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Kurpfalzblues

Titel: Kurpfalzblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Bach
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leider
davon ausgehen, dass sie ermordet wurde.«
    Der Kopf des Riesen sackte ganz langsam ein wenig tiefer. Es war so
still in der kleinen Küche, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können.
    Maria kannte das. Der Schock. Der Schmerz, der sich erst langsam
seinen Weg bahnte. Die Menschen erstarrten, bevor das Elend aus ihnen
herausbrach.
    Doch es geschah nichts. Minutenlang saß Rinkner bewegungslos da.
    »Es wäre schön, wenn Sie uns etwas über Ihre Tochter erzählen
würden. Je mehr wir über sie wissen, desto besser für unsere Ermittlungen«,
sagte Maria schließlich.
    Der Riese rührte sich nicht.
    »Hat sie Ihnen irgendetwas erzählt? Gab es Ärger, Streit mit
jemandem? Hat sie sich bedroht gefühlt?«
    Wieder keine Antwort.
    Nun setzte Maria sich doch auf den einzigen Stuhl, der vor dem
Küchentisch stand. Das hier würde wohl länger dauern. Alsberger, der nur noch
die Möglichkeit gehabt hätte, sich zu Kurt Rinkner auf die Bank zu setzen,
blieb weiter in respektvollem Abstand stehen.
    Aus dem Mülleimer, der offen in der Ecke stand, strömte fauliger
Geruch. Man hörte das leise Summen einer Fliege, die suchend kreuz und quer
durch den Raum flog, um sich schließlich in der Spüle auf einem Teller mit
eingetrockneten Essensresten niederzulassen.
    »Wo ist Leas Mutter?«
    Rinkner hob den Kopf, aber er schaute Maria immer noch nicht an.
Sein Gesicht war aschfahl.
    »Tot«, antwortete er mit monotoner Stimme.
    »Wann haben Sie Lea das letzte Mal gesehen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Ungefähr würde uns schon reichen.«
    »Irgendwann. Letzte Woche oder so.«
    »Hatte sie einen Freund?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Hatte sie Ärger mit irgendjemandem?«
    Nun schaute er doch zu Maria herüber.
    »Ich weiß nichts. Sie hat nie was erzählt. Meine Tochter hat es
nicht für nötig gehalten, ihrem Vater irgendwas zu erzählen. Und jetzt gehen
Sie besser.«
    »Vielleicht hatte sie Freundinnen, Bekannte? Für uns ist alles
wichtig.«
    Rinkner griff zu einem Päckchen Tabak, das auf dem Tisch lag, und
begann, sich eine Zigarette zu drehen. Seine Hände zitterten so, dass ein Teil
des Tabaks danebenfiel. Mit einer unwirschen Handbewegung wischte er die Krümel
vom Tisch, dann zündete er die Zigarette an und inhalierte tief.
    »Herr Rinkner, haben Sie meine Frage verstanden?«
    »Haben Sie meine Antwort nicht verstanden?«, entgegnete er.
    Für einen Moment war Maria perplex. So viel offene Feindseligkeit
hatte sie selten beim Überbringen einer Todesnachricht erlebt.
    »Können wir noch etwas für Sie tun? Sollen wir jemanden anrufen, den
Sie jetzt gerne bei sich hätten?«
    »Nein. Verschwinden Sie.«
    Zweifellos wollte Kurt Rinkner ihnen nichts erzählen. Er wollte
allein sein, und wie ein Tier, das sich in die Ecke gedrängt fühlte, biss er
zu, um sie zu vertreiben.
    »Wir kommen ein andermal wieder.«
    »Wenn Sie meinen«, erwiderte der Riese.
    Rinkner rührte sich nicht, als sie gingen. Wie versteinert blieb er
auf der Küchenbank sitzen.
    »Was war das denn?«, fragte
Alsberger, als sie wieder im Auto saßen.
    »Keine Ahnung. Vielleicht war er so schockiert. Früher haben sie die
Überbringer schlechter Nachrichten geköpft. Da sind wir wahrscheinlich noch gut
weggekommen.«
    Wie üblich blockierte der Sicherheitsgurt. Ärgerlich zerrte Maria
daran, bis er endlich nachgab.
    »Also, ich finde, das machte eher den Eindruck, als wäre dem egal,
was mit seiner Tochter passiert ist.«
    »Wer weiß das schon, Alsberger. Wir können nicht in die Leute
hineinschauen.«
    »Sicher. Wie Sie meinen.«
    Es war nicht zu überhören: Alsberger war ganz und gar nicht ihrer
Meinung.
    »Was meinen Sie denn?«
    Er zögerte.
    »Nun spucken Sie es schon aus.«
    »Na ja. Normalerweise fragt man ja wohl nach, wenn die eigene
Tochter ermordet wurde. Also ich würde wissen wollen, ob man den Täter schon
kennt, wo man meine Tochter gefunden hat und wie sie umgebracht wurde. Sie
nicht?«
    »Jeder reagiert anders.«
    »Aber so nicht. Nicht auf den Tod einer Tochter. Da stimmt
irgendetwas nicht.«
    »Er hat gesagt, dass sie sich letzte Woche noch gesehen haben.«
    »Na und? Was heißt das schon?« Alsberger fädelte sich auf die
Schnellstraße ein, die zur Autobahn führte. »Vielleicht haben sie sich da
gestritten. Ich finde den auffällig. Für mich ist der verdächtig.«
    Alsbergers Schnellschüsse. Es war jedes Mal das Gleiche. Er biss
sich direkt zu Beginn der Ermittlungen an einer Person fest, die ihm irgendwie
suspekt schien,

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