Kupfervenus
meine Schuld. Du warst nicht zu Hause, als ich kam.«
Sie starrte auf ihre Schuhspitzen (die waren zwar von gedeckter Farbe, hatten aber fesche purpurne Schnürsenkel). Nun ließ ich meinerseits beiläufig verlauten, daß ich eine neue Wohnung hatte. Aber natürlich war ich gespannt, wie sie darauf reagieren würde. Sie blickte auf. »Darf ich kommen und sie mir ansehen?«
»Sobald ich mir ’n paar Möbel angeschafft habe.« Kein Junggeselle, der auf sich hält, lädt ein hübsches Mädchen zu sich nach Hause ein, ehe er ihr nicht wenigstens einen Spiegel anbieten kann und was man sonst noch so braucht. Ein Bett zum Beispiel. »Aber mach dir keine Sorgen – sobald mein Umzug sich in der Familie rumgesprochen hat, werden bestimmt alle versuchen, mir aufzudrängen, was sie schon lange loswerden wollen – insbesondere all den unbrauchbaren Plunder, den mein Schwager zusammengezimmert hat …«
»Mein Vater hat einen abgewetzten Lesediwan, den er dir schon längst anbieten wollte. Aber vielleicht magst du ihn nicht mehr, jetzt, wo du Karriere machst.«
»Ich nehme ihn!« versicherte ich mit Nachdruck. Sie senkte verschämt die Lider. Helena Justina hat meine Motive immer schon leicht durchschaut. Lesen ist schließlich nicht das einzige, was man auf einem Diwan tun kann.
Ich verabschiedete mich frühzeitig. Uns war der Gesprächsstoff ausgegangen.
Irgendwie war es so dumm gelaufen, daß ich meinem Schatz kaum einen Kuß gegeben hatte. Und als ich ging, wirkte sie so unnahbar, daß ich mich zurückhielt und nur mit einem Nicken verabschiedete.
Ich war noch nicht bis ans Ende der Straße gekommen, da packte mich schon das heulende Elend. Warum war ich nicht zärtlicher zu ihr gewesen? Beinahe wäre ich wieder umgekehrt. Aber ich konnte mich doch vor einer Senatorentochter nicht wie ein Waschlappen aufführen.
XIII
Den Rest des Abends verwandte ich darauf, meine Wettmarken zu Geld zu machen. Dann ging ich zu Cossus, machte den Handel perfekt und nahm den Schlüssel in Empfang. Ich trank ein paar Gläser mit dem Makler – aus Höflichkeit und Geschäftsinteresse –, und später noch ein paar mit meinem besten Freund Petronius Longus (ehrlich gesagt, ein paar mehr, als wir uns vorgenommen hatten, aber da es ja wirklich was zu feiern gab, schlugen wir ein bißchen über die Stränge). Ich war am Ende viel zu beschwipst, um die Spione am Brunnenhof auszutricksen. Also wankte ich zu meiner neuen Wohnung, stürmte mit Gepolter hinein, streckte mich auf dem Fußboden aus und sang mich selbst in den Schlaf.
Jemand trommelte an die Tür, und eine Stimme fragte, ob alles in Ordnung sei. Gut zu wissen, daß meine neuen Nachbarn so besorgte Zeitgenossen waren.
Am nächsten Morgen war ich schon sehr früh wach. Sogar tipptopp verlegte Dielenbretter haben in der Regel diese Wirkung, wenn man sie als Matratze benutzt.
Trotz des Kopfwehs war ich mit dem Leben zufrieden. Also zog ich gutgelaunt los, um mir was zu essen zu besorgen. Lokale, die rund um die Uhr geöffnet haben, waren anscheinend rar in der Piscina Publica. Bei meinem unsteten Lebenswandel konnte das zum Nachteil werden. Schließlich fand ich aber doch eine Bar voll schlechtgelaunter Fliegen, wo ein verschlafener Kellner mir zwei dicke Scheiben uralten Brotes mit einer Essiggurke dazwischen servierte, mich aber zum Essen nach draußen schickte.
Es war noch zu früh, um vor Severinas Haus Posten zu beziehen. Doch in Gedanken beschäftigte ich mich schon wieder intensiv mit dem habgierigen Rotschopf. Die Klienten in meiner Branche haben die leidige Angewohnheit, auf rasche Ergebnisse zu drängen, und so würde man auch auf dem Pincio bald meinen Bericht anmahnen.
Meine Füße trugen mich nach Osten, und ich landete auf dem Esquilin, in dem alten Stadtgebiet, das im Volksmund immer noch die Subura heißt, obwohl das Viertel mehrfach umgetauft wurde, seit Augustus die Stadtgrenzen erweitert und eine Neueinteilung der Verwaltungssektoren durchgesetzt hat. Manche Leute nörgeln ja, damit habe Rom seinen Charakter verloren, aber ich neige eher zu der Ansicht, daß schon damals, als Romulus die erste Grenzfurche zog, ein paar engstirnige alte Bauern um die Sieben Hügel rumstanden und in ihre verfilzten Bärte mümmelten, der neumodischen Siedlung von diesem Wolfsmenschen fehle jegliches Ambiente …
Die Subura hat sich ihren republikanischen Charakter erhalten. Weite Teile sind bei dem schrecklichen Brand unter Nero zerstört worden. Er, Nero, hatte dann
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