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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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eine Tür übersehen hatte.

    Sie ging schnell und lächelte unentwegt und sie war aufregend
schön. Auch sie grüßte nach links und rechts und steuerte genau auf Grau zu.
Dann bog sie nach links ab, ging an Sunderns Tisch und setzte sich neben ihn.
Sie strich ihm leicht über den Kopf und er war für den Bruchteil einer Sekunde
erstarrt, bevor er wieder voll Energie weiterredete.

    »Soll ich Sie anmelden?«, fragte die Frau hinter dem Tresen.

    »Nein, nein«, sagte Grau. »Das mache ich schon selbst.«
    Die Frau in Rot mochte dreißig Jahre alt sein oder
vierzig. So genau war das nicht auszumachen. Sie trug das lange blonde Haar
offen, was sehr erotisch wirkte, und sie rauchte manieriert mit sehr langen,
blutrot lackierten Fingernägeln. Irgendwie nuttig, dachte Grau, aber irgendwie
auch passend.

    Er stand auf und ging sehr langsam auf den Tisch zu. Er
versuchte, Sunderns Blick einzufangen, aber der redete sichtlich erheitert mit
der Frau in Rot und bemerkte ihn nicht.
    Als Grau sich dem Tisch bis auf drei Schritte genähert
hatte, kamen die jungen Männer von rechts und schoben sich vor ihn.

    »Ich möchte mit Herrn Sundern sprechen«, sagte Grau und
lächelte. Er war aufgeregt.

    »Das geht jetzt nicht«, sagte der kleinere von ihnen.

    »Ich bin Journalist und möchte ein Interview.« Grau war
sehr höflich.

    »Dann gehen Sie morgen ins Büro und Sie bekommen einen
Termin«, sagte der Mann ganz kühl. »Hier ist der Boss privat. Keine Arbeit.«

    »Was will er denn?«, fragte das Frettchen links von Grau.
    »Er sagt, er wäre Journalist«, antwortete der Kleinere.
    »Kommt nicht infrage«, sagte das Frettchen. »Der Chef hat
keine Zeit.«

    Grau sah, wie Sundern ihn direkt anblickte. Er sagte
laut: »Herr Sundern wird eine Frage gestatten.«

    »Gestattet er nicht«, sagte das Frettchen.

    Sundern musterte Grau und war offensichtlich amüsiert.
Auch die Frau in Rot war amüsiert und fixierte Grau.

    »Zehn Sekunden«, sagte Grau matt.

    »Nicht eine einzige«, sagte das Frettchen. »Sie können gehen.«

    »Aber ich will …«, begann Grau.

    »Du willst gar nichts«, sagte der Kleinere.

    Grau spürte, wie sie ihn wegdrängten, und war vollkommen
hilflos. Er wandte sich ab und ging vor ihnen her. »Ich muss noch bezahlen!«

    »Das geht aufs Haus«, sagte das Frettchen gelassen.
    »Ein Kindergarten!« Grau war wütend.

    »Ja, ja«, sagte das Frettchen beruhigend.

    Sie schoben ihn nach links und er ging brav durch die
Schwingtür die breite Treppe hinunter. Auf dem ersten Absatz ging es links in
die Toiletten. Sie drängten ihn hinein, sie ließen ihm keine Wahl.

    »Niemals privat«, sagte das Frettchen sehr endgültig.
»Und nur über das Büro.«

    »Kindergarten«, wiederholte Grau wütend.

    »Joe!«, sagte das Frettchen.

    Der, der Joe hieß, trat Grau von hinten in die Kniekehlen.
Es war ein heißer, stechender Schmerz und Grau fiel nach vorn. Ehe er auf die
sehr weißen Fliesen schlug, kam Joes Schuh vor sein Gesicht und irgendetwas
explodierte in seinem Kopf.

    »Schmeißt ihn raus!«, sagte das Frettchen.

    Grau konnte nichts mehr sehen und hatte ein Gefühl von
Wärme im Mund. Er wusste, dass es Blut war, und wollte etwas sagen, konnte aber
nichts herausbringen. Sie fassten ihn an beiden Armen und hoben ihn hoch. Es
ging durch eine Tür in einen schmalen Treppenaufgang, in dem es kühl war und
sehr intensiv nach Beton und Pisse stank. Sie stießen ihn die Treppe hinunter
und er konnte sich nicht halten, weil alles in ihm schmerzte.

    Er lag ruhig da, dann stieß er mit dem rechten Fuß an eine
Stahltür. Langsam kam er hoch. Die Tür ließ sich öffnen und er befand sich in
einem kleinen Hof, rechts von ihm standen geparkte Autos, dazwischen war ein
offen stehendes Gittertor, dann kam die Straße.

    »Ich trage dich«, sagte Milan neben ihm.

    »Hast du das mitgekriegt?«, fragte Grau erstaunt. »Hast
du das mitgekriegt?«

    »Du störst sie«, sagte Milan. »Ich sagte doch, du wirst
sie stören. Kann ich dich hier anfassen oder tut es weh?«
    »Geht schon«, lallte Grau. »Warum denn so was?«
    »Sie machen es immer so«, sagte Milan gleichmütig und schleppte
Grau in Richtung Straße. »Du musst es anders machen.«

    »Aber wie denn?«

    »Ich habe schon alles erledigt«, sagte Milan. »Setz dich
auf die Stoßstange von dem Volvo da.«

    »Was hast du gemacht?«

    »Ich bin hinter euch her. Ich habe den kleinen Mann geschnappt.«

    »Das Frettchen? Den hageren Kerl?«

    »Ja«, sagte Milan.

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