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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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sich näher rantrauen.
Sie werden zusammenstehen wie die Klatschweiber und wir werden sie in Ruhe
fotografieren können.«

    »Das ist gut, das ist sehr gut.«

    Grau nahm seine Nikon F4 und drückte Milan die Nikon AF
in die Hand. Vorsichtig öffnete er zwei der Fenster und zog dann die Vorhänge
zu. Jeder von ihnen schob einen Sessel vor sein Fenster. Sie setzten sich so, dass
sie durch einen Spalt im Store die Vorgänge auf der Straße bequem überblicken
konnten. Jetzt hieß es nur noch ein bisschen warten.

    Wenig später kam Sigrid Polaschke herein, spielte die
Mürrische und knurrte: »Na gut, machen wir ein Picknick draus: Ihr kriegt
Kartoffelsalat mit Würstchen, wenn ihr mir verratet, weshalb zwei erwachsene
Männer sich mit einem Fotoapparat an einen Schlitz im Vorhang setzen.«
    »Sind wir bestechlich?«, fragte Milan.

    »Ja«, antwortete Grau. »Ich bin immer bestechlich, wenn
es um Würstchen mit Kartoffelsalat geht.«

    Milan erzählte ihr die Geschichte von dem blonden Mann
mit den englischen Schuhen, und sie linste vorsichtig durch den Vorhangspalt.
»Na gut. Und jetzt?«

    »Du wirst einen Logenplatz haben«, sagte Milan. »Du wirst
sehen, was passiert. Aber mach die Würstchen heiß.«
    »Und wieso wollt ihr ausziehen?«

    »Wir müssen«, murmelte Milan. »Können wir zu Mama?«
    »Bist du verrückt?«, fragte sie aufgebracht.

    »Sehr«, bestätigte Grau.

    Es dauerte zehn Minuten, bis etwas geschah. Aus beiden
Richtungen näherte sich mit Blaulicht und ohne Sirene ein Streifenfahrzeug. In
Höhe des Lancia wurden sie langsamer und fuhren schließlich Schritttempo. Sie
hielten nicht an. Vermutlich wollten sie nur feststellen, ob die Angaben des
anonymen Anrufers richtig waren. Dann stellten sie sich jeweils einhundert
Meter von dem Lancia entfernt quer auf die Fahrbahn und ließen die Lichter
kreisen. Die Beamten stiegen aus und vertraten sich neben ihren Fahrzeugen
scheinbar nur die Beine.

    »Geh sparsam mit dem Film um«, mahnte Grau. »Nimm immer
die ganze Szene und fotografiere nur, wenn sich etwas verändert hat. Ich hole
mir einzelne Leute ran.«

    Nach sechs Minuten kamen noch drei Mannschaftswagen an.
Die uniformierten Frauen und Männer stiegen aus, teilten sich in zwei Gruppen
und schwärmten auf beiden Straßenseiten aus.

    »Sie warnen die Bewohner«, sagte Grau. »Sie schicken sie
in die hinteren Räume. Jetzt kommen die Sprengspezialisten. Und rechts außen
kommen die ersten meiner Kollegen. Die Bullen werden sie nicht durchlassen.«

    Der Wagen der Sprengspezialisten war ein kastenförmiges,
graues Ungetüm, das sehr langsam und schaukelnd fuhr und unmittelbar neben dem
Lancia anhielt. Zwei Männer in Monteurskluft und mit Helmen stiegen aus. Sie
näherten sich dem Auto, berührten es aber nicht.

    Der eine sprach in sein Funkgerät, der andere ging langsam
um den Wagen herum. Der mit dem Funkgerät klopfte an die Wagenscheibe. »Meier ist
bei Bewusstsein«, sagte Grau. »Er bewegt sich.«

    Der mit dem Funkgerät redete und gestikulierte heftig,
als wollte er Meier davon abhalten, sich zu bewegen. Sein Kollege war jetzt am
Heck des Wagens und bückte sich. Dann ließ er sich flach auf den Rücken gleiten
und schob sich langsam unter das Fahrzeug.

    »Der Junge ist gut«, sagte Milan heiter. »Das ist ein
Profi. Da sind auch Leute mit einer Fernsehkamera.«

    »Achte auf zivile Fahrzeuge!«, befahl Grau kurz.

    Der Sprengspezialist mit dem Funkgerät gab dem Lancia-Fahrer
ein Zeichen. Grau sah, wie Meier sich zur Seite fallen ließ. Dann schlug der
Mann mit einem Hammer die Scheibe ein.

    »Jetzt kommen Zivilisten«, sagte Milan. »Ziemlich viele.
Sie lassen sie durch. Es sind drei Wagen.«

    »Gut so«, sagte Grau.

    Der Mann mit dem Funkgerät langte durch das Loch in der
Scheibe und öffnete die Tür. Er machte sie weit auf und bedeutete Meier
gleichzeitig, sich nicht zu bewegen. Jetzt konnte man auch seine Stimme hören.

    »Ruhig, Mann, ganz ruhig. Was ist mit Ihren Armen, warum …?
Verdammt, lassen Sie die Beine oben auf dem Sitz. Geht das? Was ist mit Ihren
Armen …? Vorsichtig jetzt.« Er hob das Funkgerät und sagte irgendetwas hinein.
Von links kam ein Krankenwagen langsam angerollt.

    »Vorsichtig!«, sagte der mit dem Funkgerät jetzt laut und
deutlich.

    Sie hörten, wie Meier fluchte und sagte: »Was macht ihr
hier eigentlich für einen Scheiß?«

    »Bombendrohung«, sagte der mit dem Funkgerät.

    Etwa dreißig Meter entfernt begann ein Kamerateam des
Fernsehens

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