Kupfervenus
schlichte römische Mahlzeit – Brot, Käse, Salat, verdünnter Wein und Obst. Und doch schmeichelte Severina ihren Gästen unterschwellig mit luxuriösen Köstlichkeiten: Selbst für nur drei Personen war ein komplettes Käsesortiment aus Ziegen-, Schafs-, Kuh- und Büffelmilch aufgefahren; es gab winzige Wachteleier und feine weiße Brötchen. Sogar die bescheidenen Rettiche waren fächerförmig oder gezackt aufgeschnitten, als Dekoration für eine grandiose Salatkomposition, angerichtet in Aspik – offenbar ein Werk der hauseigenen Küche, denn er wurde (mit dem entsprechenden Getue) vor unseren Augen gemischt. Als Abschluß gab’s einen ganzen Obstgarten zur Auswahl.
Wahre Hausmannskost: etwas, das nur sehr reiche Leute sich leisten können.
Novus und Zotica gingen offensichtlich ganz ungezwungen miteinander um. Sie sprachen kurz über die Vorbereitungen zu ihrer Hochzeit, die Art hitziger Debatte über die Vermeidung unglückverheißender Daten, wie sie die meisten verlobten Paare wochenlang beschäftigt (bis sie sich auf den Geburtstag einer gichtkranken Tante einigen – bloß, um nachträglich festzustellen, daß die alte Vettel mit einem hübschen jungen Masseur auf Kreuzfahrt ist und all ihren Zaster ohne Zweifel diesem Hallodri vermachen wird).
Bei einem so reichlichen Essen ergaben sich zwangsläufig viele Gesprächspausen. Novus war auf jeden Fall ein Vollblutgeschäftsmann, bei dem sich alles um die Arbeit drehte und ums Geld. Ob er wußte, daß auch er Gegenstand meiner Nachforschungen war, erwähnte er mit keinem Wort; das war mir zwar einerseits ganz recht, brachte mich aber andererseits in die peinliche Lage, meine Anwesenheit nicht gebührend rechtfertigen zu können. Allerdings trug Novus selbst kaum etwas zur Unterhaltung bei; lediglich ein paar Bemerkungen, denen ich entnahm, daß Severina sein volles Vertrauen genoß.
»Diese Schiffsladung aus Sidon, du weißt schon, ist endlich eingetroffen.«
»Da bist du gewiß erleichtert. Was hat die Flotte denn so lange aufgehalten?«
»Ungünstige Winde vor Zypern …«
Sie reichte ihm den Salat. Er war ein richtiger Stoffel, der ungeniert schwitzte und Grimassen schnitt, während er das Essen rasch und gierig in sich reinschlang. Man konnte ihn für ungehobelt halten – doch eine Frau, die sich nach einem sorgenfreien Leben sehnte, mochte wohl darüber hinwegsehen, sofern seine Geschenke großzügig ausfielen. Severina behandelte ihn mit einer gewissen respektvollen Höflichkeit; wenn sie ihn heiratete, würde die Ehe gewiß Erfolg haben – vorausgesetzt, sie konnte bei dieser ehrerbietigen Haltung bleiben (und er am Leben).
Großzügig war er. Novus hatte seiner Verlobten eine Halskette aus zwanzig violetten Amethysten mitgebracht. Er überreichte sie ihr mit beiläufiger Geste; sie empfing das Geschenk mit stiller Freude; ich behielt meine zynischen Gedanken für mich.
»Falco hatte heute morgen Krach mit einem von Priscillus’ Leuten«, erklärte Severina schließlich.
Novus bekundete zum ersten Mal Interesse an mir. Während ich bescheiden an einer Olive knabberte, schilderte sie, wie ich den alten Obsthändler vor dem Geldeintreiber seines Pachtherrn gerettet hatte. Novus brüllte vor Lachen. »Sie sollten sich lieber in acht nehmen! Händel mit Priscillus können gesundheitsschädlich sein!«
»Wer ist denn dieser Priscillus? Ein Immobilienhai?«
»Geschäftsmann.«
»Schmutzige Geschäfte?«
»Geschäfte eben.« Novus interessierte sich nicht für meine Meinung über Leute, die Wohnungen und Grundstücke verschachern.
Severina wandte sich aufmerksam an ihren Verlobten: »Was meinst du? Übertreibt Priscillus es nicht ein wenig?«
»Er treibt seine Mieten ein.«
»Es sah aber so aus …«
Novus wischte ihren leisen Einwand beiseite. »Sicher hatte dieser Pächter Schulden bei ihm – wenn’s ums Geld geht, darf man nicht sentimental sein.« Er benahm sich wie ein Mann, der es gewohnt ist, seinen Kopf durchzusetzen, auch wenn er ihr bei dem Wort »sentimental« einen nachsichtigen Blick zuwarf. Ich kannte den Typ: scharf wie ein Messer aus Noricum – und doch froh, ein anschmiegsames Kätzchen zu besitzen, das ihm das Gewissen mimt. Nicht das Schlechteste – vorausgesetzt, er hörte zu, wenn sein Gewissen sprach.
Severina schien nicht überzeugt, verzichtete aber auf jeden Einwand. Genau die richtige Tischdame: eine intelligente Gesprächspartnerin, die obendrein klug genug war, Zurückhaltung zu üben … Meine
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