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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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ein Riesenmarkt, der von Berlin aus neu organisiert werden würde. Diese
Überlegung war sicherlich richtig. Er sagte weiter, er hätte die Absicht, diese
Entwicklung zu verfolgen und zu beeinflussen. Auch diese Überlegung war klug.
Er sagte, er ließe mich wegen der alten Sache in Ruhe, wenn ich ihm einen
meiner Erben geben würde.

    Dieser junge Mann sollte mit Geld und Kokain unter meinem
Schutz nach Berlin gehen und sich dort festsetzen. Ich lehnte empört ab, ich
sagte, ich würde eher sterben, als dass ich ein so krummes Ding mitmachte. Aber
er sagte, es würde mir nichts anderes übrig bleiben. Er sagte nicht, weshalb,
aber das brauchte er auch nicht.

    Ich habe eine Enkelin, eine sehr schöne junge Frau. Angela
heißt sie. Sie studierte Architektur in Los Angeles, dann Geschichte in Bogotá
in Kolumbien. Sie ist mein Trost im Alter, Sie verstehen, was ich meine, meine
Herren. Angela kann mich nicht mehr besuchen, obwohl sie es möchte. Und ich
weiß nicht, ob sie es jetzt noch will, obwohl sie ihren Großvater immer sehr
geliebt hat.

    White hat eine Gruppe um sie herum gebildet. Eine Gruppe
junger Menschen. Die geben Angela Rauschgift, Alkohol und alle möglichen Dinge,
an denen sie früher nicht das geringste Interesse hatte. Angela kann sich scheinbar
frei bewegen, sie geht ins Kino, sogar tanzen. Aber immer nur mit diesen jungen
Leuten. Die bekommen viel Geld, damit sie dafür sorgen, dass sie niemals das
tut, was sie wirklich will. Man nennt das ein verdecktes Kidnapping, und so
etwas ist nicht zu beweisen.«

    Er atmete hörbar ein und schüttelte leicht den Kopf. »Ich
habe Leute rübergeschickt. Sie waren erfolglos, zwei von ihnen starben. Wie
auch immer, ich habe also Steeben ausgesucht.«

    Er lächelte matt. »Sundern, mein Freund, du wirst dich
gewundert haben, warum ausgerechnet Steeben. Gewiss, er hatte Talente, aber er
war nicht der Beste aus meinem Stab. Man kann nun glauben, der alte Pedrazzini
habe überlegt, auf wen er am leichtesten verzichten kann. Es war sehr schwierig
für mich alten Mann.

    Ich habe nie mit diesem Gift zu tun gehabt, und es ist sicher
berechtigt, dass es international geächtet ist. Aber ich musste es tun. Ich
habe es mühsam durch Mittelsmänner, die ich nicht mag, in Südamerika
aufgetrieben. Genau wie jeder andere. Ach, weißt du, mein Sohn, das Geld interessiert
mich nicht. Es ist eben nur Geld. Ich kann mir also vorstellen, dass Steeben
nach Berlin ging, in dieses Hotel, und gleich darauf tot war. Das ist doch
denkbar, oder?

    Natürlich war das von diesem White, den ich im Übrigen
nicht für sehr intelligent halte, nicht eingeplant, und ich kann mir gut
vorstellen, dass er seit vielen Tagen überlegt, wo denn sein Steeben geblieben
ist. Jetzt, da wir wissen, dass Steeben nicht mehr lebt, sitzt White in stillen
Stunden wahrscheinlich vor seinem Kamin, starrt in die Flammen und fragt sich,
wer denn wohl diesen Steeben auf dem Gewissen haben könnte. Ach nein, ein Mann
wie White verfügt nicht über einen Kamin, diese Klasse hat er nun wirklich
nicht.«

    Sundern nickte bedächtig, fuhr sich mit beiden Händen
über das Gesicht. »Deine Gedanken sind sehr einleuchtend, Pedra. Darf ich
fragen, ob denn vielleicht dieser unsägliche White das Geld und das Gift hat?
Könnte das in deine Überlegung passen?«

    »Ja, mein Sohn, durchaus. Ich kann in dieser Runde ehrenwerter
Menschen offen sein. White hat durchblicken lassen, dass er mein Lebenswerk
zerstört, wenn ich ihn nicht unterstütze. White, das kann ich mir vorstellen,
möchte sich in Europa eine gute Position schaffen, eine Position voller Macht.
Also fädelt er es so ein, dass er einen ganzen Markt übernimmt und beherrscht.
Das ist doch vorstellbar, oder?

    Er sitzt in irgendeinem langweiligen Büro, hat einen Haufen
Telefone, mehr als du, Sundern. Er zieht die Drähte, er verhaftet jeden, der
ihm gefährlich wird. Und alle, die ihm nützlich sein können, lässt er ein wenig
beliefern. Ich könnte mir vorstellen, dass das auf diese Weise gut
funktioniert. Niemand kann ihn angreifen.

    Ich gehe davon aus, dass in der Szene nicht verborgen blieb,
dass Steeben mit diesem unsäglichen White und diesem äußerst faden Deutschen
Thelen verhandelte, nicht wahr? Eigentlich wäre dann Steeben das Geschöpf von
White und Thelen, nicht aber das vom alten Pedrazzini. Vielleicht ist es nun
so, dass White in diesen Stunden begreift, dass irgendjemand sein Spiel
durchschaut und möglicherweise veranlasst hat, Steeben

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