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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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eine Tochter in eurem Alter.« Grau seufzte.
    »Das ist schon mal Scheiße!«, sagte die Kleinere von beiden
muffig, versuchte es aber noch einmal. »Hör mal, mit deiner Tochter kannst du
aber nicht ficken.«

    »Nein!«, zischte Grau scharf und drückte sich an ihnen
vorbei.

    Der Klub Memphis lag in einem alten, viergeschossigen Wohnhaus. Es gab nur eine winzige,
zurückhaltende, mattgelbe Bierreklame. Die Läden vor den Fenstern waren geschlossen,
das Haus lag vollkommen im Dunkeln. Die Straße davor war vollgeparkt. Grau
klingelte.

    Die Tür ging auf und ein Mann im grauen Smoking fragte:
»Können wir etwas für Sie tun?«

    »Das weiß ich nicht«, antwortete Grau gut gelaunt. »Man hat
mir Ihr Haus empfohlen. Es hieß, ich könnte hier etwas essen.«

    »Das ist richtig.« Der Smoking-Mann freute sich. »Sie
können essen und trinken und anschließend in angenehmer Gesellschaft sonnen und
baden. Darf ich bitten?« Er öffnete weit die Tür und Grau trat in einen
nichtssagenden Flur, dessen Wände mit rotem Plüsch bespannt waren. An der Wand
hing ein Schild: Vergiss alles, was du
bisher wusstest.

    »Sie zahlen zweihundert Mark, bekommen dafür vier Getränke
und sind Mitglied. Beim zweiten Besuch bezahlen Sie dann nichts mehr«, erklärte
der Smoking geschäftstüchtig. »Auf welchen Namen die Mitgliedskarte?«

    »Meier«, sagte Grau.

    »Meier, sehr wohl. Bitte, hier die Karte.«

    »Können Sie tausend Dollar wechseln?«, fragte Grau ganz
nebenbei.

    Der Mann war verblüfft. So viel Wechselgeld hatte er
nicht bei sich, aber er würde den Schein wechseln lassen. In D-Mark, wenn es
recht wäre, und nach den Konditionen des Hauses, eins zu eins Komma vier.

    »Eins zu eins Komma sieben«, sagte Grau vergnügt. »Ich
bin doch nicht hier, um mich verarschen zu lassen.«

    »Sehr wohl«, sagte der Smoking und lächelte.

    Es war ein sehr intimes, der Karte nach sehr teures Restaurant,
ohne einen Hauch von Frivolität oder gar Verderbtheit. Drei Kellner standen
herum und starrten hungrig auf Grau; er war der einzige Gast. Er bestellte
einen Chablis und Filets von geräucherter Forelle. Er aß langsam und mit
Bedacht, während sich das Lokal nach und nach zu füllen begann.
    Als er zu der Tür ging, auf der Gesellschaftsräume stand, war fast jeder Tisch besetzt. Das
Publikum wirkte wohlhabend, es waren mehr Männer als Frauen, und die Stimmung
war laut und ausgelassen.

    Hinter der Tür führte eine breite Treppe nach oben. Dann
folgte ein großer, saalähnlicher Raum, in dessen Mitte ein Springbrunnen in
einem großen Wasserbassin sprudelte. In dem Bassin schwammen Männer und Frauen,
einige nackt, andere in Badeanzügen.

    Grau stellte erheitert fest, dass einige der Schwimmer unermüdlich
plappernd Tabletts vor sich herschoben, auf denen Flaschen und Gläser standen.
Er bemerkte auch, dass der Hauptstrom der Schwimmer sich rechtsherum bewegte,
also im Uhrzeigersinn.

    Der übrige Raum war strahlend weiß und wirkte sehr tief.
Die Gruppen saßen in kleinen Sesseln und Sofas um niedrige Tische. Dazwischen
hochragende Grünpflanzen. Die Frauen und Männer, die bedienten, waren sehr jung
und sehr attraktiv. Diese schönen jungen Menschen trugen nur winzige Höschen
aus Glitzerstoff und lächelten ständig, wobei sie ihre blendend weißen Zähne
zeigten.

    Links an einem kleinen Tischchen hockte Milan und trank
aus einem langstieligen Glas irgendetwas Rotes. Er sah ihn nicht an.

    Grau ging zu einer langen Bar, hinter der junge Frauen
hantierten. Er bestellte sich einen Whiskey und eine Flasche Bier und setzte
sich auf einen Hocker. Die Stimmung war heiter und gelöst.

    »Ist Rechtsanwalt Timo Sundern hier? Ich möchte ihn
sprechen«, bat er die Schöne hinter dem Tresen.

    »Er ist noch nicht hier«, antwortete sie. »Wenn er kommt,
werde ich ihm Bescheid geben.«

    »Wie ist dieser Sundern als Boss?«

    »Oh, er ist nicht mein Boss, er hat hier Geschäftsführer,
er hat in jedem Betrieb Geschäftsführer. Ihm gehört der ganze Rummel, aber er
mischt sich nicht ein. Darf ich mir was einschenken?«

    »Aber sicher«, sagte Grau. »Ist das hier sein Lieblingslokal?«

    »Muss ja wohl so sein, er ist jede Nacht hier. Darf ich
auch einen Whiskey? Die Drinks, die wir trinken sollen, machen nur
Kopfschmerzen.«

    »Natürlich«, sagte Grau.
    Er bemerkte, dass ihn Milan konzentriert ansah, dann
leicht nickte, aufstand und irgendwohin verschwand. Grau erkundigte sich nach
den Toiletten und ging ebenfalls. Er stellte

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