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Kurier

Kurier

Titel: Kurier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berndorf
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glaube, dass White und Thelen irgendetwas gedreht
haben. Ich denke, dass der Stoff und das Geld immer noch hier in Berlin sind.
Ich befürchte, die russische Mafia wird kommen, die Polen auch. So viel Zaster
macht jeden heiß. Das wird ein Tanz, Grau.«

    »Und was können wir tun?«

    »Schneller sein«, sagte Sundern resolut.

    »Ich sollte aussteigen«, konstatierte Grau. »Das ist
nicht meine Welt, da kann ich nicht mit.«

    Sundern nickte. »Richtig. Aber du könntest hinterher ein
Buch schreiben, wenn du dann noch lebst.«

    »Das stimmt«, sagte Grau. »Aber ich bin immer für die
falsche Seite.«

    Sundern sah ihn erstaunt an. »Bin ich etwa dieses Mal die
falsche Seite?«

    »Wenn du White fragst, ja.«

    »Aber White hat die Schweinerei angerichtet, Grau!«
    »Das ist noch nicht bewiesen. Da kommt übrigens Geronimo.«

    Geronimo pirschte sich an ihren Tisch und sagte kurzatmig:
»Es ist klar, Timo. Er lag auf Eis oder irgend so was. Der Doktor hat gesagt,
so sehen die im Kühlhaus der Pathologie alle aus.«

    »Nase ist tot, Steeben ist tot. Das ist nicht gut: Sie
hätten viel erzählen können. Erinnerst du dich, was ich zum Thema Hotel sagte,
Grau? Gehst du ins Hilton fragen?«

    »Mach ich«, sagte Grau. »Ist es weit von hier?«

    »Ein paar Minuten. Es war Donnerstag vor einer Woche,
also der 6. August. Vergiss das nicht.«

    Grau ging. Gesprächsfetzen schwirrten ihm durch den Kopf:
›Grau, bist du eine Chance? Ich weiß nicht, warum ich dir vertraue. Du bist so
schön albern.‹ Ja, meine wilde, schöne Meike! Wir haben uns getroffen, dann
werden wir uns trennen, und ich werde in Frankfurt (Oder) vor irgendeinem Chefredakteur
stehen und devot bitten: »Haben Sie einen Job für mich?«

    Der Chefportier war ein dicker, sehr honorig aussehender
Mann mit einem freundlichen Gesicht, das an einen aufgehenden Mond erinnerte.
Ich werde ihn nicht kaufen können, dachte Grau müde. Er ist unbestechlich. Er
nimmt so viel Trinkgeld mit höflicher Wahrheit ein, dass er seinem Hause
niemals schaden würde.

    Nicht für tausend Dollar, nicht für zehntausend. Und
vielleicht erinnert er sich gar nicht. Wahrscheinlich hat man ihm in den
Dienstvertrag geschrieben, er dürfte sich niemals erinnern. Diese Männer nehmen
Verträge sehr ernst. Sei also zurückhaltend und höflich, Grau.

    »Mein Name ist Grau. Hätten Sie die Güte, mir drei Minuten
zu opfern?«

    Der Mann war um die fünfzig. Er verbeugte sich leicht und
lächelte. Keineswegs das Lächeln eines Untergebenen. »Sind Sie ein Gast, mein
Herr?«

    »Das bin ich vielleicht demnächst.« Grau lächelte ebenfalls.
»Können wir irgendwo … ich meine, gibt es einen separaten Raum?«

    »Selbstverständlich. Die Rezeption hier? Oder das Büro?«

    »Das Büro wäre mir lieber«, sagte Grau schüchtern. Er
ging seitlich hinter dem Mann her und dachte: Wie das englische Königspaar, und
ich bin eindeutig Philip. Das Büro war ein einfacher Raum: ein Schreibtisch,
ein Sessel, zwei Stühle, ein Blumenstrauß auf der Tischplatte.

    »Nehmen Sie Platz«, sagte der Mann höflich. »Ich hoffe,
ich kann Ihnen behilflich sein.«

    Grau nickte langsam. »Es ist eine Geschichte, die Sie kennen.
Sie ereignete sich am Abend des 6. August, also vor zehn Tagen. Ein Mann kam
an, ein Mann des Auswärtigen Amtes in Bonn. Er hatte viel Gepäck. Minuten
später war er samt Gepäck verschwunden. Man hat Sie mit Fragen bestürmt. Die
Männer, die Sie fragten, wiesen sich als Beamte eines amerikanischen
Geheimdienstes aus. Es waren auch Beamte des Bundesnachrichtendienstes dabei.
Erinnern Sie sich?«

    »Selbstverständlich, Herr …«

    »Grau.«

    »Selbstverständlich erinnere ich mich. Es war acht Uhr
abends und ich war bereits in meiner Wohnung. Ich wohne hier im Haus, müssen
Sie wissen. Natürlich erinnere ich mich. Ein peinlicher Vorfall, wenngleich
niemand vom Personal auch nur in der geringsten Weise beteiligt war.«

    »Das weiß ich.« Grau nickte nachdrücklich. »Das weiß ich
sehr wohl. Ich habe eine sehr private Frage, die gewissermaßen mein Leben
verändern könnte. Ich will Ihnen kein Märchen erzählen, deshalb erkläre ich
lieber gar nichts. Ich frage nur, ob diese beiden Männer hier Sie auch befragt
haben.« Er legte die Fotos auf den Tisch.

    »Die waren nicht dabei«, sagte der Mann sehr sicher und
ohne zu zögern.

    »Danke für die Auskunft. Nun noch eine zweite Frage,
deren Beantwortung nicht so wichtig ist und die ich eigentlich nur stelle, um
mir

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