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Kurs Minosmond

Kurs Minosmond

Titel: Kurs Minosmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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den äußeren Merkmalen nach mit ihrem Forschungsgegenstand zu tun haben könnte. Sie rief an, erinnerte noch einmal an das Versprechen, und der Zufall wollte es, daß sich am selben Vormittag etwas Derartiges ereignete; bei Umrüstungsarbeiten an einem vollautomatischen Industriebetrieb war eine etwa fünfzigjährige Computerspezialistin zusammengebrochen.
    Pauline dankte für die Nachricht, suchte auf dem Stadtplan, den sie an die Wand gehängt hatte, den Betrieb, er war nicht weit weg. Sie hinterließ eine Nachricht für die Studenten, fuhr nach unten und nahm sich eins der herumstehenden E-Taxis. Zwanzig Minuten später stand sie vor dem Gebäude.
    Von einem Industriebetrieb hatte sie kaum eine Vorstellung, zumal ja auch Menschen darin normalerweise nichts zu suchen hatten. Daß aber hier etwas Ungewöhnliches im Gange war, das sah sie wohl: Auf der Laderampe, auf der sonst die von der Automatik produzierten Maschinen, in Containern verpackt, zum Abtransport bereitgestellt wurden, standen Kraftwagen verschiedener Größe und Bestimmung, Personenwagen darunter, Arbeitswagen, andere, deren Funktion nicht sofort zu bestimmen war. Das Ausgabetor war offen, Kabel liefen hinein, Leute in einem sonderbaren, enganliegenden Dreß bewegten sich davor, zwei kamen heraus, einer ging hinein, ein weiteres Kabel hinter sich herziehend – sicherlich nicht gerade ein Menschengewimmel, wenn man an historische Fabriken dachte, aber vor dem Ausgang einer vollautomatischen Fabrik absolut ungewöhnlich.
    Pauline schritt die Front der Wagen ab und kam an einen, bei dem eine kurze Trittleiter zu einer Tür hinaufführte, und an der Tür klebte eine Art Betriebsschild mit einer Abkürzung, die sie nicht kannte. Das war wohl die Zentrale des Unternehmens. Sie klopfte an und trat ein, nachdem jemand drinnen kräftig dazu aufgefordert hatte. Sie sah einen Mann in den Vierzigern, umgeben von einer unwahrscheinlichen Menge Papier, an den Wänden hing es, auf dem Tisch und dem Boden lag es, zwei Hocker waren vollgestapelt; meistens schien es sich um Karten oder Grundrisse zu handeln, wahrscheinlich wohl von dieser Fabrik.
    „Warten Sie, gleich“, sagte der Mann und verfolgte irgend etwas mit großer Intensität auf der Karte, die er auf dem Tisch ausgebreitet hatte, „ich stehe Ihnen gleich zur Verfügung, Fremdling, aber Sie müssen entschuldigen, unsere Leute klopfen nicht an, und wenn Sie keiner von uns sind, ist das, was Sie herführt, weniger wichtig, so, das war’s“, er sprach plötzlich lauter, und da sah Pauline, daß er ein Mikrofon am Jackenaufschlag trug, „Rudi, sieh dir mal die Reihe dreizehn an, die bestand ursprünglich aus sieben Aggregaten, stell bitte die Nummern von den sechs fest, die noch da sind.“
    Jetzt endlich schaute der Mann hoch, und offensichtlich freute er sich über Paulines Anblick, er schluckte und sagte dann: „Da kommt der Sommer ins Haus, und man sieht nicht einmal auf! Kommen Sie aus der Modebranche?“
    Pauline mußte lachen – solchen Erfolg hatte sie sich von dem Fummel, den sie sich gerade genäht hatte, wahrhaftig nicht versprochen. Und von sich selbst schon gar nicht.
    „Ich bedanke mich“, sagte sie, „aber was mich herbringt, ist nicht so erfreulich. Hier war ein Unfall?“
    „Unfall?“
    „War hier nicht die DMH angefordert worden?“ Der Mann lachte wieder. „Ein Irrtum. Zum Glück. Wissen Sie, wir sind sonst ein eingespielter Haufen, nur einer war neu, der hat die Elke, das ist unsere Computerspezialistin, also, wie soll ich sagen, die Elke war gerade trans, da kam er dazu und dachte, sie sei zusammengebrochen.“
    „Was ist ‚trans‘?“ fragte Pauline, die sich nicht eingestehen wollte, daß sie sich den Weg umsonst gemacht hatte, und nun wenigstens neugierig sein wollte.
    „Am besten fragen Sie die Elke selbst, Sie finden sie in dem großen Wagen, wo die meisten Kabel hinführen, es ist völlig ungefährlich, Lichtleiterkabel.“ Er fingerte am Rockaufschlag und sprach: „Elke, hallo, Elke, da kommt jemand zu dir!“
    Pauline bedankte sich und kletterte wieder hinunter. Den Wagen fand sie schnell, nur den Eingang nicht, aber da öffnete schon eine etwas hagere Frau, das Alter war schwer zu schätzen, aber sicherlich war sie schon weit über die Fünfzig hinaus – Pauline fiel in diesem Moment auf, daß sie sich angewöhnt hatte, alle Leute, die ihr begegneten, daraufhin zu betrachten, ob sie zu den Fünfzigern, also zu der sie interessierenden Gruppe, gehörten.
    Die

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