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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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er hat mir keine
klare Antwort gegeben. Er sagte, er habe sich an eine befreundete Berliner
Familie gewandt, und die habe das Problem für ihn aus der Welt geschafft. Das
heißt, diese Familie hat entweder eine Gruppe geschickt, um Steeben zu töten,
oder aber nur einen einzigen Mann.

    Wir werden nie herausfinden, wer es war. Egal: Steeben
ist jedenfalls tot und irgendwer hat seine Leiche. Wenn Pedra will, wird sie
freigegeben, dann kann sie gefunden werden.«

    »Richtig, das sehe ich auch so. Wir sollten die Leiche
von der ARD finden lassen.« Grau lächelte schmal.

    »Wieso denn das?«

    »Das macht den meisten Lärm«, antwortete Grau trocken.
»Ich kann immer noch nicht fassen, dass der Bundesnachrichtendienst und die
amerikanische DEA so ein Ding drehen. Das ist doch total riskant.«

    »Das ist überhaupt nicht riskant.« Sundern widersprach
erregt. »Was haben wir denn hierzulande für eine Drogenpolitik? Eine, die nur
auf ein Mittel setzt: Repression, Verfolgung und gnadenlose Bestrafung! Der
Staat ist gut, der Dealer ein Schwein. Alles, was der Staat macht, ist vom Standpunkt
der herrschenden Moral aus gut, selbst wenn es noch so fragwürdig und
beschissen ist. Ich erinnere dich an das Schlagwort: War on drugs! Das ist eine Strategie, die die meisten Fachleute
längst für falsch und vollkommen überholt halten. Aber die Masse Mensch findet
das prima, obwohl man das Problem der Drogen damit überhaupt nicht in den Griff
kriegt. Oder? Ist das nicht so?« Er war sehr erregt.

    »Du bist ja ein Prediger!«, sagte Grau mit sanfter Verachtung.

    »Quatsch!«, widersprach Sundern heftig. »Ich habe mich
nur etwas schlau gemacht. Die USA führen diesen Krieg seit Jahrzehnten. Und die
Deutschen haben diese Methoden mit allen Raffinessen übernommen. Ich erzähle
dir jetzt mal eine Geschichte, Grau, damit du weißt, wie das in der Szene so
läuft.

    Da gab es einen Arbeitslosen in Köln. Er geriet mehr oder
weniger durch Zufall an eine Gruppe von Jugoslawen, die systematisch
Kurierfahrten für Drogenhändler arrangierte. Er übernahm ein paar Aufträge und
galt als absolut zuverlässig. An den schmiss sich eines Tages eine junge,
hübsche Frau ran. In ihren Papieren stand, dass sie wegen Drogenvergehen
vorbestraft war. Sie sagte, sie hätte keine Bude und ob sie eine Weile bei ihm
unterschlüpfen könnte.

    Unser Mann, ich nenne ihn mal Herbert, sagte zu. Also
wohnte die Frau jetzt bei ihm. Eines Tages erzählte sie ihm, sie hätte eine
Gruppe amerikanischer Soldaten aufgetan, die gegen Bares fünfzehn Kilo
Amphetamine kaufen wollten, also künstliches Speed. Herbert dachte darüber
nach, aber er kannte keinen Hersteller. Woher sollte er so schnell fünfzehn
Kilo kriegen?

    Er schaltete einen Kumpel ein, von dem er annahm, der
hätte einen heißen Tipp. Der aber wusste auch nichts. Sie wandten sich an
Italiener, an Jugoslawen, an Türken, an Kurden. Niemand konnte ihnen fünfzehn
Kilo Amphetamine liefern. Dann signalisierte Herbert nach gut zwei Wochen: Ich
habe fünfzehn Kilogramm!

    Er hatte nicht ein Gramm, nur schlichtes Bittersalz. Er
wollte die GIs bescheißen. Am Übergabeort erschien er mitsamt dem Salz und
wurde von einem Heer von Bullen überwältigt. Die angeblich vorbestrafte Frau
war eine Polizistin. Außer Herbert war jeder Beteiligte an der ganzen
Geschichte ein Polizist.

    Eigentlich hatten die Bullen nur das Gerücht aufgeschnappt,
dass irgendjemand im Kölner Raum Amphetamine herstellt. Also bauten sie eine
nicht existierende Gruppe von Amis auf, die als Käufer herhalten mussten. Die
Richter wussten genau, dass Herbert geködert worden war. Sie wussten auch
genau, dass er seit Jahren arbeitslos und in einer sehr schlimmen psychischen
Verfassung war, dass er als Arbeitsloser jede Menge Schulden hatte, die er auf
normalem Wege niemals mehr loswerden würde.

    Die Richter wussten also, dass Herbert überhaupt keine
andere Chance gehabt hatte, als auf den Deal einzugehen. Sie wussten, dass er
das Opfer war, und schickten ihn trotzdem gnadenlos in den Knast. In ihrer
Urteilsbegründung stand, Herbert habe mit dem Bittersalz zwar seine Auftraggeber
beschissen, aber wenn ihm Amphetamine zur Hand gewesen wären, hätte er sie
skrupellos geliefert.

    Hast du das kapiert? Wir müssen uns also fragen: Was ist
eigentlich das Ziel von White und Thelen?«

    »Noch ein paar Dealer mehr? Vielleicht diese Mafiatypen
aus Polen und Russland, was weiß ich.«

    Sundern lachte leise. »Quatsch, Grau, überleg doch

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