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Kurpfalzblues

Titel: Kurpfalzblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Bach
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Maria ihn an.
    Die Strecke war frei. Alsberger trat auf das Gaspedal.
    Er sah es vor ihr und reagierte so schnell, dass sie keine Chance
hatte, irgendetwas zu verhindern: Ein Hase war vom Feld auf die Fahrbahn
gelaufen und schon fast auf der linken Seite angekommen, als er plötzlich eine
Kehrtwende machte und wieder zurückrannte, direkt auf ihren Wagen zu. Nicht
minder erschrocken als der Hase riss Alsberger das Steuer nach rechts.
    Wie eine Rakete schoss das Auto über den Straßenrand hinaus und
ruckelte über den Acker, als ob man mit einem Traktor hundert fahren würde. Nur
der Sicherheitsgurt bewahrte Maria davor, gegen die Wagendecke geschleudert zu
werden.
    Als das Auto endlich zum Stehen kam, herrschte einen Moment Stille.
Dann drehte Alsberger sich zu ihr. Er war fast noch bleicher als am Morgen
neben der Leiche.
    »Sind Sie verletzt?«, fragte er.
    Maria fühlte sich, als sei sie Achterbahn gefahren, aber weh tat
nichts. Auch wenn sie den Sicherheitsgurt oft genug verfluchte, manchmal
leistete so ein lästiges Ding eben doch gute Dienste.
    »Sagen Sie mir, dass das nicht wahr ist!«
    Er hatte sie ins Feld katapultiert. Für einen Hasen!
    »Es tut mir leid. Es war ein Reflex. Ich konnte gar nicht …«
    »Die Polizei, dein Freund und Helfer.« Maria schnallte sich ab. »Wir
bremsen auch für Tiere.«
    »Wirklich, ich …«
    »Halten Sie die Klappe, Alsberger.«
    Dass er ins Mädchenpensionat gehörte, war diesmal eindeutig noch das
Netteste, was ihr durch den Kopf ging.
    Der Motor war ausgegangen. Alsberger drehte den Schlüssel im
Zündschloss herum und gab Gas. Das Auto sprang an, ruckte kurz nach vorn und
ging wieder aus.
    »Scheiße«, fluchte er.
    Er probierte es noch einmal. Diesmal lief der Motor weiter, aber
hinter ihnen flog eine Fontäne aus braunem Staub in die Höhe, ohne dass sie
sich auch nur einen Zentimeter bewegt hätten. Maria konnte förmlich spüren, wie
der Wagen sich immer tiefer in die Erde eingrub.
    »Jetzt hören Sie schon auf, das macht es ja nur schlimmer.«
    Zwanzig Minuten später war klar, dass sie das Auto so nicht frei
bekommen würden. Zwanzig Minuten, in denen sie eines völlig vergessen hatten:
Kurt Rinkner.
    Maria rief Dieter Mengert an und lief zurück zur Straße. Sollte
Alsberger sich selbst darum kümmern, dass ihn jemand aus dem Dreck zog.
    Als sie am Straßenrand stand und wartete, schwirrten die Bilder
durch ihren Kopf.
    Rinkner, die Axt hoch über dem Kopf erhoben. Rinkner, der eine Tür
zertrümmerte und alles kurz und klein schlug, was sich dahinter verbarg. Der
den blanken Stahl auf den Mörder seiner Tochter niedersausen ließ.
    Maria verfluchte Alsberger, dass er sie auf diesen Gedanken gebracht
hatte, und verfluchte ihn noch mehr, weil sie seinetwegen eine halbe Stunde auf
einem Acker verbracht hatte.
    Sie schaute die Straße entlang. Auto um Auto fuhr vorbei, manche im
Schneckentempo, die Fahrer mit neugierigem Blick auf den Wagen im Feld.
    Endlich kam Mengert und hielt am Straßenrand.
    »Dieser Idiot«, schimpfte Maria, als sie in den Wagen stieg.
    »Was war denn?« Mengert schaute neugierig zu Alsberger, der neben
dem Wagen im Feld stand. »Bisschen zügig überholt?«
    »Nein, unser Tierliebhaber ist einem Hasen ausgewichen.«
    »Einem Hasen? Deshalb setzt der die Kiste ins Feld?«
    Mengert lachte. Bis sie in der Straße waren, in der Kurt Rinkner
lebte, hatte er so viele Witze über Alsberger und den Hasen gerissen, dass er
sich die Tränen vom Gesicht wischen musste.
    »Da vorne ist es«, sagte Maria. »Und jetzt hör endlich auf, hier
rumzugackern. So lustig ist die Geschichte nun auch wieder nicht.«
    Sie parkten den Wagen. Maria klingelte, aber wie schon bei ihrem
ersten Besuch blieb die Tür verschlossen.
    »Eben hat er auch nicht aufgemacht. Wir probieren es über den Hof.«
    Sie ging zu dem grünen Tor und drückte es auf. Der Innenhof wirkte
wie ausgestorben. Das Tor zur Scheune stand immer noch halb offen, aber diesmal
war kein Geräusch zu hören.
    »Hat der die Kuh vom Nachbarn geschlachtet?« Mengerts Blick war auf
den Tierschädel gefallen, der an der hölzernen Scheunenfront hing.
    Die Hintertür, die ins Haus führte, stand weit offen. Maria rief in
den dunklen Flur hinein.
    »Herr Rinkner?«
    Ein kalter, kaum spürbarer Lufthauch zog ihr entgegen. Vorsichtig
ging sie hinein.
    »Herr Rinkner, sind Sie da? Ich bin es noch einmal, Mooser, von der
Kripo!«
    Irgendwo tickte eine Uhr. Maria ging langsam weiter. Ein kleiner
Schatten kam auf

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