Kupfervenus
der alte Mann Ärger mit seinem Vermieter hatte?«
»Nein, aber als ich sah, wie der Kerl ihn drangsalierte, war das nicht schwer zu erraten.«
Heute trug sie Blau, ein kräftiges Azurblau mit einem matteren Gürtel, in den sie ein paar Fäden jenes leuchtenden Orange gewebt hatte, das sie bevorzugt als Kontrast einsetzte. Das Blau verlieh ihren Augen unvermutet Farbe. Ja, sogar das krause rote Haar wirkte auf einmal leuchtender.
»Und dann hat Ihr besseres Ich triumphiert!« Sie schien mich dafür zu bewundern, daß ich meine Pflicht und Schuldigkeit getan hatte. Ich rührte angelegentlich in meinem Becher herum. »Seit wann haben Sie diesen Haß auf Hausherren, Falco?«
»Schon seit der erste angefangen hat, mich zu schikanieren.« Severina musterte mich über den Rand ihres Bechers hinweg, ein schlichtes Gefäß aus roter Töpferware, nicht teuer, aber angenehm in der Hand. »Mietbesitz ist etwas Widerliches, wie eine ansteckende Krankheit. Also, ein Großonkel von mir …« Ich stockte. Diese Frau verstand sich aufs Zuhören; ich hatte mich schon einwickeln lassen. »Mein Onkel, der übrigens auch Handelsgärtner war, erlaubte einem Nachbarn, ein Schwein in einem Verschlag auf seinem Grund unterzustellen. Zwanzig Jahre lang teilten sie sich den Schuppen in aller Freundschaft, bis der Nachbar zu Geld kam und dem Onkel eine Jahrespacht anbot. Mein Großonkel nahm dankend an – und ertappte sich, schwupps, bei dem Gedanken, ob er wohl verlangen könne, daß sein alter Freund ein neues Dach für den Stall bezahlt! Er war so erschrocken über sich selbst, daß er den Pachtzins zurückgab. Großonkel Scaro hat mir das erzählt, als ich sieben war, so als wär’s bloß eine Geschichte und weiter nichts; aber in Wahrheit wollte er mich vorwarnen!«
»Davor, nur ja kein begüterter Mann zu werden?« Severina maß mich mit einem raschen Blick. Ich trug meine gewohnte geflickte Tunika, den Werktagsgürtel und war wieder mal nicht gekämmt. »Die Gefahr ist nicht gerade groß, oder?«
»Brieftaschenbräute wie Sie haben den Ehrgeiz nicht allein gepachtet!«
Sie nahm es mit Humor. »Ich sollte wohl lieber beichten, warum ich nicht denselben Vermieter habe wie die kleinen Ladner in der Nachbarschaft …«
Ich hatte es bereits erraten. »Dies ist eine Eigentumswohnung?«
»Die Privatwohnungen in diesem Block gehören zufälligerweise alle mir. Aber die Geschäfte werden getrennt vermietet – damit habe ich nichts zu tun.« Sie bekannte das ganz demütig; kein Wunder, denn dieses Geständnis brachte uns ja gleich wieder zurück zu dem heiklen Thema ihrer so rasch und leicht erworbenen Erbschaften. Durch den Steinschneider in der Subura hatte ich erfahren, daß zumindest einige von Severinas Mietern zufrieden waren. Aber mich interessierte in erster Linie, wie sie an ihre Beute gekommen war, und nicht, wie klug sie das Erbe dann verwaltete.
Ich stand auf. Wir befanden uns in einem freundlichen, ockergelb gestrichenen Zimmer mit Schiebetüren. Diese Türen öffnete ich, in der Hoffnung, ein bißchen Grün zu sehen, erblickte aber nur einem baumlosen, gepflasterten Innenhof.
»Haben Sie hier einen Garten?« Severina schüttelte den Kopf. Ich schnalzte mißbilligend mit der Zunge und kehrte dem tristen kleinen Schattenplätzchen draußen den Rücken. »Sie wechseln eben immer viel zu rasch das Quartier. Gärten sind was für Seßhafte! … Aber das braucht Sie ja nun nicht mehr zu kümmern. Mit Novus kriegen Sie praktisch den halben Pincio …«
»Ja, da ist reichlich Platz, um mich mit Zierpflanzen zu amüsieren … Was haben Sie eigentlich für eine Wohnung, Falco?«
»Bloß vier Zimmer – eins davon mein Büro. Ich bin gerade erst umgezogen.«
»Und? Zufrieden?«
»Weiß noch nicht. Die Nachbarn sind ziemlich hochnäsig, und dann fehlt mir auch mein Balkon. Aber es ist schön, so viel Platz zu haben.«
»Sind Sie verheiratet?«
»Nein.«
»Freundinnen?« Mein Zögern entging ihr nicht. »Oh, lassen Sie mich raten – nur eine? Macht sie Ihnen Ärger?«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Sie sehen aus wie ein Mann, der sich leicht mal übernimmt.« Ich lachte spöttisch. Bei fünf Schwestern habe ich gelernt, Neugier einfach zu ignorieren. Severina, die klüger war als meine Schwestern, wechselte das Thema. »Wenn Sie als Ermittler einen Auftrag haben, bearbeiten Sie den dann mit einem Kompagnon?«
»Nein. Ich arbeite immer allein.« Das schien sie zu freuen. Aus irgendeinem Grund hatte ich das Gefühl, an ihrer
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