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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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nachher nicht vorwerfen zu müssen, ich hätte es vergessen. Diese Männer
haben zwar Ihre Kolleginnen und Kollegen nicht befragt, aber sie wohnten zu der
Zeit im Haus, nicht wahr?«

    »Ist das wirklich nur für Sie privat?«

    Grau nickte.

    »Ja, sie haben im Haus gewohnt.«

    »Im Zimmer neben Ulrich Steeben, der verschwunden ist,
nicht wahr?«

    »Mister White wohnte rechts von Herrn Doktor Steeben,
Herr Thelen links. Ich denke, so viel kann ich Ihnen sagen, wenn es privat
ist.«

    »Es ist privat«, versicherte Grau erneut. Er stand auf
und ging hinaus. Den Bruchteil einer Sekunde lang dachte er, ob es nicht doch
angebracht wäre, dem Mann einen Hundertmarkschein in die Hand zu drücken, aber
dann ließ er es.

    Die Sonne stand immer noch hoch am Himmel. Grau musste
blinzeln, als er die Stufen hinunterging, und sich erst einmal an das Licht
gewöhnen. Dann schlenderte er zurück zum Kranzler. Er ließ sich Zeit.

    White, du hast mich ja erstklassig beschissen und der praktizierende
Katholik an deiner Seite auch. Ihr habt mit Nase gesprochen und mit Steeben.
Ihr wart im Hotel, als Steeben ankam und dann verschwand. Trotzdem habt ihr
mich in diesen Krieg geschickt, und ich würde zu gerne wissen, wieso. Nur um
andere Leute, die ich gar nicht kenne, zu verunsichern? Damit ihr billige Infos
kriegt über die weiteren Folgen dessen, was ihr angerichtet habt? Ihr seid
schuld, dass die wilde Meike zweimal in Lebensgefahr geraten ist. Natürlich
werdet ihr sagen: Wo gehobelt wird, fallen auch Späne. Aber diese Späne nehme
ich euch übel. Vielleicht sollte ich in Sunderns Armee eintreten, um eure
fetten Ärsche auf Trab zu bringen, eure ungeheuer fetten, verlogenen Beamtenärsche.

    Sie saßen merkwürdig aufgereiht, als erwarteten sie irgendeine
Darbietung. Links außen Milan, dann Mehmet, dann Sundern und Meike in einem
grellgrünen Trainingsanzug, ungeschminkt, blass. Ganz rechts Geronimo.

    »Thelen und White waren tatsächlich im Hotel, als Steeben
ankam. Sie hatten die Zimmer neben ihm. Das bringt mich auf eine Frage,
Sundern: White und Thelen haben mir weisgemacht, ihre Leute hätten verzweifelt
nach Steeben gesucht. Stimmt das?«

    Sundern nickte wider Erwarten. »Das ist einwandfrei, das
stimmt. Sie haben Berlin auf den Kopf gestellt und sind dabei unheimlich brutal
vorgegangen. So brutal, dass sie Schwierigkeiten mit dem Senat und dem
Regierenden Bürgermeister bekommen haben. Weil es ihnen verboten wurde
weiterzusuchen, haben sie dich hierher geschickt.«

    »Aber sie hatten doch die Kollegen vom CIA und die vom
deutschen Verfassungsschutz.«

    Sundern grinste erschöpft. »Das ist richtig, aber die wollten
sich nur ungern einspannen lassen. Wie auch immer: Steeben jedenfalls ist tot.«

    Meike weinte nicht, sie war nur sehr blass und hielt die
Augen gesenkt. Grau wäre gern zu ihr hingegangen und hätte sie in die Arme
genommen. Stattdessen setzte er sich auf einen Stuhl. »Was jetzt?«

    Mehmet räusperte sich. »Es wird durch die Szene gehen, dass
Steeben tot ist. Da überall bekannt ist, was er mitgebracht hat, ist die Jagd
hiermit eröffnet: Sie werden wie die Irren nach dem Geld und dem Koks suchen.
Wir können uns zurücklehnen und zusehen. Wir haben Logenplätze.«

    »Mehmet«, sagte Sundern wütend, »du redest gequirlte
Scheiße! Wir wissen nur eins ganz genau: In diesem gottverdammten Hotel ist irgendetwas
schiefgegangen. Auf keinen Fall sollte Steeben dabei hopsgehen. Im Gegenteil,
ein verschwundener Steeben, verschwundene Dollars und verschwundener Koks
können jedem nur nützen, egal, was er vorhat.

    Wir sitzen keineswegs auf Logenplätzen, und abwarten
können wir schon gar nicht! Das Eingreifen der Amsterdam-Truppe zeigt doch
deutlich, dass alle Welt gezielt darüber unterrichtet wurde, dass ich, der
Sundern, angeblich an dieser Sache mitdrehe. Also lässt mich niemand auf einem
Logenplatz sitzen. Im Gegenteil, jeder wird glauben: Habe ich Sundern, habe ich
auch den Koks und die Kohle! Ist das jetzt endlich klar? Mein Gott, habt ihr
euer Hirn in der Garderobe abgegeben? Die Situation ist lebensgefährlich!

    Grau, erinnerst du dich, wie ich dir sagte, es sieht verdammt
so aus, als wärest du an mich herangespielt worden? Siehst du, was jetzt
passiert? Jetzt werde ich erledigt, ohne dass die Bullen auch nur den kleinen
Finger rühren müssen!« Er hatte plötzlich die Augen und das Gesicht eines
uralten Mannes.

    Grau fragte: »Kannst du es denn riskieren, den alten Pedrazzini
noch einmal

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