Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
Vom Netzwerk:
das recherchiert. Ich weiß nicht, wer dahintersteckt.« Er griff nach einem
der Fotos mit dem toten Steeben. »Der da war es jedenfalls nicht. Rufst du
White an?«

    Grau nickte. »Ich rufe ihn an und sage ihm, dass ich seinen
Steeben gefunden habe; er wird mich wahrscheinlich loswerden wollen. Milan,
Meike: Wir fahren mit drei Taxis, jeder nimmt einen anderen Weg.«

    Auf dem Kurfürstendamm herrschte hektische Betriebsamkeit.
Es war nicht einfach, ein Taxi zu bekommen. Grau fragte nach einem
Pfeifengeschäft und ließ den Fahrer dort halten.
    Er kaufte drei Dosen Tabak von Charatan und zwei Pfeifen,
eine von Butz-Choquin mit Sterling-Silber zwischen Mundstück und Kopf und eine 1993er-Jahrespfeife
von Stanwell. Er wusste nicht, was noch auf ihn zukommen würde, fühlte sich
aber zum ersten Mal seit Langem gelassen, und er freute sich auf Meike.

    Die Wohnung in der Dimitroffstraße wirkte freundlich und
chaotisch. Sigrid und Meike werkelten in der Küche und versprachen ihnen ein
aufregendes Abendessen. Sie erzählten sich gegenseitig lauthals schlüpfrige
Witze und kreischten dabei zuweilen wie grenzenlos überreizte Teenager.
    Grau hockte sich zu Milan ins Wohnzimmer und stopfte sich
feierlich eine Pfeife.

    »Das gefällt mir«, sagte Milan, »das passt zu dir.«

    »Dann nimm die andere«, schlug Grau vor. »Vielleicht
schmeckt es dir, vielleicht werden wir dann berühmt als die zwei
furchterregenden Pfeifen. Bist du zufrieden mit den neuen Papieren?«

    Milan nickte. »Ich fühle mich jetzt sicher, kann jetzt sagen:
Der bin ich! Muss man Tabak sehr fest stopfen?«

    »Nicht sehr fest, unten wenig, oben mehr. Was glaubst du:
Geht der Krieg langsam zu Ende?«

    »Was meinst du mit Krieg? Meinst du blutige Sachen wie
bei Nase?«

    »Genau das meine ich.«

    »Ich weiß es nicht«, sagte Milan. »Das kommt drauf an,
wer das Geld hat und den Stoff. Er kann viel Krieg machen, wenn er will. Du musst
White anrufen, du musst sagen, dass Steeben tot ist.«

    Grau nickte und nahm gehorsam das Telefon. Eine Frau
meldete sich sehr neutral und verband dann mit White, der lärmend verkündete:
»Ich weiß, ich weiß: Vetter Steeben hat das Zeitliche gesegnet. Wir haben die
Fotos auch. Glauben Sie, dass die echt sind?«

    »Es sieht so aus. Sagen Sie mal, White, warum haben Sie
mir eigentlich erzählt, Sie seien verheiratet und hätten zwei Kinder?«

    »Gewohnheit«, sagte er und grinste zweifellos am anderen
Ende der Leitung. »Das sage ich immer, um mir den Anschein guter Bürgerlichkeit
zu geben.«

    »Und die Sekretärin, die ein Kind von Ihnen erwartet?«

    »Derselbe Grund. Das macht mich so herrlich mittelmäßig.
Sie nehmen das doch nicht übel? Grau, Sie sind doch kein Spielverderber?«

    »Nein, nein, das bin ich nicht. Aber ich denke: Wer so
kaltblütig lügt, der stiehlt auch und betrügt. Vielleicht mordet er auch. Was
meinen Sie, White?«

    »Wo stecken Sie denn jetzt im schönen Berlin?«

    »Ich bin nicht in Berlin«, log Grau. »Ich bin außerhalb.
Ich habe eine Spur. Vielleicht weiß ich, wo der Stoff und das Geld sind.«

    »Wie bitte?« Das klang aufrichtig verblüfft.

    »Es ist tatsächlich so. Vielleicht taugt die Spur was.
Ich wollte mich für etwa vierundzwanzig Stunden verdrücken. Wissen Sie
eigentlich, dass Nase in den Himmel aufgefahren ist?«

    »Nase?«

    »Ja. Sie kennen ihn vermutlich unter dem Namen Erwin
Habdank. Der kleine Berliner Kokskönig. Puff hat es gemacht und er war ein
Engel.«

    »Das Bauernhaus?«

    »Das Bauernhaus, White, ganz richtig. Ein schönes Anwesen.
Sehr schade.«

    »Wer war es denn, Grau? Wissen Sie das?«

    »O ja. Spezialisten aus Amsterdam. Mama Chang, Sie wissen
schon, White.«

    »Woher soll ich denn das alles wissen, Grau, und wieso
sind Sie neuerdings so aufsässig?«

    »Das wissen Sie ganz genau, White. Ich habe übrigens in
einer sehr einfachen Recherche festgestellt, dass Sie am Abend von Steebens
Ankunft in Berlin im Hilton gewohnt
haben. Sie rechts, Thelen links von Steeben. Ist das nicht eine Überraschung?
Oder erinnern Sie sich gar nicht mehr?«

    »Das ändert aber doch nichts an der Tatsache, dass Steeben
dann verschwunden ist und mit ihm sein Gepäck«, sagte White gepresst. »Oder
sehen Sie das anders?«

    »Ich habe noch eine letzte Frage, White: Haben Sie die
Leiche?«

    »Haben wir nicht. Wir wissen auch nicht, wer ihn ins Jenseits
befördert hat. Ehrenwort, Grau.«

    »Ehrenwort taugt nicht mehr«, sagte Grau. »Also, ich gehe
jetzt Steebens

Weitere Kostenlose Bücher