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Kurs Minosmond

Kurs Minosmond

Titel: Kurs Minosmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Sie von seinem Tod?“ Die Diensthabende seufzte. „Er war eben ein Pechvogel. Hat er endlich mal was erreicht, und schon stirbt er.“
    „Was hat er denn erreicht? Was bedeutet seine Erfindung? War sie wichtig?“
    „O Mann, sie bringt eine Umwälzung. Mit seinem automatisierten Aromatest werden wir hier überflüssig, ein Diensthabender genügt, der jeden Tag mal seine Nase hier hereinsteckt, und der braucht nicht mal besondere Fähigkeiten im Riechen und Schmecken.“
    „Aber destabilisiert das nicht das ganze Gewerbe?“



„Im Gegenteil, es paßt genau in die Entwicklungstendenz. Die geschmacklichen Ansprüche der Leute wachsen von Jahr zu Jahr, deshalb werden immer mehr Geruchs- und Geschmacksspezialisten in der Verarbeitung gebraucht. Wenn ich hier frei werde, kann ich mir einen Dienst ganz in der Nähe aussuchen, drei reißen sich schon um mich, ein Restaurant, ein Lebensmittelmagazin und ein Delikatessenladen.“
    „Schön für Sie, aber mal zurück zu Klaus Rebner. Ist Ihnen in den letzten Tagen irgendwas Besonderes an ihm aufgefallen – ich meine, in den letzten Tagen vor seinem Tod. Oder Wochen vielleicht, Sie haben sich ja auch nicht so oft gesehen.“
    „Na – eigentlich nicht, nein, aufgefallen nicht. Ich meine, er war natürlich ganz begeistert von seiner Erfindung, hat er ja auch lange dran gearbeitet, und dann wollte er nächsten Monat einen, na, eine Art Wettkampf organisieren, zwanzig Qualitätsprüfer gegen sein Gerät, und er hatte wohl auch weitere Pläne, aber darüber hatte er noch nichts Konkretes gesagt.“
    „Aha. Wissen Sie, ob die Urkunde selbst für ihn eine besonders große Bedeutung hatte?“
    „Was denn für eine Urkunde? Ach so, bei der Feierstunde. Nein, weiß ich nicht.“
    Wenzel verabschiedete sich von der Diensthabenden noch vor Ablauf der Zehnminutenfrist. Sehr zufrieden war er nicht, aber was er nun noch fragen sollte, wußte er auch nicht, klar war jedenfalls, daß der Tote sein Leben nicht als abgeschlossen betrachtet hatte, sondern eher als nun erst richtig beginnend, und daß er keineswegs deprimiert gewesen war, sondern eher enthusiasmiert.
    Nur um nichts zu versäumen, ging Wenzel in das Töpferbüro und erfuhr dort, daß Rebner tatsächlich Material für seine handwerkliche Arbeit der nächsten Monate bestellt hatte. Aber dann kam ein anderer Töpfer hinzu, hörte, daß es um Klaus Rebner ging, und stellte sich als Freund des Toten vor. Und er mußte wirklich ein sehr guter Freund gewesen sein, denn er wußte sogar über Rebners Erfindung viel mehr als die Dienstkollegin vorhin. Einen Forschungsauftrag des städtischen Wirtschaftsrates hatte der Tote gehabt, ein paar hundert Computerstunden und Kapazität an mehreren Forschungsinstituten hatten ihm zur Verfügung gestanden – so bekam Wenzel erst jetzt einen richtigen Begriff von Bedeutung und Ausmaß dieser Leistung.
    Wenzel unterhielt sich noch lange mit dem Töpfer, sie verließen das Büro und gingen spazieren, aßen dann irgendwo zu Mittag und verabschiedeten sich erst, als es dunkel wurde. Immer mehr verdichtete sich bei Wenzel der Eindruck, daß kein Mensch, ausgenommen vielleicht die Ehefrau, den Toten so gut gekannt hatte wie dieser Gesprächspartner. Aus vielen Einzelheiten, jede für sich nichtssagend, entstand ein Charakterbild des Toten, und zu diesem Bild paßte nur eins nicht: sein Tod. Übrigens unterschied sich dieses Bild nicht wesentlich von dem, das der Sohn gegeben hatte, es war nur genauer.
    Alles in allem hatte Wenzel nun einen Gesamteindruck von der Person, aber wenig konkrete Anhaltspunkte. In einer Hinsicht hatte er allerdings falsch getippt: Die Urkunde – als Gegenstand – hatte für den Toten keine so große Bedeutung gehabt wie der Raumteiler offenbar für Otto Mohr, sonst hätte gewiß dieser Töpfer etwas davon gewußt. Es war wohl doch noch zu früh, Parallelen zwischen den Fällen zu suchen.
    Na gut, na schön, hoffentlich erreicht Pauline mehr! dachte er.

    Ausgerüstet mit einem umfangreichen Programm für neue Experimente, das die Theoretiker erarbeitet hatten, waren die Experimentatoren mit dem Zollstock zur Anlage Blastron I zurückgekehrt und hatten sie nach Reparatur der Laseranschlüsse sofort wieder in Betrieb genommen.
    Die Computeranalysen hatten doch etwas mehr ergeben als die Betrachtungen Rubens, die sich ja immer nur auf einzelne ausgewählte Meßwerte gestützt hatten. Aus den Berechnungen hatte sich ein Gedankenmodell geformt. Fest stand, daß irgendein

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