Kurier
mal.«
Grau wehrte sich matt. »Das ist nicht meine Welt.«
»Das hat doch damit gar nichts zu tun. Du verfügst über
ein Hirn, also benutze es gefälligst!«
»Vielleicht wollen sie sich den künftigen Markt in den
neuen deutschen Ländern unter den Nagel reißen.«
»Das auch. Aber was muss vorher passieren, damit man
diesen Markt bekommt?«
»Sundern, du fragst wie ein beschissener Pauker.«
Sundern lächelte strahlend. »Na gut, du Neuling. Ich sage
dir, wer das Ziel ist: Ich.«
Grau erschrak. »Wieso das? Das ist doch … du?«
Sundern nickte. »Erinnerst du dich, wie ich dir gesagt habe:
Deine Ankunft in Berlin, der Auftrag von White, deine Bitte um ein Interview –
das sieht alles danach aus, als wärst du von langer Hand an mich herangespielt?
Der Gedanke hat mich seither nicht mehr losgelassen.
Sieh mal, ich habe noch nie im Leben etwas mit Drogen zu
tun gehabt. Sicher, ich lebe in einem klassischen Milieu: Nachtklubs. Wie alle
wissen, werden da Drogen gehandelt und anderes illegales Zeug, Waffen, weiß der
Kuckuck was. Ich bin mächtig, nicht wahr? Ich kenne jede Menge Politiker.
Manchem habe ich eine ganze Reihe Gefallen getan.
Es ist richtig, Grau: Sich mit mir offen anzulegen, ist
sehr ungesund. Was sollte also jemand bedenken, der sich vollkommen neu in
Berlin etablieren will? Er checkt ab: Wer muss vorher weg? Und er kommt
zwangsläufig zu dem Schluss: Sundern muss weg! Er hat nämlich zu viel Einfluss,
zu viel Macht, zu viel Geld. Sein politischer Einfluss ist gefährlich, weil
seine Kontakte zu gut sind!
Leuchtet dir das ein, Grau? Selbstverständlich gehe ich
den Fahndern der Bullen auf die Nerven, weil ich für deren Begriffe viel zu
sauber bin, viel zu clean. Die sagen sich doch: ›Der hat Dreck am Stecken, lasst
uns aufpassen!‹
Sieh das doch mal so: Wir alle hängen davon ab, was unsere
Nachbarn und Kollegen von uns denken, oder? Wenn jetzt also einer über Sundern
behauptet, dass der in diesem Riesendeal drinhängt, dann sagt jeder: Hab ich’s
doch geahnt! Na klar: Der hat Bares, der hat Geld, der hat Einfluss, der hat
Nutten, der hat Zuhälter an der Hand, der schmiert Parteien, der kann gut mit
dem Senat. Der eine lässt sich auf Parteikosten die Haare föhnen, der andere,
also in diesem Fall Sundern, reißt sich die gesamte Drogenszene unter den Nagel
und kriegt dabei noch Hilfe von der Politik!«
»O ja, das leuchtet selbst mir ein. Am besten auch gleich
noch Mehmet. Denn Mehmet hängt mit dir zusammen, nicht wahr? Es sind ja auch
bald Wahlen.«
»Mehmet ist mein Freund. Was mich so verrückt macht, ist
die Frage, warum ausgerechnet ich mit Drogen genagelt werden soll. Jeder
Insider weiß doch: Sundern mag vielleicht ein Sauhund sein, aber mit Drogen
hatte der noch nie etwas zu tun.
Diesen Ruf kann man schnell kaputtmachen, oder? Man
braucht bloß zu behaupten: Jemand hat zehn Millionen Dollar und einen halben
Zentner Koks nach Berlin reingebracht. Wir haben den berechtigten Verdacht, dass
hinter diesem Deal Sundern steckt! Schon hat Sundern sämtliche Scheiße der Welt
am Arsch.
Auf diese Tour bin ich auch zu kriegen. Denn, Grau, dagegen
kann ich gar nichts machen. Verstehst du jetzt?«
Der Raum lang im Halbdunkel, durch zwei Wandschalen
gelblich beleuchtet. Er war erlesen eingerichtet, teuer, schlicht, angenehm und
schnörkellos. Die Mahagonimöbel waren sehr alt. Grau ging an die Bar auf Rädern
und goss sich ein Mineralwasser ein.
»Nehmen wir einmal an, der Himmel ist das Limit. Was
würdest du dir dann wünschen?«
Sundern bewegte sich unruhig in seinem Sessel hin und
her. »Ich würde mir wünschen, dass irgendjemand hingeht und diesen White und
diesen Thelen einfach totschlägt.« Er wollte noch etwas hinzufügen, schwieg
dann aber.
»Das könnte doch eigentlich Pedra erledigen«, sagte Grau
gleichmütig.
»Das wird er auch tun, wenn ich es will.« Sundern war
plötzlich weiß im Gesicht.
»Und was arbeitest du nun wirklich?«
»Ich investiere, besser gesagt, ich reinvestiere. Ich
lasse Gelder laufen und mache damit neues Geld. Ich kaufe Grundstücke und
Häuser und verkaufe sie dann wieder.«
»Wäschst du Geld?«
»Das weiß ich nicht immer so genau. Für etwa neunzig Prozent
kann ich sagen: Nein! Die übrigen zehn Prozent sind der Rest, wie ihn auch jede
Bank am Bein hat. Jede, Grau. Die Deutsche Bank, die Dresdner Bank, die Commerzbank,
die braven Sparkassen, die Volksbanken, die angeblich jeden Weg frei machen,
und alle
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