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Kurt Ostbahn - Blutrausch

Kurt Ostbahn - Blutrausch

Titel: Kurt Ostbahn - Blutrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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bei unserem nächtlichen Telefonat ziemlich aus der Fasson. Und das gallige Lachen des Doc, den in Sachen Blutrausch so schnell nix erschüttert, klingt mir jetzt wie ein Hilferuf im Ohr.
    „Scheiße“, sage ich. „Mach dir keine Sorgen. Ich kümmer mich drum.“
    „Weißt Du, wo er steckt?“
    „Nein“, sage ich. „Aber ich nehm die Sache in die Hand.“

11
    Eine halbe Stunde später verlasse ich das Haus. Ich habe mir einen Zeitplan zurechtgelegt, der die raschest mögliche Erledigung der zwei heute anstehenden Aufgaben vorsieht und die ehebaldigste Rückkehr in meine vier Wände.
    Marlene wird anrufen. Und diese Sensation will ich unter keinen Umständen verpassen.
    Flotten Schrittes überquere ich die verkehrsberuhigte Reindorfgasse und stelle mit Genugtuung fest: Die froschgrüne Rostschüssel des Trainers parkt immer noch vor dem Quell .
    Der Musterwirt meint es auch heute gut mit mir. Er öffnet seine Pforten just in dem Augenblick, als ich das Strafmandat von der Windschutzscheibe des Trainer-Boliden pflücke. Ich werde es ihm persönlich überreichen, zusammen mit den paar Hundertern Verwaltungsstrafe, die er sich durch das Langparken in der Kurzparkzone eingehandelt hat. Eine versöhnliche Geste nach den ruppigen Tönen der letzten Nacht.
    Der Quell -Poldl erkundigt sich nach meinem werten Befinden.
    „Sensationell“, sage ich. Und ändere kurzfristig meinen Zeitplan, indem ich ihm ins Innere des Lokals folge, Ham & Eggs und einen großen Apfelsaft gespritzt bestelle und mich dann mit dem Kronenblatt auf meinen Stammplatz zurückziehe.
    Der tote Wickerl muß sich heute mit nur einer Seite im Lokalteil bescheiden:
    „Ermittlungen laufen auf Hochtouren: Wer ist der Schlächter von Sechshaus?“
    Laut Aussage eines Zeugen, der etwa zur Tatzeit auf seinem Moped durch die Sechshauser Straße fuhr, saß er am Steuer eines weißen oder beigen PKW, der schräg gegenüber vom Tatort, der Passage des Optikers, in zweiter Spur geparkt war.
    Mehr hatte der Mopedfahrer nicht erkennen können. Und die Gerichtsmediziner legten einen Obduktionsbefund vor, der die Ermittlungsbeamten vor weitere Rätsel stellt: Demnach wurde der Wickerl (das Foto heute zeigt ihn mit seiner Marshall -Ruine vor einer mit Eierkartons verkleideten Wand) mit einem Fleischermesser durch zwei, mit geradezu professioneller Präzision und unglaublicher Wucht geführte Schnitte getötet. Der erste Schnitt durchtrennte Halsschlagader, Luft- und Speiseröhre und führte zum sofortigen Tod. Schnitt Nummer Zwo war dann nur noch die Draufgabe. Er durchbohrte das Herz und schlitzte den Oberkörper von der Brust bis zum Nabel auf.
    „Ist diese Greueltat etwa das Werk eines professionellen Jägers oder Schlachters?“ fragt sich das Kronenblatt .
    Der Wickerl scheint mit dem Weidmann oder Fleischermeister jedenfalls auf Du gewesen zu sein, denn nichts weist darauf hin, daß er sich gegen seine Schlachtung zur Wehr gesetzt hat.
    „Die Schnittwunden am rechten Unterarm stammen zwar aus der selben Nacht, wurden dem Mordopfer allerdings bei einer Kaffeehausrauferei zugefügt, die mit der Ermordung des jungen Musikers in keinem offensichtlichen Zusammenhang steht“, verlautet aus dem Sicherheitsbüro.
    Wo man sich seit Vorliegen des Obduktionsberichts aber auch die Frage stellt, wer dem Wickerl zirka vier Tage vor seinem Abgang die vielen großen Blutergüsse, kleinen Stichwunden und Verletzungen im Genitalbereich zugefügt hat, die von der Gerichtsmedizin als Folge grausamer Folterungen eingestuft werden.
    Eine Frage, die auch mir nicht aus dem Kopf will, als ich frisch gestärkt von Schinken mit Ei und Apfelsaft mit dem 52er zum Westbahnhof fahre.
    Die U3 bringt mich dann in wenigen Minuten in das Herz von Mariahilf, wo die erste, vordringliche Aufgabe des Tages auf mich wartet.

12
    Begleitet von Whitney Houstons Koloraturen kämpfe ich mich durch die Dancefloor-Abteilung, in der tausende spanische Dörfer vergeblich um meine Kaufkraft buhlen, zur Rolltreppe in den ersten Stock.
    Am Vormittag bevölkern nur ein paar Freiberufler und Schulstagler den Megastore, also Menschen die wissen, was sie wollen. Die einen raffen zielsicher und in Terminnot die allerneuesten Bild- und Tonkonserven an sich, legen ihre goldenen Kreditkarten vor und suchen eilig wieder das Weite; und die Jugend rottet sich in kleinen Gruppen um die Computerspiel-Automaten zusammen und besorgt sich dort den Nervenkitzel, der unserem Schulsystem nach Jahrzehnten der Reformen wohl

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