen …«
»Die hat sich wieder verheiratet.« Seine Antwort war knapp, klang aber nicht bitter. »Ich hab den Laden von ihr gemietet. Wollen Sie sonst noch was über Moscus wissen, Bürschchen? Vielleicht, wo seine Muttermale saßen oder was er für ’ne Schuhgröße hatte?«
Vor seinem zunehmend aggressiven Ton wich ich schüchtern und mit unschuldiger Miene zurück. »Beim Jupiter, ich wollte Sie doch nicht aushorchen – aber meine Mama langweilt sich eben oft und ist immer froh, wenn ich ihr ein paar spannende Geschichten mit heimbringe.«
»Sie haben die Geschichte gehört. Und jetzt hab ich zu tun«, meinte der Kameenschleifer kurz angebunden.
»Gewiß! Und vielen Dank auch!« Ich leistete mir aber doch noch eine letzte Unverschämtheit: »Wurmt es Sie nicht ein bißchen, daß Sie, der schon dem alten Moscus den Laden geschmissen hat, jetzt immer noch als Pächter dasitzen, während seine Witwe munter mit einem Neuen davonflattert?«
»Nein.« Der Steinschneider sah mich ruhig und fest an, eine Herausforderung, deutlicher zu werden – gepaart mit der Drohung, daß er mir grob kommen würde, wenn ich’s denn wagen sollte. »Warum auch?« kreischte er mit seiner schrillen Stimme. Meine aufdringliche Fragerei schien ihn nicht zu verunsichern. »Ihr Mietpreis ist annehmbar; sie hat einen soliden Geschäftssinn. Moscus ist tot. Was die Frau mit ihrem Leben macht, ist ihre Sache.«
Wenn ich einen Skandal aufdecken wollte, war ich hier an der falschen Adresse. Ich grinste einfältig und trollte mich.
Zurück auf meinem Späherposten vor dem Haus des Vamps in der Abakusstraße. Der Tag verlief wie gehabt. Frühstück. Hitze. Weinlieferung. Hund jagt Katze. Vamp ins Badehaus …
Allmählich konnte ich Severinas Tagesablauf herbeten, noch bevor sie beim ersten Morgengähnen ihre Pläne machte. Es war leichte Arbeit, aber geradezu deprimierend unproduktiv. Doch dann, ich zerbrach mir gerade den Kopf darüber, wie ich Bewegung in die Sache bringen könne, bekam ich in rascher Folge gleich mehrere neue Impulse geliefert.
Kurz nach Mittag erschien die Sänfte. Ich folgte ihr fünf Straßen weit und sah, wie sie durch eine Töpferei schaukelte und dahinter in einer Passage verschwand. Ich blieb oben an der Straße stehen. Nach einer guten Stunde kamen mir Zweifel. Ich ging durch den Laden und erwartete, daß Severinas Träger am anderen Ende des dunklen Korridors Maulaffen feilhalten würden.
Die Sänfte war verschwunden. Während ich mir draußen auf der Straße wie ein Trottel die Beine in den Bauch stand, mich von Pastetenblechen rempeln und mir von Maultieren auf die Füße treten ließ, hatte sich das Frauenzimmer in eine Wohnung eingeschlichen – und war womöglich durchs Gartentor entschlüpft! Gut gemacht, Falco!
Ich sah mir das Haus näher an. Die Front im Erdgeschoß wirkte ganz unauffällig. Keine Fenster; keine Kletterpflanzen; kein Kätzchen auf der Treppe; nur eine dunkel gestrichene Tür mit einem diskreten Sprechgitter. Neben dem Eingang war eine kleine Keramikkachel in die Wand eingelassen, ein mitternachtsblaues Täfelchen mit schwarzer Aufschrift und einem hübschen Rahmen aus winzigen Goldsternchen. Darauf stand einzig ein Name in griechischen Lettern:
Ich wußte, was das für ein Laden war. Und ich wußte auch, was für eine irre, schrumplige alte Hexe diese Tyche sein würde. Ich nahm all meinen Mut zusammen und hämmerte an die Tür.
»Könnte ich ’nen Termin kriegen?«
»Möchten Sie die Herrin jetzt gleich sprechen?«
»Wenn sonst niemand drin ist …«
»Ich denke, es läßt sich einrichten. Die letzte Kundin ist schon vor einer Weile fort …«
Ich schluckte. Dann gab ich mir einen Ruck und marschierte in die Höhle des Löwen, vulgo zu einer Unterredung mit einer Astrologin.
XIV
Mir graut vor diesen Hexenküchen.
Ich machte mich auf eine schmuddelige Babylonierin
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