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Kurt Ostbahn - Blutrausch

Kurt Ostbahn - Blutrausch

Titel: Kurt Ostbahn - Blutrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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endgültig abhanden gekommen ist.
    In der Country & Western-Abteilung bin ich völlig allein und ungestört. Ich durchforste die Regale nach einer Willie-Nelson-CD, die zumindest annähernd die Intensität der Trainer-Compilation erreicht, und entscheide mich schließlich für eine Live-Aufnahme aus dem Jahr 1978.
    Der wesentliche Teil meiner ersten Aufgabe ist somit erledigt, sogar vor der Zeit, jetzt brauche ich nur noch einen Bogen Geschenkpapier, eine Rolle Tixo und eines dieser Grußkärtchen mit einem halbwegs unpeinlichen Spruch vorne drauf. Für die handschriftliche Botschaft auf der Rückseite werde ich den eigenen Fundus bemühen.
    Und dann werde ich mich um den verschollenen Trainer kümmern.
    Auf dem Weg zu den Kassen beschließe ich, das Kärtchen zu streichen. Aus dem Alter bin ich hinaus. Und Marlene auch.
    Und die Suche nach dem Vermißten hat sich wenige Augenblicke später von selbst erledigt.
    Denn die Schatten von Trainer und Trash stehen an einer der Kassen. Der Doc bezahlt. Und der Trainer stiert mich an, als wollte er mich auf der Stelle erwürgen. Nur seiner Erschöpfung ist es zu danken, daß ich diese ersten Momente unseres Wiedersehens überlebe.
    „Super“, meint er bitter und schüttelt den Kopf.
    „D’Ehre, Doc! Tag, Trainer!“ sage ich und gehe vorbeugend in die Offensive, indem ich Katharinas Sorge, Panik und Wut über sein Verschwinden in den glühendsten Farben schildere.
    „Die Katharina weiß bereits Bescheid“, sagt der Trainer. „Ich hab sie angerufen. In der ersten freien Minute.“
    Der Doc sieht fast so mitgenommen aus wie der Trainer, und ich frage mich, wie diese beiden Zombies die fünf Minuten von der Kirchengasse in den Megastore geschafft haben, und vor allem, warum. Wenn ich in einem dermaßen desolaten und bemitleidenswerten Zustand bin, steht mir der Sinn nach einem weichen Bett und dem ewigen Schlaf, aber ganz bestimmt nicht nach einem Haus voller Videos und Platten.
    Die Antwort kriege ich erst, nachdem ich bezahlt habe und das scheintote Duo zu Trash’s Wohnung begleite.
    „Das sind Spesen. An wen darf ich mich mit der Rechnung wenden?“ sagt der Doc in seiner unnachahmlich gewinnenden Art, zieht eine CD aus seinem Megastore-Sackerl und hält sie mir unter die Nase.
    Whitney Houston. Die Neue, die mich vorhin auf der Suche nach Willie Nelson begleitet hat und in tausendfacher Ausfertigung im Schupfen des Herrn Josef lagert.
    Der Doc nimmt seine CD aus der Hülle. Der Trainer holt eine seiner Warenproben aus der Tasche. Und ich werde mitten auf der Mariahilferstraße Zeuge, wie zwei erwachsene Männer, die eine Nacht vor dem Videorecorder (oder Computer?) offensichtlich um den Verstand gebracht hat, ihre Whitney-Houston-Scheiben miteinander vergleichen, unzählige Male drehen, wenden und ins müde Sonnenlicht halten, um schließlich wie die kleinen Kinder in die Hände zu klatschen und“Bingo!“ zu rufen.
    Der Erfolg ihrer Aktion, die nicht nur mich, sondern auch einige Passanten in Erstaunen versetzt und neugierig gemacht hat, erfüllt die beiden müden Gestalten mit neuer Energie, und ich habe Mühe, mit ihnen Schritt zu halten, als sie, von links und rechts auf mich einredend, den Fußmarsch zu Trash’s Behausung fortsetzen.
    „Du bist zwar ein Arschloch“, eröffnet mir der Trainer, „aber an der Sache auch irgendwie beteiligt...“
    „Zwar eher passiv“, übernimmt der Doc, „als eines der Opfer...“
    „... aber jetzt, wo diese Sache geklärt ist, sollst du auch als erster erfahren, was dir eigentlich zugestoßen ist.“ „Danke, Burschen“, sage ich. „Ich bin gerührt.“ „Folgendes“, nimmt der Trainer ungerührt einen nächsten Anlauf. „Wir haben es mit zwei unabhängigen, aber durch die Person des Wickerl Auer auch wiederum miteinander zusammenhängenden Themenkomplexen zu tun: nämlich a) mit der AAS , für die der Doc zuständig ist, und b) mit der Firma Media Sales , Tonträger- und Videogroßhandels-GesmbH, die eher in mein Resort fallt.“
    „Alles klar“, sage ich. „Nur was ist die AAS ?“
    „Später!“ rügt Doktor Trash.
    Dann erklärt mir der Trainer wahnsinnig umständlich, wie das nun einmal seine Art ist, was ich besser weiß als er: nämlich daß ich von der Polizei mit einem Lieferschein konfrontiert wurde und am Abend des selben Tages in seinem Beisein die Bananenkisten mit den CDs, Videos und weiteren Lieferscheinen gefunden habe.
    „Ist dir an den Lieferscheinen was aufgefallen, Kurtl?“ fragt er, und

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